Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
Unterstützung eines guten Controllers, mehrerer Anwälte - und eigenartigerweise dank ihres eigenen Geschäftssinnes - war Jenner inzwischen reicher als am Tag der Gewinnauszahlung … mehr als doppelt so reich. Auch nach den jüngsten Börsenturbulenzen stand sie dank ihres breit gefächerten Portfolios gut da. Obwohl der Markt dramatisch eingebrochen war, beliefen sich ihre Verluste auf nur zwanzig Prozent. Inzwischen managte sie einen Teil ihrer Investitionen selbst über ein Online-Konto - obwohl Al, mittlerweile als Senior-Partnerin bei Payne Echols, immer noch den Löwenanteil regelte.
So viel Geld zu verwalten, erforderte viel Zeit, viel mehr, als sie sich vorgestellt hatte, als sie sich damals im Branchenbuch für Payne Echols entschieden hatte. Dazu
kam die Arbeit für die von ihr geförderten Wohltätigkeitsorganisationen, die ständig wechselnden Kurse, die sie belegte - in Kunst, Kochen (französisch und italienisch), Kuchendekoration, Judo, Tontaubenschießen, Standardtanz, Töpferei, Computer, Schnorcheln und sogar Parasailing -, und schon waren ihre Tage mehr als ausgefüllt. Gelegentlich ein bisschen ziellos, aber eindeutig ausgefüllt.
Sie hatte es auch mit Gartenarbeit und Stricken versucht, aber beides hatte ihr keinen Spaß gemacht. Obwohl Jenner oft das Gefühl hatte, immer noch nicht zu wissen, wer sie war und was sie mit ihrem Leben anfangen sollte, wusste sie definitiv, dass sie kein Hausmütterchen war. Sie konnte ganz passabel kochen, aber lieber surfte sie im Web. Und was sollte sie, abgesehen von einem gelegentlichen Mittagessen für Syd, auch kochen? Nachdem sie meist allein aß, holte sie sich lieber etwas aus dem Feinkostladen an der Ecke und sparte sich die Arbeit.
Sie wohnte in einem Luxusapartment mit allen Sicherheitsvorkehrungen und einem Reinigungsdienst. Sie besaß fantastische Kleider. Sie fuhr ein fantastisches Auto, ein wunderschönes kleines BMW-Cabrio. Gelegentlich, aber nicht allzu oft, ging sie mit Männern aus. Woher sollte sie wissen, ob ein Mann wirklich an ihr oder nur an ihrem Geld interessiert war, wenn er nicht in ihrer finanziellen Liga spielte? Ihre Erfahrungen mit Michelle, Dylan und ihrem Dad hatten tiefe emotionale Narben hinterlassen.
Sie wusste, dass sie die Menschen in ihrer Umgebung überkritisch beurteilte, sie wusste auch, dass die Unsicherheit aus ihrer Vergangenheit herrührte, trotzdem war es viel, viel einfacher, ihre Mitmenschen zum Schutz auf Distanz zu halten, als später ihre Wunden zu lecken, falls sich ihr Misstrauen als berechtigt erwies.
Eigentlich waren diese Leute wirklich nett, dachte sie,
während sie sich an ihrem Tisch umsah. Sie spendeten jährlich viele Millionen für wohltätige Zwecke, und zwar nicht wegen der Steuerersparnisse. Jenner hatte die - für sie erschreckende - Entdeckung gemacht, dass bei ihrer Einkommenshöhe praktisch nichts mehr absetzbar war. Diese Menschen spendeten also nicht, weil es ihnen einen finanziellen Vorteil einbrachte, sondern weil sie Gutes tun wollten, weil sie etwas bewirken wollten. Dass sie ihre Spenden im Rahmen eines Galaabends abgeben wollten, war nicht zu verurteilen. Warum sollten sie sich nicht mit ihren Freunden treffen, bevor sie dicke Schecks ausstellten?
Die meisten davon konnte sie gut leiden, aber Syd war die Einzige, mit der sie wirklich befreundet war. Syd litt unter dem gleichen Dilemma wie Jenner, wenn es um Männer ging: Wenn einer mit ihr ausgehen wollte, fragte sie sich jedes Mal, ob er wirklich an ihr oder eher an dem Vermögen ihres Vaters interessiert war. Und so süß und aufrichtig und freundlich und nett Syd auch war, dieses Misstrauen vermochte sie nicht zu überwinden. Jenner konnte es ihr nicht verübeln, denn schließlich hegte sie dieselben Zweifel.
Nach dem Essen begann die angekündigte Auktion. Sie und Syd schlenderten nach nebenan und spazierten zwischen den Tischen mit den gespendeten Versteigerungsobjekten hindurch. Sie sah nichts, was sie wirklich angesprungen hätte, aber natürlich wurde von ihr erwartet, für ein paar Stücke zu bieten, selbst wenn sie ihr nicht besonders gefielen. Nach einem flüchtigen Rundgang gab Syd ein Gebot für eine Gesichts- und Körpermassage in ihrem Lieblingsbad ab - die sie bei einer ganz normalen Buchung wesentlich billiger bekommen hätte -, während Jenner für ein Paar wenig aufregende Perlenohrringe bot. Falls sie den Zuschlag bekam, würde sie die Ohrringe
einem Zentrum für misshandelte Frauen spenden. Das Zentrum
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