Nachtkrieger
Hände wanderten über ihre Haut, halfen ihr, streichelten sie, fachten das Feuer in ihr an. Sie schloss die Augen und ließ ihr Becken kreisen, suchte den perfekten Rhythmus. Ihre Welt bestand nur noch aus diesem Bett, aus Ivo und ihr, aus der Hitze der Berührung. Sie erbebte, denn was sie suchte, schien zum Greifen nahe, obwohl sie noch immer nicht genau wusste, was es eigentlich war.
»Gleich hast du es, Herzblatt!«
Seine Daumen strichen über ihre Knospen, und Glut erhitzte ihr Blut. Sie beugte sich nach vorn, richtete sich wieder auf wie das Feuer. »Komm! Für mich!«, drängte Ivo und sah fasziniert zu, wie die Lust sie verzehrte. Ein letztes Auflodern ließ sie aufschreien. Dann sank sie auf seine Brust, und er flüsterte: »Komm! Komm! Gib dich hin! Sag meinen Namen!«
Er schloss die Arme fester um sie und begann, sich zu bewegen, zunächst behutsam, um sie nicht zu unterbrechen, dann fordernder auf seiner eigenen Suche nach Erfüllung. Und abermals dehnte die Welt sich aus, um auch ihn zu einem Teil davon werden zu lassen. Sie passte sich seinem Rhythmus an, und als sie ihm die gleichen Worte ins Ohr hauchte, die er ihr zugeflüstert hatte, presste er sie an seine Brust und ergoss sich mit einem Aufschrei.
Später, als es vorbei war, lag Alaida mit geschlossenen Augen neben ihm und fragte sich, woher diese Lüsternheit gekommen war. Hatte es an Bôtes Gewürzen gelegen, oder hatte sie in ihr geschlummert und nur darauf gewartet, dass er sie weckte? Alles, was sie wusste, war, dass diese sinnliche Lust sie beherrscht, getrieben, verzehrt und sie wie ein mürbes Blatt zurückgelassen hatte. Und wenn er sie berührte, da war sie sich sicher, würde sie in tausend Teile zerfallen.
»Alaida?«, flüsterte er in ihr Haar.
»Ja, My Lord?«
»O nein!« Er drehte sie auf den Rücken und beugte sich über sie, so dass ihre Nasen sich beinahe berührten. »Sieh mich an!«
Ihre Wangen glühten, und sie öffnete die Augen.
»Ivo. Sag es!«
»Es«.
Sie klammerte sich an das einzige Mittel, das sie vor ihm schützte: Witz.
Er kniff die Augen zusammen. »Du bist recht widerspenstig.«
»Das habe ich schon des Öfteren gehört, My Lord.«
Einen Moment lang betrachtete er sie schweigend. Dann senkte er seinen Mund auf ihre volle Brust.
»Daran werden wir noch arbeiten müssen.«
Und sie zerfiel nicht in tausend Teile – nicht, bevor er es wollte.
Kapitel 6
E in Dach über dem Kopf. Ein richtiges Bett. Auf die ruhigen Atemzüge seiner Ehefrau lauschen.
Einfache Dinge,
dachte Ivo, als er eine Stunde vor Sonnenaufgang wach neben ihr lag. Dinge, die der einfachste Bauer genießen durfte. Dinge, die Cwen ihm vor langer Zeit gestohlen hatte.
Er wusste nicht mehr, wie viele Jahre vergangen waren, seit er zum letzten Mal über den Schlaf einer Frau gewacht hatte. Nun gewährte Alaida ihm sogar das, nachdem sie in seinen Armen in süßen Schlummer gesunken war. Die feingearbeitete Goldbrosche, die Ari für ihn als Morgengabe gekauft hatte, als sie an Durham vorbeikamen, schien ihm wertlos wie ein Metallknopf, wenn er daran dachte, was Alaida ihm geschenkt hatte. Sie drehte sich im Schlaf um und schmiegte sich an ihn, warm und weich. Er schloss die Augen, und einmal mehr wurde ihm bewusst, welche Vorteile es doch hatte, in menschlicher Gestalt zu leben.
Er versuchte aufzustehen, als er über sich auf dem Dach das Scharren von Klauen hörte. Kurz darauf hallte das rauhe Krächzen eines Raben durch den Kamin und erinnerte ihn daran, dass es höchste Zeit wurde. Er zog seinen Arm unter Alaidas Kopf hervor und stieg aus dem Bett. Sie murmelte leise etwas vor sich hin und legte sich auf den Bauch. Verlockend zeichneten ihre Hüften sich unter den Decken ab.
Ivo schloss die Augen. Dafür wäre Zeit genug, sobald er bei Anbruch der Dunkelheit die Wälder verlassen und heimreiten konnte. Er würde sich Zeit nehmen und ihr in Ruhe alles beibringen. Nacht für Nacht, solange er es genießen durfte, Lord von Alnwick und seiner Lady zu sein. Aber dafür musste er nun aufbrechen.
Rasch zog er sich an, und als er nach seinen Schuhen greifen wollte, krächzte der Rabe abermals, ein wenig lauter als zuvor. Ivo ahmte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, den Ruf des Kuckucks nach – ein Signal, das sie, als sie einst plündernd durch das Land gezogen waren, benutzt hatten. Abermals ertönte ein scharrendes Geräusch auf dem Dach, dann Flügelschlagen, das sich allmählich entfernte. Er zog sich die Schuhe an und beugte
Weitere Kostenlose Bücher