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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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später erzählen.«
    Seine Frau bezirzen. Keine schlechte Idee.
    Ivo überließ Brand Aris Gekritzel und schlenderte zurück an den Tisch, wo Alaida und Geoffrey die Schachfiguren aufs Brett stellten. Mit einer Geste schickte er den Steward fort, nahm hinter den schwarzen Figuren Platz und schaute sich bei Alaida ab, wie er sie aufzustellen hatte. Mit den Mönchen, die ihm vor dreißig Jahren die französische Sprache beigebracht hatten, hatte er immerhin so oft Schach gespielt, dass er die Grundregeln kannte. Doch er neigte dazu, Läufer und Türme zu verwechseln, Wert und Funktion der Figuren waren ihm unverständlich. Aber es war ja nur ein Spiel.
    »Das ist ein hübsch gearbeitetes Spiel«, sagte Ivo, als er den letzten Bauern aufstellte.
    »Es gehörte meinem Großvater.« Alaida fuhr mit dem Finger über den geschnitzten Rand des Spielbretts, über den Schrägbalken des dargestellten Schilds: Tysons Zeichen, und sie nahm eines der Pferde in die Hand. Sogleich verflog ihre Heiterkeit, wich Traurigkeit.
    Ivo stand auf und ging um den Tisch herum. Behutsam nahm er ihr die Figur aus der Hand und stellte sie zurück auf das Brett. »Wenn er seinen Verrat bereut und vom König in Gnaden wieder aufgenommen ist, bekommt er sein Schachspiel vielleicht zurück.« Ein leicht zu gebendes Versprechen: Sobald die Kunde London erreichen würde, der neue Herr von Alnwick sei unter sonderbaren Umständen verschwunden, wäre der König sicher eher dazu bereit, Tyson seine Entscheidung gegen ihn zu verzeihen und ihm seine Besitzungen zurückzugeben. »Wer weiß, vielleicht kannst du es ihm ja selbst überreichen.«
    »Ich fürchte, dazu wird es niemals kommen. Wenn der König vorhätte, ein zweites Mal eine Begnadigung auszusprechen, dann wärt Ihr wohl kaum hier.«
    Ivo hob ihre Hand an seine Lippen und küsste ihre Handfläche. Sie duftete schwach nach dem Zedernholz des Spielbretts. »Dann kann ich nur hoffen, dass Ihr barmherziger seid als der König, My Lady, denn ich brauche Eure Vergebung.«
    »Warum das?«
    »Weil ich der Unbarmherzigkeit des Königs viel zu verdanken habe, unter anderem Euch.«
    Alaida schloss die Augen, und Ivo wusste, dass er sie erneut verwirrt hatte – was er erfreut zur Kenntnis nahm, ebenso wie das Wechselspiel der Gefühle, das sich in ihrer Miene abzeichnete. Er gab ihr noch einen Kuss auf die Handfläche und einen auf das Handgelenk, wobei er mit den Zähnen sanft ihre Haut streifte. Die feinen Linien um ihre Mundwinkel herum zeigten ihm, dass das Blatt sich zu seinen Gunsten wendete. Und er fragte sich, ob sie ihn ebenso sehr begehrte wie er sie, ob sie für ihn bereit wäre oder ob er noch ein wenig um sie werben musste.
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und öffnete die Augen. »Ich bin so weit, My Lord.«
    Er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. »Tatsächlich?«
    Ihre Wangen begannen zu glühen, als ihr die Zweideutigkeit ihrer Worte bewusst wurde. »Damit wollte ich nicht sagen … Ich meinte …« Sie holte tief Luft und begann noch einmal. »Das Spiel ist aufgebaut, My Lord. Wenn Ihr das Sir Brand bitte ausrichten könntet.«
    In dem Moment fiel ihm auf, wie sehr er es mochte, sie aus der Fassung zu bringen. Und er beschloss, genau das später noch einmal zu versuchen. Später, wenn sie nackt war, würde er feststellen, ob er die Glut weiter anfachen konnte. Noch immer grinsend, wandte er sich um zu Brand und winkte ihn herbei.
    Mit leerem Blick starrte Brand ihn an. Er hatte Aris Nachricht sinken lassen und einen Ausdruck im Gesicht, dass Ivos Magen krampfte und sein Lächeln erstarb. Er ließ Alaidas Hand los und durchquerte die Halle. »Was ist los?«
    Ivos Frage riss Brand aus seinen Gedanken. Er schüttelte sich und raunte Ivo im Vorbeigehen zu: »Nicht hier.«
    »Gibt es Grund zur Beunruhigung,
Messire?
«, fragte Alaida, als Brand an ihr vorbei die Treppe hinaufging. Doch sie erhielt keine Antwort.
    »Wir haben etwas zu besprechen«, sagte Ivo finster und folgte Brand die Stufen hinauf in das herrschaftliche Gemach.
    Brand schlug die Tür zu und zeigte Ivo Aris Nachricht. »Ziemlich weit unten steht es. Dort.« Er wies mit dem Finger auf die entsprechende Stelle.
    Ivo brauchte einen Moment, um die Runen zu entziffern. Offenbar hatte Ari eine Vision gehabt. Nein, sogar zwei Gesichte – und das zweite hatte er selbst heraufbeschworen. Das erklärte auch den verletzten Flügel des Raben. Ivo hatte bereits mit eigenen Augen gesehen, wie Ari sich die Handfläche

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