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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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ist bereits sehr lange her, dass ich Menschen oder Ländereien in meiner Obhut hatte.«
    »Und nun wollt Ihr Ratschläge, obwohl Ihr gestern Abend nicht einmal zugegen wart.«
    »Verzeiht, My Lady, aber meine Pflichten nahmen mich vollkommen in Anspruch. Ich hatte Mühe, an diesem Morgen beizeiten hier zu sein.« Ari warf einen unsicheren Blick auf das Bett. Dann sah er Alaida an und rang sich ein Lächeln ab. »Ich vermute, Ihr saht keine Notwendigkeit, nach Rom zu fliehen.«
    »Bisher noch nicht«, räumte Alaida ein. »Und wenn, hätte ich ohne Euch aufbrechen müssen. Ihr schuldet mir etwas für Eure Abwesenheit.«
    »Und woran genau habt Ihr diesbezüglich gedacht?«
    Alaida überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Bei unserem gestrigen Spaziergang habe ich gehört, wie Ihr vor Euch hin gesummt habt. Könnt Ihr singen? Wir hatten seit Monaten schon keinen Spielmann mehr auf Alnwick.«
    »Ich kann besser dichten als singen, My Lady, und noch besser Geschichten erzählen als dichten. Und dichten auf Französisch kann ich überhaupt nicht.«
    »Dann werdet Ihr Eure Schuld einlösen, indem Ihr mir eine Geschichte erzählt. Über Drachen am besten. Geschichten, in denen Drachen vorkommen, mag ich besonders gern.« Alaida musste lächeln, als sie sah, wie Ari nachdenklich die Stirn in Falten legte. »Nun macht nicht so ein angestrengtes Gesicht, Steward der Burg. Ihr braucht Eure Schuld nicht gleich heute zu begleichen. Ich habe Geduld.«
    »Was den Ratschlag betrifft, so ist er einfach«, fuhr Alaida gleich darauf fort. »Wir haben gute Beamte auf Alnwick. Vertraut ihnen, und es läuft gut. Das heißt aber nicht, dass man ihnen blind vertrauen sollte. Eine Kontrolle der Aufzeichnungen der Geschäftsvorgänge ist unerlässlich. Wat benutzt dazu Holzstäbe, in die er Kerben einschneidet.«
    »Die Methode ist mir wohlbekannt, My Lady«, sagte Ari mit breitem Lächeln, wobei er strahlend weiße Zähne entblößte, die ebenso ebenmäßig waren wie sein Gesicht. »Wir werden das schon schaffen.«
    In dem Moment fiel Alaida auf, dass sowohl ihr Gemahl als auch seine Begleiter feinere Gesichtszüge hatten als die meisten Männer. Sie hatte sie noch nicht nebeneinander gesehen, aber Ari hatte von allen dreien die ebenmäßigsten Züge. Man konnte ihn beinahe als hübsch bezeichnen, insbesondere wenn er lächelte, was er oft und gern tat. Brand mit seiner hünenhaften Statur hatte ungeachtet des langen Haars, seines Barts und der Narbe auf einer Wange ein Funkeln in seinen himmelblauen Augen, das sicher so manches Mädchen schwach werden ließ. Und dann Ivo, mit einem Gesicht wie aus Stein gemeißelt, markant, abgesehen von seinen vollen Lippen.
    Der Gedanke, wie und wo sie diese vollen Lippen in der vergangenen Nacht gespürt hatte, erregte Alaida, doch dann erschrak sie, und Zorn erfasste sie, Wut auf sich selbst. Was geschah da mit ihr? Wie konnte sie ihn nur trotz der Demütigung derart begehren?
    »Ich werde mich nun auf den Weg machen, My Lady«, riss Ari sie aus ihren Gedanken. »Eigentlich bin ich nur geblieben, um zu sagen, dass ich Geoffrey und Wat mitnehme, um die Grenzen des Guts abzureiten, solange das Wetter noch gut ist.«
    »Normalerweise geschieht das am Tag des heiligen Markus«, sagte Alaida.
    »Das wird es auch«, antwortete Ari. »Heute möchte ich mir nur ein erstes Bild machen.« Dann fügte er hinzu: »Ich soll Euch von Eurem Herrn und Gebieter noch etwas ausrichten.« Er richtete den Blick nach oben, als wären Ivos Worte in das Gebälk der Decke eingeritzt. »›Sag My Lady, dass meine Abwesenheit unvermeidlich ist. Sag ihr, ich werde kurz nach Sonnenuntergang zurück sein. Und dann bitte sie, zur Abendmahlzeit etwas Hübsches anzuziehen, denn ich bringe ihr ein Geschenk mit, das einer Nonne ganz und gar nicht stehen würde.‹«
    Sag ihm, er kann sich sein Geschenk sonst wohin schieben,
lag es Alaida bereits auf der Zunge. Doch zum ersten Mal im Leben nahm sie Bôtes Ratschlag an, schluckte die Bemerkung hinunter und setzte ein huldvolles Lächeln auf: »Habt Dank,
Messire.
Und seid so gut, mir Hadwisa heraufzuschicken.«
    Ari holte Luft, als wolle er noch etwas sagen, doch dann nickte er nur. »Jawohl, My Lady. Und ich werde mir eine Geschichte ausdenken, in der ein Drache vorkommt. Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet.«
    Nachdem Ari die Tür hinter sich geschlossen hatte, sagte Bôte mit einem weisen Kopfnicken: »Da seht Ihr es. Lord Ivo behagt es ebenso wenig wie Euch, dass er

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