Nachtkrieger
fortmusste. Habe ich es Euch nicht gesagt: Er wird zurückkehren, und er bringt Euch sogar ein Geschenk mit. Dann ist alles wieder gut.«
»Ach was! Wenn er glaubt, er könne mich mit irgendeinem Flitter besänftigen, dann hat er sich getäuscht. Hol mir die Seife! Ich will den Mann von mir abwaschen.«
»Stolz und starrköpfig wie eh und je«, murmelte Bôte. »Aber Ihr solltet Euch vorsehen, denn Euer Zorn gereicht Euch weniger zur Ehre als seine Abwesenheit. Ein Lächeln stünde Euch wesentlich besser zur Gesicht.«
»Ich bin ja eine so glückliche junge Ehefrau!«, sagte Alaida spöttisch und verzog das Gesicht für einen kurzen Augenblick zu einem Lächeln. »Her mit der Seife!«
Als Hadwisa erschien, hatte Alaida sich bereits gewaschen und angezogen. Sie saß am Tisch und pickte an den Resten von Brot und Käse herum. Mit geübtem Griff löste Hadwisa Alaidas Haarband und griff nach dem Kamm.
»Ich werde versuchen, es so zu machen, dass es nicht allzu sehr ziept, My Lady. Aber ihr habt ein paar ordentliche Hexen im Haar.«
»Er hat Euch ziemlich in Wallung gebracht, oder?«, sagte Bôte mit einem anzüglichem Grinsen.
»Bôte!«, wies Alaida sie zurecht und setzte eine strenge Miene auf. Dabei hatte Bôte ja recht, und ›ziemlich‹ war maßlos untertrieben. Schon bei dem Gedanken daran stieg brennende Hitze in Alaida auf, bis zu ihrem Hals und wieder hinab zu der empfindlichen Stelle zwischen ihren Beinen.
»Ihr errötet ja, My Lady«, sagte Hadwisa kichernd. »Ihr bekommt ganz rote Ohren.«
»So, liebes Kind, sieht eine Frau aus, die auf ihre Kosten gekommen ist«, erklärte Bôte. Mit einem verschmitzten Lächeln sah sie Alaida an und fügte an sie gerichtet hinzu: »Ich schätze, es hat Euch ebenso viel Spaß bereitet wie ihm. Das ist gut. So soll es nämlich auch sein.«
»Wenn das so weitergeht, dann suche ich mir eine
richtige
Kammerfrau«, murmelte Alaida, als sie Bôte zur Seite stieß und die Hände auf ihre glühenden Wangen presste. »Eine, die weiß, was sich gehört und wann sie den Mund zu halten hat.«
Bôte quittierte Alaidas Bemerkung mit einem Lachen und ging Hadwisa schweigend zur Hand. Mit flinken Händen entwirrten sie Alaidas Haar und kämmten es. Währenddessen hatte Alaida Zeit, über Bôtes Worte nachzudenken. Die alte Frau hatte recht. Sicher war es klüger, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, zumindest so lange, bis sie sich angehört hatte, was ihr Gemahl als Entschuldigung für seine Abwesenheit vorzubringen hatte. So weit, so gut. Nun konnte sie sich entspannt den geübten Händen der beiden Frauen überlassen und unterdessen ihren Gedanken nachhängen. Zunächst dachte sie daran, was Ivo ihr hatte ausrichten lassen, und dann an den Überbringer der Nachricht selbst. Die beiden Frauen hatten gerade begonnen, ihr das Haar zu flechten, da fielen ihr Sir Aris Worte wieder ein:
In Anbetracht des gestrigen Abends, hätte ich …
Woher zum Teufel wusste er, was Wat am Abend zuvor gesagt hatte?
»Wie meintet Ihr, My Lady?«, fragte Hadwisa.
»Hm? Oh, ich habe nur laut gedacht«, antwortete Alaida und wollte es eigentlich dabei belassen. Aber die beiden Frauen hielten inne und sahen sie erwartungsvoll an. »Ach nichts«, sagte sie schließlich. »Es geht um etwas, was Sir Ari gesagt hat: In Anbetracht des gestrigen Abends hätte er einen Zeugen wählen sollen, der mehr Verstand hat als Wat. Ich frage mich, woher er überhaupt wusste, was Wat gesagt hat. Er selbst war doch gar nicht hier.«
»Männer reden nun einmal so daher«, sagte Bôte. »Insbesondere wenn es so hoch hergeht wie gestern Abend. Dann kommt sich einer witziger vor als der andere, besonders die, die es gar nicht sind.«
»Aber wie könnte Sir Ari davon erfahren haben? Er sagte, er sei erst heute Morgen zurückgekehrt.« Alaida spann den Gedanken weiter. »Wenn er erst an diesem Morgen zurückgekehrt ist, wie konnte er mir dann eine Nachricht von meinem Gemahl überbringen?«
»Aye. Das scheint wirklich sonderbar«, stimmte Hadwisa zu. »Lord Ivo war doch längst fort, als Sir Ari eintraf. Er ist vor Tagesanbruch ausgeritten. Das hat Penda gesagt.«
»Schluss damit«, wies Bôte sie in scharfem Ton zurecht. »Sie müssen sich unterwegs begegnet sein. So einfach ist das.«
»Ja, natürlich, so muss es sein«, sagte Alaida. Die Vernunft hatte über ihren Zorn gesiegt. »Mein Verstand ist zäh wie Honig im Winter. Wahrscheinlich bin ich zu müde.«
»Müde!«, murmelte Bôte vor sich hin. »So kann man
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