Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
inzwischen selbst reich und mächtig.
Zwei Wochen … Vielleicht brauchte sie gar nicht so viel Ruhe und Frieden. Plötzlich war ihr nicht ganz wohl bei dem Gedanken. »Ich bin nicht gern so lange von allem abgeschnitten«, bekannte sie.
»Dummerchen. In jeder Kabine gibt es Telefon und Internetzugang. Die meisten Kreuzfahrtschiffe haben inzwischen ein Internetcafé, aber auf dem hier hast du überall drahtlosen Zugang.«
Also konnte sie auf dem Laufenden bleiben, solange ein Computer in Reichweite war. Jenner entspannte sich.
Sie achtete leicht paranoid darauf, immer informiert zu bleiben, vielleicht auch, weil sie sich ihr Vermögen nicht wirklich erarbeitet hatte und darum im Hinterkopf ständig der Gedanke lauerte, es könnte ihr genauso schnell wieder entrissen werden, wie sie es gewonnen hatte. Sie litt nicht am Überlebenden-Syndrom, sondern am Glückspilz-Syndrom.
»Vielleicht finden wir auf dem Traumschiff endlich unseren Traummann«, meinte Syd mit einem ironischen Lächeln.
»Klar«, sagte Jenner, »als wäre das Schiff nicht mit Leuten vollgepackt, die wir schon kennen. Und unter denen gibt es praktisch keinen jungen, gutaussehenden, ungebundenen Heteromann, dem es völlig egal ist, dass wir mit unseren beiden Vermögen ein kleines Land kaufen könnten.«
Sydney schlug die Hand vor den Mund und überspielte ihr Lachen mit einem Husten. »Du bist so eiskalt.«
»Und ich habe so recht.«
Syds Lächeln verblasste und bekam Trauerränder. »Vielleicht sind wir wirklich zu kritisch. Niemand sonst scheint sich den Kopf darüber zu zerbrechen, dass er nur des Geldes wegen geheiratet wurde. Alle anderen heiraten einfach und leben fröhlich weiter.«
»Bis zur nächsten Scheidung«, merkte Jenner an und wünschte sich sofort, sie hätte das nicht gesagt, weil Sydneys Eltern eine extrem bittere, giftige Scheidung durchgemacht hatten, als Syd zwölf Jahre alt und damit in einem besonders verletzlichen Alter gewesen war, was bestimmt dazu beigetragen hatte, dass sie im Gegensatz zu ihren materiellen Werten ihren persönlichen Wert extrem schlecht einschätzen konnte.
Dass ihre Mutter nach nicht einmal einem Jahr dem Vater
das Sorgerecht überlassen hatte und mit ihrem neuen Ehemann nach Europa übersiedelt war, hatte Syds Selbstbewusstsein auch nicht eben gestärkt. Ihr Leben war seither eine Folge von Höhen und Tiefen, zu denen auch eine aufgelöste Verlobung zählte.
Sich selbst hielt Jenner dagegen für emotional unversehrt. Natürlich war sie schon öfter verknallt gewesen, und sie hatte in ihrer Jugend ein paar Mal geglaubt, sie sei verliebt, aber das war schon alles. Seit sie im Lotto gewonnen hatte, war sie viel zu misstrauisch, um jemanden an sich heranzulassen, was womöglich mehr über sie als über die Männer aussagte, die eventuell Interesse an ihr gezeigt hätten, wenn sie nicht so unnahbar gewesen wäre. Vielleicht konnte vor allem sie nicht vergessen, dass sie einst Fleischverpackerin gewesen war, vielleicht hatte vor allem sie Bedenken , dass niemand sie um ihrer selbst willen liebte.
Wenn ihre Gedanken so abschweiften, verlor sie oft die Geduld mit sich selbst. Schließlich hatte sie die Männer nicht endgültig aufgegeben, und sie glaubte auch nicht, dass jeder Mann auf diesem Planeten entweder geldgierig oder ein eingebildeter Schnösel war. Aber wie sollte eine Frau in ihrer Position einen Mann finden, der keines von beiden war, und wie konnte sie sich je sicher sein? Das war ihr immer noch ein Rätsel.
Eine Woche später war die Reise gebucht. Das Kreuzfahrtschiff Silver Mist würde in San Diego ablegen, und das Tamtam, das um ein Schiff voller Millionäre, Milliardäre und ausgewähltem Schickeria-Publikum gemacht wurde, nahm beinahe hysterische Ausmaße an - wenigstens in ihren Kreisen. Jenner ging davon aus, dass es die meisten ihrer Landsleute herzlich wenig interessierte, wenn ein Haufen reicher Säcke übers Meer schipperte und
die Erlöse gespendet wurden. Es sei denn, sie bekamen irgendwas davon ab … als würde es je dazu kommen.
Obwohl ihr das bewusst war, freute sie sich auf die Reise. Es war ihre erste Kreuzfahrt, und der Gedanke daran erfüllte sie mit einer unbestimmten Nervosität.
Sydney freute sich wie ein Kind, bekam aber wie üblich Panikattacken, wenn sie an die Veranstaltungen an Bord dachte. Weil eine ihrer College-Freundinnen inzwischen im Umkreis von San Diego wohnte, beschloss sie, ein paar Tage früher zu fliegen und ihr einen Besuch abzustatten.
»Du
Weitere Kostenlose Bücher