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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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davon für uns alle«, notierte sie.
    Alle nickten zufrieden, und weder Patrice noch Gustave konnten sich ein kleines, belustigtes Lächeln verkneifen.
    »Ähm, Jacques, kann ich dich kurz unter unsere vier Augen sprechen?«, flüsterte sie ihm ins Ohr, während sie aufstand – bereit, zu Pierre in die Küche zu flitzen.
    »Ja?« Jacques zuckte mit den Schultern, was seine offenbar betrunkenen Freunde sofort albern kopierten. Auch er erhob sich, um mit Catherine ein paar Schritte zu laufen.
    »Worum … geht es denn?«, fragte er, als sie außer Hörweite standen.
    »Es ist nur so: Ich würde gern eine marmite dieppoise essen. Aber …«
    »Aber?«
    »Ich weiß nicht, was es ist.«
    Jetzt musste auch Jacques lachen – es war ein Lachen, das von Herzen kam und das sie offenbar ansteckend fand.
    »So nennen wir hier in der Normandie unsere Variante der Bouillabaisse«, klärte er sie auf.
    Sie schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn, als wäre sie die dümmste Amerikanerin, die jemals in Trouville aufgekreuzt war – ohne die geringste Ahnung von den dort weithin verbreiteten lokalen Spezialitäten.
    »Fischsuppe. Hätte ich mir gleich denken können …«
    »Nun ja, wenn sie gut gemacht ist, dann ist es ungleich mehr als nur eine gewöhnliche Fischsuppe. In diesem Fall ist es eine fein abgestimmte Komposition verschiedenster Geschmacksnoten, allein die Gewürze sind ein Orchester aus Olivenöl, Safran, Knoblauch, Zwiebeln, Lorbeerblatt, Fenchel, Petersilie, schwarzem Pfeffer und so weiter und so fort.« Jacques geriet richtig ins Schwärmen, während er vor Catherine vom Kochen sprach. Das hatte es schon ein Weilchen nicht mehr gegeben.
    »Jacques, ich glaube, genau deshalb du bist so eine gute Koch: Weil du es fühlst, tief in dir drin … Du fühlst die französische Küche, anstatt sie nur von eine Papier abzulesen und in die Pfanne zu tun.«
    Einerseits freute sich Jacques über dieses Kompliment, andererseits wusste er, dass er ihm momentan eigentlich nicht gerecht wurde.
    »Ich weiß nur wenig über die französische Küche«, ergänzte Catherine. »Aber deshalb bin ich hier: um zu lernen!«
    »Dafür kenne ich mich mit amerikanischen Spezialitäten nicht aus«, versuchte Jacques im Gegenzug etwas Nettes zu sagen.
    »Doch, Jacques!«, widersprach sie. »Du weißt alles über Hamburger! Du kennst sogar die Frankreich-Chef von McDonald’s!«
    Nun mussten sie beide lachen, ein weiteres Mal. Gustave und Patrice tuschelten schon. Es war an der Zeit, dass er sich zurück zu den beiden begab und Catherine – die auf ihrem Vorhaben bestand – zu Pierre in die Küche. Eigentlich hatte Jacques sie miteinander bekannt machen wollen, aber er war sich ziemlich sicher, dass die Amerikanerin es auch ganz gut alleine hinbekommen würde, einen bleibenden Eindruck bei Pierre zu hinterlassen. Und tatsächlich: Ihre erste Zusammenarbeit als Restaurantbetreiberduo lief wie am Schnürchen. Nachdem Jacques die Gerüchteküche am einzigen besetzten Tisch fürs Erste auf Sparflamme nivelliert hatte, konnte er sich seiner Aufgabe als Sommelier widmen, während Catherine sich um Pierre und die Befriedigung des allgemeinen Hungers kümmerte.
    »Der Wein ist ausgezeichnet« – zumindest in diesem Punkt waren sich alle einig, als sie über ihrem Eintopf saßen.
    Jacques hatte einen perfekt temperierten, blitzsauberen Muscadet ausgewählt, der einer marmite stets ein guter Begleiter war. Dazu etwas geröstetes Knoblauchbrot, und schon hatte man ein wunderbares, rustikales Mahl gezaubert. Theoretisch.
    Es war die Suppe selbst, die verhinderte, dass die Theorie zur Praxis wurde. Niemand sagte etwas. Niemand brauchte etwas zu sagen – Jacques wusste es auch so. Sie schmeckte eindeutig nach Fertigsuppe. Nicht Magie, sondern Maggi zeichnete diese Kreation aus. Es war beschämend. Das Schweigen am Tisch, das sich eingestellt hatte, war nicht etwa der Ehrfurcht vor dem hier präsentierten Mahl geschuldet, sondern es war reine Sprachlosigkeit angesichts einer solchen Geschmacklosigkeit.
    Nachdem Gustave und Patrice sich – die Blamage ihres Freundes, des ehemaligen Spitzenkochs, hatten sie mit keinem Wort erwähnt – wenig später verabschiedet und noch immer keine weiteren Gäste das Paris gefunden hatten, brachte Catherine die Situation auf den Punkt.
    »Jacques, ich glaube, die indische Aschram ist eine gute Idee.«
    »Wie bitte?« Er war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte.
    »Na, die Idee von Patrice, diese …

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