Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
Vater ein entspannter Mississippi-Delta-Boy, dem die Religion schnurzegal war. Dass seine Mutter die Religion ihrer Vorfahren nicht ausübte, hatte Cael ihr immer verübelt.
»Wenn du die Vorschriften nicht befolgst, die dein Glaube dir auferlegt«, hatte er sie einst angepöbelt, »warum hast du mir dann verflucht noch mal meine Vorhaut abschneiden lassen?«
»Hör auf, dich zu beschweren«, hatte sie zurückgeschossen. »Du hast sie eh nicht gebraucht.«
»Aber vielleicht hätte ich sie behalten wollen. Woher soll ich das jetzt noch wissen?«
Es widerstrebte ihm prinzipiell, dass man ohne seine Einwilligung etwas von seinem Körper entfernt hatte.
Bis zum Alter von zehn Jahren hatte er in Israel gelebt und war dort dreisprachig aufgewachsen: mit Englisch, Hebräisch und Südstaatenslang. Später waren noch Spanisch und Deutsch hinzugekommen, dazu ein paar Brocken Japanisch, die er ständig erweiterte. Den Umzug in die Vereinigten Staaten hatte er zwar als Kulturschock empfunden, aber gleichzeitig genossen. Auch wenn er die ersten zehn Jahre seines Lebens in Israel verbracht hatte, hatte er immer gewusst, dass er Amerikaner war. Hier gehörte er her.
Trotzdem hatte er Israel in sein Herz geschlossen und besaß, weil er in Israel geboren war, die doppelte Staatsbürgerschaft. Mit achtzehn hatte er beschlossen, dass er Abenteuer erleben wollte, und freiwillig in der israelischen Armee gedient, wo er gewisse Talente zeigte, durch die der Mossad auf ihn aufmerksam wurde. Er hatte ein paar Einsätze für den israelischen Geheimdienst absolviert, bevor er reifer wurde und ihn der Überlebenswille nach Amerika zurückkehren ließ, wo er nachträglich ein Collegediplom in Betriebswirtschaft erwarb.
Sein Diplom hatte sich als sehr praktisch erwiesen, denn inzwischen besaß er eine Kette von Autowaschanlagen, Waschsalons und anderen bargeldintensiven Betrieben.
Er hatte damit ein Vermögen verdient - kein großes, aber dennoch ein Vermögen. In Wahrheit dienten diese Betriebe vor allem als Geldwaschanlagen für die Summen, die er mit seinem echten Beruf erwirtschaftete, und der bestand in erster Linie darin, Dinge herauszufinden, die andere lieber geheim gehalten hätten. Die Menschen, die ihn bezahlten, gehörten nicht zu jener Sorte Bürger, die dem Finanzamt am Jahresende eine Gewinn- und Verlustrechnung vorlegten. Darum hatte er sich etwas einfallen lassen müssen, um dem Finanzamt seine Einnahmen zu erklären. Natürlich hatte er etwas von seinem Geld in der Schweiz gebunkert, aber eigentlich war er der Auffassung, dass Geld arbeiten sollte. Und dafür brauchte er es in den Vereinigten Staaten. Also hatte er sich mehrere kleine Betriebe zugelegt, die sich nebenbei als echte Goldminen entpuppt hatten. Denn die Menschen würden nie aufhören, ihre Autos und ihre Wäsche zu waschen.
Während er seinen Kaffee trank, setzte allmählich die Dämmerung ein. Inzwischen konnte er die Berge erkennen, er sah den tiefgrünen Wald um das Haus herum und die Vögel. Sein Magen rief ihm in Erinnerung, dass er schon stundenlang wach und es Zeit zum Frühstücken war. Nach dem Frühstück würde er seine Leute anrufen und einen Plan ausarbeiten.
Kristalllüster glitzerten über ihren Köpfen; eigentlich glitzerte der gesamte Ballsaal, von den Lüstern über die geschliffenen Gläser auf den Tischen und die Brillanten an Haaren und Ohren, Hälsen und Händen bis hin zu den Aufnähern und Strassbesätzen an Kleidern und Schuhen und Handtaschen. Alles glitzerte.
Jenner unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte das ewige Geglitzer so satt, und sie war diese ewigen Wohltätigkeitsveranstaltungen
so leid, selbst wenn sie einem guten Zweck dienten. Konnte sie nicht einfach einen Scheck ausstellen und damit gut?
Selbst wenn es ihr wichtig gewesen wäre, zur Society zu gehören, stellte sich Jenner unter richtigem Spaß etwas anderes vor als eine Weinprobe mit anschließendem Galadiner und danach eine Auktion überschätzter Objekte, die sie weder wollte noch brauchte. Trotzdem war sie hier. Wieder mal.
Natürlich war das allein Sydneys Schuld. Sydney Hazlett war Jenners einzige wahre Freundin in der Hautevolee Südfloridas, und Syd bettelte Jenner regelmäßig an, sie zu solchen Anlässen zu begleiten, um ihr Beistand zu leisten und Rückendeckung zu geben: Aufgrund einer eigenwilligen Fügung der Umstände oder der Gene oder was auch immer litt die junge Frau, die in purem Luxus aufgewachsen und ihr Leben lang umhätschelt und umsorgt
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