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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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keinen Sinn, sich schlafend zu stellen, My Lady. Ich weiß, dass Ihr wach seid.«
    Alaida hatte schon eine ganze Weile wach hinter den Vorhängen gelegen und versucht, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ihr Körper sich anders anfühlte als sonst – und der Tatsache ins Auge zu sehen, dass sie allein aufgewacht war. Sie hatte gehört, wie Bôte und die anderen Frauen sich im Zimmer zu schaffen machten, wie sie Feuerholz herbeischleppten und die Schüssel mit frischem Wasser füllten, den Fensterladen öffneten – die gleichen Tätigkeiten verrichteten wie jeden Morgen, ganz so, als sei dieser Morgen wie jeder andere.
    Aber dieser Morgen war nicht wie jeder andere. Denn Alaida hatte ebenfalls gehört, wie die Frauen über ihr zerrissenes Unterkleid tuschelten, das auf dem Fußboden lag, und wie sie im Flüsterton darüber sprachen, dass Lord Ivo bereits in aller Frühe ausgeritten war.
    Erst in dem Moment wurde ihr bewusst, dass er tatsächlich fort war, dass er nicht nur unten in der Halle saß, um zu frühstücken. Zorn stieg in ihr auf, ein Zorn, in den sie sich immer mehr hineinsteigerte, als sie den mitleidsvollen Ton der Mägde wahrnahm.
    Dabei konnte sie das Mitleid sogar verstehen. Sie empfand es selbst, und der Schmerz brannte stärker als der zwischen ihren Beinen –, aber sie hatte kein Bedürfnis nach den mitleidigen Mienen ihres Gesindes. Also hatte sie sich schlafend gestellt und hinter den Vorhängen ihre Wut genährt, bis die Frauen sämtliche Aufgaben verrichtet hatten und endlich den Raum verließen. Bis auf Bôte.
    »Was ist mit Euch, My Lady? Heute ist solch ein schöner Tag. Wollt Ihr denn gar nicht aufstehen?«
    Blinzelnd öffnete Alaida die Augen und blickte in das zerfurchte rundliche Gesicht ihrer alten Amme, die durch die Vorhänge spähte.
    »Lasst mich allein! Ich will meine Ruhe haben.«
    Lachend zog Bôte die Vorhänge auf Alaidas Seite auf. Sonnenlicht und kalte Morgenluft strömten in die Nische. »Der ganze Haushalt weiß, dass er in aller Frühe ausgeritten ist, My Lady. Nun fragen sich alle, ob er zuvor seine ehelichen Pflichten erfüllt hat.« Ohne Vorwarnung schlug sie die Decken zurück und beugte sich über Alaidas nackten Körper. »Aye. Wenn ich mir das so ansehe, würde ich sagen, das hat er.«
    Alaida schnappte sich eins der Felle, um ihre Blöße zu bedecken und setzte sich auf. »Raus hier, du närrisches altes Weib, bevor ich dich mit der Peitsche hinausjagen lasse. Ich bin jetzt verheiratet und brauche keine Amme mehr. Merk dir das!«
    »Ach was«, entgegnete Bôte mit einer wegwerfenden Geste. Schließlich wussten beide, dass es sich lediglich um eine leere Drohung handelte. Zu lange war Bôte für Alaida wie eine Mutter gewesen. So einfach würde sie sich nicht einschüchtern lassen. »Vielleicht ist es sogar besser, dass Lord Ivo ausgeritten ist, damit er nicht mitbekommt, was für ein Biest Ihr sein könnt, wenn Ihr morgens aufwacht. Kleidet Euch an, My Lady! Die Männer wollen sich davon überzeugen, dass die Ehe vollzogen wurde.«
    »Du wirst doch wohl nicht zulassen, dass sie in mein Zimmer spazieren«, protestierte Alaida mit matter Stimme.
    »Aber Ihr braucht Zeugen, My Lady. Sir Ari wartet bereits auf der Treppe, gemeinsam mit Geoffrey, Oswald und Wat.«
    »Nein!«
    »Dann muss ich das Bettlaken aus dem Fenster hängen, wie es früher Sitte war, damit das ganze Dorf sieht, dass Ihr noch Jungfrau wart. Irgendjemand muss es bezeugen«, beharrte Bôte.
    »Heiliger Petrus und Paulus! Es reicht doch, wenn ich weiß, dass ich rechtmäßig verheiratet bin. Warum kann der Rest der Welt nicht damit zufrieden sein?«
    »Weil Ihr eine Lady seid und er ein Lord ist. Da darf es keine Zweifel geben, die einen Vorwand dafür liefern könnten, die Ehe als nichtig zu erklären.« Bôte nahm ein frisches Unterkleid und ein mit Eichhörnchenpelz verbrämtes Oberkleid aus dem Schrank. »Na los, mein Lämmchen. Ihr wisst doch genau, dass die Zeugen sich das Bettlaken ansehen müssen. Das müssten sie sogar, wenn er neben Euch läge.«
    »Genau das tut er aber nicht«, sagte Alaida in bitterem Ton. »Welcher Mann lässt seine Frau schon am Morgen nach der Hochzeitsnacht allein?«
    »Einer wie Lord Ivo«, gab Bôte ungerührt zurück. »Aber ich verstehe gar nicht, warum Ihr Euch derart darüber aufregt. Wo Ihr doch so hartnäckig beteuert habt, dass Ihr ihn gar nicht wollt.«
    Siedend heiß fiel Alaida ein, was sie alles gesagt hatte. War das möglicherweise der Grund

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