Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
Vom Netzwerk:
berichteten, war er sogar freundlich zum Gesinde. Offenbar hatte er am Aschermittwoch für sein ungehöriges Benehmen Buße getan.
    Oder er führte etwas im Schilde.
    So wie Alaida ihn kannte, zeigte Neville fitz Hubert sich nämlich nur dann von seiner besten Seite, wenn er einen Vorteil witterte. Dementsprechend behielt sie ihn während der Mittagsmahlzeit argwöhnisch im Auge, während Lord Robert sie mit einer Schilderung seiner letzten Wildschweinjagd in Nottinghamshire unterhielt. Im Großen und Ganzen hatte der Abgesandte des Königs sich als angenehmer Gast erwiesen, allerdings nicht, wenn er über die Jagd referierte – und das tat er besonders gern.
    »Unser Sir Brand hat mit bloßen Händen ein Wildschwein erlegt«, warf Alaida bei der nächsten Redepause ein.
    Sir Robert schenkte ihr ein wohlwollendes Lächeln, als sei sie ein Kleinkind, das sich mit einer Prahlerei hervortun wollte. »Sicher hat Sir Brand die Geschehnisse ein wenig ausgeschmückt, um Euch zu beeindrucken. So ein Wildschwein würde einen unbewaffneten Mann in Stücke reißen.«
    »Genau das hätte es auch beinahe getan. Sir Ari, Ihr wart doch dabei. Erzählt Lord Robert, wie es sich zugetragen hat.«
    »Nun, Sir Brand hatte lediglich einen abgebrochenen Ast zur Hand«, begann Ari, der sich seit der Ankunft der ungebetenen Gäste öfter in der Halle aufhielt. Er schmückte die Geschichte ein wenig aus, und Lord Robert und seine Leute amüsierten sich königlich – bis auf Neville, dessen Gesichtsmuskeln sich immer mehr verkrampften, je öfter Brands oder Ivos Name fiel.
Wahre Gefühle lassen sich nun einmal nicht verbergen,
dachte Alaida.
    Nachdem Ari die Schilderung von Brands Heldentat beendet hatte, klopften de Jeune und seine Ritter anerkennend auf den Tisch. »Sehr gut erzählt,
Messire!
Wenn Ihr kein Ritter wärt, würdet Ihr einen hervorragenden
jongleur
abgeben.«
    »Mit dem Unterschied, dass Spielmänner ihre Geschichten aus Nebel und Rauch beziehen, My Lord. Diese Geschichte hingegen hat sich genau so zugetragen.«
    »Diesen Brand würde ich gern einmal persönlich kennenlernen«, sagte Lord Robert.
    »Bedauerlicherweise ist er mit meinem Gemahl auf Reisen. Aber wir haben die Hauer des Wildschweins aufgehoben, denn er wusste noch nicht, was er sich daraus anfertigen lassen wollte«, sagte Alaida. »Thomas, würdest du sie bitte holen.«
    Wenig später erschien Tom mit den Hauern des Wildschweins und reichte sie Sir Robert. Dieser gab sie weiter an seine Ritter, die sowohl die besondere Größe der Eckzähne als auch die eindeutig zu erkennenden Blutflecken gebührend bestaunten. »Ich muss mich wohl bei Euch entschuldigen, weil ich Eure Glaubwürdigkeit in Zweifel zog, My Lady. Aber vielleicht kann ich es wiedergutmachen, indem ich Euch später auf einem Ausritt begleite. Wo doch heute so gutes Wetter ist.«
    »Bemüht Euch nicht, My Lord.«
    »Nun ziert Euch nicht so, My Lady. Seit Ihr von Eurer Reise zurück seid, habt Ihr das herrschaftliche Gemach kaum verlassen. In meiner Begleitung wäret Ihr in Sicherheit.«
    »Daran hege ich keinerlei Zweifel, My Lord, aber …«
    »Ich könnte ebenso gut sagen, es handele sich um eine Anweisung des Königs«, unterbrach Lord Robert Alaida mit einem schalkhaften Lächeln.
    »Aber das wäre eine Lüge,
Monseigneur.
«
    »Leider ja«, räumte er ein. »Derer ich mich jedoch zu gern schuldig machen würde, wenn ich Euch auf diese Weise wenigstens einmal vom Haus loseisen könnte. Den Gefallen solltet Ihr Eurem Gast nicht abschlagen, Lady Alaida. Reitet mit mir aus.«
    Alaida zögerte. Sie hatte Geoffrey und Ari gegenüber bekundet, sie sei in Sicherheit, und bis zu diesem Moment war es ihr auch so vorgekommen. Zu dumm, dass Lord Robert derart hartnäckig auf seinem Vorhaben bestand. Oder hatte er etwas ganz anderes im Sinn? Wollte er sie aus ihrer sicheren Umgebung herauslocken, um sie zu verschleppen? William war schließlich dafür bekannt, dass er Frauen als Geiseln nahm, um sich die Ehemänner gefügig zu machen. Aber vielleicht ging lediglich die Phantasie mit ihr durch. Darüber hinaus musste sie Alnwick und ihren Gemahl würdig vertreten und den Abgesandten des Königs so gut wie möglich unterhalten. Einmal mehr verfluchte sie Ivo im Stillen, weil er sie in eine derart schwierige Lage gebracht hatte. Dennoch setzte sie ein anmutiges Lächeln auf.
    »Wie Ihr wünscht, My Lord. Gebt mir nur einen kurzen Moment Zeit. Oswald, würdet Ihr die entsprechenden Vorbereitungen

Weitere Kostenlose Bücher