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Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn

Titel: Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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zurückkehren. Wenn sie erst alle ihre Forderungen erfüllt hatte, brauchte es nur einen kleinen Schubs an der Reling, und sie wäre für alle Zeiten verschwunden.
    Aber was war mit den anderen Passagieren auf diesem Schiff? An Bord waren genug Gäste, die sie und Syd kannten. Bestimmt würde es für Gesprächsstoff sorgen, wenn sie sich kopfüber in eine stürmische Kreuzfahrtromanze mit einem Unbekannten stürzte. Sie würde ihn ihren Bekannten vorstellen müssen, und dann würden ihn noch mehr Menschen beschreiben können. Noch dazu hatte er die gleichen Sicherheitsmaßnahmen durchlaufen wie jeder
andere, als er an Bord gegangen war. Sein Foto war im Gesichtserkennungsprogramm gespeichert. Er konnte unmöglich hoffen, ungeschoren davonzukommen, es sei denn, er würde das gesamte Schiff mit Mann und Maus versenken.
    Jenner erkannte, wie weit sie von der Küste der Logik abgetrieben worden war, und paddelte im Geist zurück in flachere Gewässer. Diese Leute gehörten keinem Selbstmordkommando an. Sie waren mit einem festen Plan an Bord gekommen und brauchten ihre Mithilfe, um ihn durchzuführen.
    Also … konnte Jenner sie ebenfalls unter Druck setzen. Sie brauchten sie. Sie waren das Risiko eingegangen, Syd zu kidnappen, nur um ein Druckmittel zu haben, mit dem sie sicherstellen konnten, dass Jenner ihren Anweisungen folgte. Das hieß, dass man ihr wahrscheinlich nichts tun würde, während Syd keinen vergleichbaren Schutz genoss.
    Sie suchte verzweifelt nach irgendeiner Möglichkeit, die Entführer loszuwerden, musste aber schließlich zu ihrem großen Unwillen einsehen, dass sie völlig hilflos war. Jenner konnte es nicht ausstehen, hilflos zu sein. Sie hasste es, verletzlich zu sein und nicht zu wissen, was sie unternehmen sollte und an wen sie sich hätte wenden können. Sie konnte diese fremde Frau nicht ausstehen, die in ihrer Suite hockte, seelenruhig in ihrem mitgebrachten Buch schmökerte und sie ebenso wenig beachtete wie eine Fliege - nein, noch weniger, denn eine Fliege hätte sie wenigstens verjagt.
    Jenner beschloss, dass sie lieber gejagt als nicht beachtet wurde, und trat an die Balkontür.
    »Bitte setzen Sie sich«, sagte Faith so höflich, als hätte sie ihr eine Tasse Tee angeboten.

    »Gern«, gab Jenner zurück. »Aber draußen.« Ihr Herz pochte wie wild vor Angst, Syd könnte für ihren Eigensinn büßen müssen - ob man ihr auf hoher See wohl einen abgeschnittenen kleinen Finger oder ein Ohr oder irgendein anderes Körperteil zustellen konnte? -, aber sie wollte wenigstens einmal an ihren Ketten ziehen, um festzustellen, wie weit sie reichten. Sie sollten ruhig merken, dass sie Syd nichts antun durften, weil sie sonst das Risiko eingingen, dass Jenner bockte. Sie tanzten alle zusammen auf einem gigantischen Drahtseil, und bestimmt wollte niemand das Seil unbedacht ins Schaukeln bringen. Darauf baute sie, als sie auf den Balkon trat.
    Warme, feuchte Luft hüllte sie ein. Trotzdem war der Fahrtwind so kräftig, dass die Temperaturen angenehm wirkten. Sie trat an die Reling, hielt sich daran fest, beugte sich ein bisschen vor und sah zu ihrer Linken die sonnenbeschienene Küste von Kalifornien und Mexiko am Horizont verschwinden, weil die Silver Mist unbeirrt in Richtung Südwest - eher West als Süd - auf Hawaii zusteuerte. Weil ihr schwindlig wurde, sobald sie sich vorbeugte, kehrte sie zu den Liegestühlen auf ihrem Balkon zurück, ließ sich in den fallen, der am weitesten von der Tür entfernt stand, streckte die Beine aus und lehnte den Kopf an das hochgestellte Kopfteil.
    Faith folgte ihr mit ihrem Buch auf den Balkon und ließ sich in dem Stuhl direkt neben der Tür nieder, sodass Jenner an ihr vorbeimusste, falls sie zu türmen versuchte. Auch Jenner hatte das bedacht und deshalb absichtlich den anderen Stuhl genommen, um ihrer Bewacherin zu zeigen, dass sie keine Dummheiten machen würde.
    Hier draußen, zwischen Meer und Himmel, wurde sie sofort ruhiger. Sie zog ihre Schuhe aus und merkte, wie sich ihre Anspannung zu lösen begann. Das Deck war mit
Teakholzplanken ausgelegt, zwischen denen schmale Rillen frei gelassen worden waren, damit das Wasser ablaufen konnte. Die Reling bestand nur aus einem Handlauf über blank polierten Plexiglasscheiben, die ansonsten freie Sicht gewährten. Weiße Möwen kreisten und stiegen über ihnen auf und begleiteten kreischend den silbernen Riesen, der durch die schaumgekrönten, blaugrün verwirbelten Wogen pflügte. Unter anderen Umständen wäre

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