Nachtkrieger
Kontrolle in sich und hob Alaida von sich. Im nächsten Moment ergoss er sich in das Badewasser.
»Nein. Nein! Ihr durftet mich nicht zurückweisen!« Sie sackte zitternd über ihm zusammen, während auch er noch von Schauern der Lust geschüttelt wurde. »Das ist nicht richtig!«
»Schh, mein Herzblatt. Ich kann dich gar nicht zurückweisen. Aber gewähre mir dies.« Er zog sie näher an sich heran und bedeckte ihr Haar, ihren Hals und jeden Zentimeter ihrer Haut, den er berühren konnte, mit Küssen. »Wenn ich es dir doch nur begreiflich machen könnte«, murmelte er leise.
Sie richtete sich geradezu energisch auf und sah ihm in die Augen. »Ich bin es leid, das immer wieder zu hören. Ich bin es so leid! Und ich begreife mehr, als Ihr offenbar vermutet, My Lord.« Ihre rosigen Wangen wurden zornrot. »Ihr hättet Euren Samen nicht vergeuden müssen. So viel habe ich längst begriffen.«
»Vergeudet? Keineswegs, mein Herzblatt. Es hat mir ebenso viel Vergnügen bereitet wie dir.«
Und dich vor großem Unheil bewahrt,
dachte er und dankte den Göttern, dass sie ihm im letzten Moment die nötige Stärke verliehen hatten. »Außerdem habe ich meine Gründe.«
»Pah! Auf Eure Gründe pfeife ich, My Lord!« Alaida stand auf. Vibrierte noch, stand über ihm. Wasser perlte an ihrem nackten Körper hinab, und sie sah aus wie eine der neun Töchter des Meeresriesen Ægir. »Seht mich doch an!«
Ivo blieb ohnehin kaum etwas anderes übrig, so dicht, wie sie vor ihm stand. Bei allen Göttern! Am liebsten hätte er ein ganzes Jahr lang nichts anderes getan, als sich in ihr versenkt.
»Ihr seid mir seit Monaten aus dem Weg gegangen,
Monseigneur.
Aber nun seht genau hin! Hattet Ihr mich so in Erinnerung?« Sie wog ihre Brüste in den Händen und fügte hinzu: »Erschien ich Euch in jener Nacht auch schon so füllig?« Sie wies auf ihre Taille. »Oder hier vielleicht? Glaubt Ihr etwa, ich sei einfach nur fett geworden?«
Ivos Magen krampfte, als ihm auffiel, was er blind vor Lust zuvor übersehen hatte: geschwollene Brüste, mehr Taillenumfang und einen leicht gewölbten Leib.
Odin, steh uns bei!
»Du erwartest ein Kind.«
»Stimmt genau! Und Ihr spielt monatelang den Mönch, obwohl Ihr Euch gefahrlos dem Vergnügen hättet hingeben können.« Alaida kletterte aus dem Zuber und griff nach einem Handtuch. »Wie ich schon sagte, ich bin nicht dumm.« Sie schnappte sich ihr Gewand und verschwand aus seinem Blickfeld – jedoch nicht, ohne ein paar Unflätigkeiten vor sich hin zu murmeln.
Ivo sank in das Badewasser zurück und schlug die Hände vors Gesicht. Ihm war, als drohe sein Schädel zu zerspringen. Obwohl er Brand gegenüber die Vermutung geäußert hatte, Alaida könne bereits empfangen haben, hatte er es sich selbst nicht so recht vorstellen können. Und da sie in all den Wochen nichts gesagt hatte, war er überzeugt davon gewesen, der Kelch sei an ihnen vorübergegangen.
Doch das war er nicht. Sie erwartete ein Kind. Und wie auch immer, er musste sich um es kümmern, ebenso wie um Alaida. Im Stillen rief er alle Götter und Göttinnen an, die ihm bekannt waren. Selbst den Gott der Christen flehte er um Beistand an, ebenso wie dessen Sohn und sämtliche Heilige.
Nach einer ganzen Weile rissen ihn leise Schritte aus seinen Gedanken. Er schlug die Augen auf und sah, dass Alaida neben dem Zuber stand. Sie hielt ein Handtuch bereit und sagte: »Kommt heraus. Sonst verkühlt Ihr Euch noch.«
Verkühlen!
Es war so gut wie sicher, dass sie ein Ungeheuer unter dem Herzen trug, und sie machte sich Gedanken darüber, dass er sich verkühlen könnte. Seufzend stand er auf, ließ sich das Handtuch über die Schultern legen und abtrocknen. »Verzeiht mir, My Lord. Es war nicht meine Absicht, Euch die Schwangerschaft auf diese Art mitzuteilen.«
»Es gibt nichts zu verzeihen. Es ist nur …« Ivo strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, doch Alaida zuckte zurück. »Du hättest es mir längst sagen müssen.«
»Ich habe selbst erst seit zwei Wochen Gewissheit. Es war doch nur eine Nacht, und so dachte ich bis dahin …« Sie reichte ihm das Handtuch und holte frische Unterwäsche aus der Truhe, während er sich das Haar abtrocknete. »Ich glaube, selbst Bôte könnte sich nicht vorstellen, dass ich so schnell empfangen habe.« Sie starrte schweigend auf das Bett und fügte hinzu: »Sie denkt noch immer, wir verbrächten unsere Nächte wie Mann und Frau. Vermutlich steht sie mit diesem Glauben nicht allein.«
Zum
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