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Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn

Titel: Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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worden war, unter lähmenden Selbstzweifeln, während Jenner, die aus dem Nichts kam, bis jetzt noch jeden Kampf aufgenommen hatte und jeden Seitenhieb wegstecken konnte, weil der Angreifer ihr bestenfalls egal war.
    So hatte Jenner die letzten sieben Jahre überlebt, seit sie Chicago verlassen hatte. Sie musste zugeben, dass die Menschen hier im Süden ihr im Großen und Ganzen höflich und sogar zuvorkommend begegneten, aber sie hatten sie trotzdem nicht wirklich in ihren Kreisen aufgenommen. Jenner hatte viele Bekannte, aber nur eine Freundin, und diese Freundin war Syd.
    Syd meinte an diesem Abend dabei sein zu müssen, und das bedeutete, dass Jenner ebenfalls zu erscheinen hatte. So sehr sie sich auch wünschte, nur schnell einen Scheck an das Kinderkrankenhaus auszustellen und dann wieder zu verschwinden, musste sie die ganze dröge Veranstaltung
über sich ergehen lassen - nur um am Ende einen Scheck auszustellen.
    Dabei mochte sie gar keinen Wein, womit sie wahrscheinlich ihre Bodenständigkeit und ihre einfache Abstammung verriet. Mit einem Bier war sie eindeutig glücklicher. Bei jedem Schluck Wein musste sie ein Schaudern unterdrücken, und Gott sei Dank durfte sie das eklige Zeug wieder ausspucken. Wenigstens würde sie zum Essen ihren Lieblingsdrink bestellen können, einen Teeter-Totter, der halb aus Sekt und halb aus grünem Apfelsaft bestand. Sekt allein konnte sie nicht ausstehen, aber mit Apfelsaft schmeckte er wunderbar. Alle Kellner und Barkeeper hier wussten, was sie trank, ohne dass sie erst lange fragen mussten.
    Wo steckte Syd überhaupt? Man würde jeden Augenblick zu Tisch rufen, und nachdem sie zu diesem Abend zwangsverpflichtet worden war, hätte sie gern jemanden an ihrer Seite gehabt, mit dem sie reden konnte. Jenner war verstimmt, weil sie sich hierherbegeben hatte, um Syd Gesellschaft zu leisten, und ihre Freundin nicht einmal aufzutauchen geruhte. Sie hätte damit rechnen müssen; Syd kam oft zu spät - auch, wie Jenner vermutete, weil ihr vor diesen Veranstaltungen noch mehr graute als Jenner -, doch normalerweise beschränkte sich Syds Verspätung auf eine Viertel- bis halbe Stunde. Diesmal hatte ihre Freundin die gesamte Weinprobe verpasst, die über eine Stunde gedauert hatte.
    Jenner überlegte gerade, ob sie nach draußen schleichen und anrufen sollte, als sie Syd in ihrem Rücken hörte: »Du bist wieder blond. Eine tolle Tönung.«
    Jenner drehte sich um und lächelte spröde. »Du kommst aber spät. Wenn ich gewusst hätte, dass du die Weinprobe schwänzt, wäre ich auch erst später aufgetaucht.«

    »Ich konnte einfach nicht …« Syd sah seufzend an sich herab. In Jenners Augen sah sie super aus. Syds Kleid war klassisch in Schnitt und Linie, das helle Beige schmeichelte ihrem honigblonden Haar und ihrer goldenen Haut, und sie selbst war hübsch wie immer, auch weil ihrem Gesicht ihre natürliche Güte anzusehen war. Leider war Syd überkritisch gegen sich selbst und fürchtete immer, den strengen Maßstäben ihres Vaters nicht gerecht zu werden oder von anderen Leuten verspottet zu werden, weshalb sie ihre Kleiderwahl grundsätzlich erst einmal verwarf. Das führte dazu, dass sie nie das Erste trug, was sie anzog - jedenfalls nicht ohne mehrere Kombinationen anzuprobieren, bevor sie aus lauter Verzweiflung zu ihrer ursprünglichen Wahl zurückkehrte.
    Eigentlich hätte Jenner Mr Hazlett hassen müssen, weil er solchen Druck auf seine Tochter ausübte, aber Syds Vater vergötterte seine Tochter und versuchte auf jede nur erdenkliche Art, ihr fragiles Selbstbewusstsein zu stärken, weshalb er zutiefst erleichtert und dankbar war, dass Jenner mit ihr Freundschaft geschlossen hatte. J. Michael Hazlett besaß tatsächlich einen unfehlbaren Geschmack; er sah gut aus, wirkte weltmännisch und war ganz und gar mit sich im Reinen, und noch dazu war er ein genialer Geschäftsmann. Gleichzeitig wäre er nie auf den Gedanken gekommen, Syd zu kritisieren, und hätte einen Tiger niedergerungen, um sie zu verteidigen. Es war schwer, jemanden zu hassen, der nicht nur kein Schurke war, sondern der auf seine ganz eigene liebevolle, leicht unbeholfene Art seiner Tochter zu zeigen versuchte, wie einzigartig und liebenswert sie war. Jenner hatte sich heimlich mit Mr Hazlett verschworen und stellte gemeinsam mit ihm sicher, dass immer mindestens einer von beiden da war, um Syd zu helfen, sollte sie Hilfe brauchen.

    So wie jetzt.
    »Du siehst wie immer fantastisch aus«, sagte sie zu Syd.

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