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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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alles im Rahmen.«
    »Was ist denn gerade das Problem?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann lass uns halt über was anderes reden. Ist doch egal, wie lange du schon studierst.«
    »Und was machst du so?«, fragte sie, warf mir einen knappen Blick zu und zischte: »Bodybuilding und Türstehen wahrscheinlich, was?«
    Eigentlich musste ich lachen, aber ich verkniff es mir.
     
    |199| Fast eine Stunde später hatten wir noch immer kein anständiges Gespräch zustande gebracht. Bei der Geschwindigkeit, mit der wir über die Autobahn krochen, würde es ewig dauern, bis wir in der Schweiz angekommen waren.
    Ich sah aus dem Fenster über die unbestellten Äcker voller Pfützen, aber der Blick reichte nur wenige hundert Meter, dann wurden Weidenzäune, Schonungen und auf den Feldern zurückgelassene Anhänger vom Nebel geschluckt. Mitunter waren Umrisse von Baumgruppen zu erahnen, die mit hochgezogenen Schultern dastanden wie Schaulustige und uns nachgafften. Ab und an schälten sich Häuser, Gehöfte und Scheunen aus dem Grau, und aus manchen Fenstern drang warmes Licht.
    Ingrid starrte auf die Straße. Immer wieder kniff sie die Augen zusammen, als könne sie mit ihren Lidern die Müdigkeit wegblinzeln.
    Hinter uns scherte ein Lastwagen aus und setzte zum Überholen an. Wir durchfuhren eine Senke, und anschließend nahm die Autobahn an Steigung zu. Langsam zog der LKW an uns vorbei. Ingrid gab Vollgas und umklammerte mit steifen Armen das Lenkrad. Der Panda stöhnte am Rande seiner Möglichkeiten. Schließlich blieben die Wagen gleich auf. Ich sah an Ingrid vorbei aus dem Seitenfenster und schmunzelte. »Na, los. Den packste!«
    »Der hat uns vorhin ganz übel geschnitten, als er auf die Autobahn gefahren ist.«
    »Nicht mitbekommen.«
    »Der Penner kommt hier nicht vorbei.«
    Anscheinend war der Laster so schwer beladen, dass er es seinen PS zum Trotz nicht schaffte, uns zu überholen, und wir blieben auf gleicher Höhe, sodass die Situation zur Geduldsprobe wurde. Während ich Ingrid beobachtete, wie sie sich an das Lenkrad krallte und an ihrer Unterlippe knabberte, genoss ich die Unsinnigkeit des Moments. Schließlich rutschte ich rhythmisch im Sitz vor und zurück, als könne ich |200| dem Wagen so Anschwung geben. Für einen Moment lächelte Ingrid mich schüchtern an.
    Nach einer Weile ließ sich der LKW zurückfallen und hängte sich wieder hinter uns, während eine Kolonne PKWs an uns vorbeirauschte. Ingrid seufzte zufrieden und fragte: »Wollen wir bei der nächsten Gelegenheit mal raus und einen Kaffee trinken?«
    »Ja«, antwortete ich. »Ich lade dich ein. Der geht dann auch nicht wieder übers T-Shirt.«
    »Das war ’ne Bluse.«
    Als sie den Blinker setzte und die Ausfahrt zu einer Raststätte nahm, blendete der LKW hinter uns wie zum Abschied einige Male grell auf. Es war noch nicht mal elf Uhr, und den Großteil der Strecke hatten wir noch vor uns.

|201| Januar 1996
    Die Gäste hatten Schneematsch mit in den Club getragen, und auf den Fliesen des Klos hatten sich braune Pfützen gebildet, in denen nun Klopapierfetzen aufweichten. In der Nebenkabine wurde gespült, und das Rauschen des Wassers übertönte die Musik, die von der Tanzfläche bis in die Toiletten dröhnte. Pia ließ sich, in der Hocke sitzend, gegen die Trennwand zwischen den Klos kippen, zog die Ärmel ihres Pullovers weit über die Hände und umschlang ihre Knie mit den Armen. Sie sah mich neugierig an. So wie sie dasaß, hätte ich ihr am liebsten eine heiße Milch mit Honig gemacht; stattdessen holte ich ein Tütchen Speed aus der Jackentasche und hockte mich ihr gegenüber. Zwischen uns befand sich das mit Aufklebern von Bands oder Clubs zugekleisterte Klo. Ich stellte mein Bier ab und wischte mit dem Ärmel über den Klodeckel.
    »Ist das wieder das Zeug von dem Arzt?«, fragte Pia.
    »Medizinstudent, ja«, sagte ich. »Pascal heißt der.«
    »Das brennt immer so.«
    »Weil der das so gut wie gar nicht streckt«, antwortete ich und schüttete etwas mehr als eine Messerspitze des weißen Pulvers auf den Klodeckel.
    »Elvis lebt«, las Pia einen an die Wand hinter mir gekritzelten Spruch vor. Dann kramte sie in ihrer Jutetasche, fischte einen wasserfesten Stift heraus, setzte sich auf und ergänzte: Ja, ja, im Führerbunker!
    Ich schmunzelte. In dem Moment wurde die Klinke unserer Klokabine runtergedrückt.
    »Unterleibsschmerzen«, sagte Pia wie aus der Pistole geschossen. |202| Eine genervte Frauenstimme

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