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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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schuldbewusst.
    »Zuerst habe ich mir deswegen Sorgen gemacht, aber dann dachte ich, es ist vielleicht so eine Art Künstlertrick«, versuchte sie ihn und sich selbst zu beruhigen.
    »Du meinst wohl Künstler tick .«
    »Richtig. Eine Künstlertick.«
    Er lehnte sich mit dem Rücken gegen das Metallgeländer, um nicht in Versuchung zu geraten, ihre Arme zu ergreifen, während er ihr erklärte, was mit ihm seit ein paar Tagen vor sich ging.
    »Seit ich aus diesem Büchlein koche, sehe ich sie.«
    Catherine musterte ihn fragend.
    »Du siehst wen? Eine andere Koch? Eine Hilfskoch?«
    »Ich sehe Elli. Meine … Frau.«
    Dass diese Worte nur fassungslose Sprachlosigkeit bei Catherine auslösen konnten, war kein Wunder. Sie wirkte, als suchte sie händeringend nach der richtigen Antwort bei einer hoch dotierten Fernseh-Rateshow, die ihr partout nicht einfallen wollte.
    »Dann … also war sie das in die Küche?«, füllte seine Geschäftspartnerin die unangenehme Stille schließlich mit Worten. Ihre Augen fixierten ihn, als hoffte sie, auf diese Weise die Wahrheit hinter seiner Iris entdecken zu können und in das Zentrum seiner intimsten Gedanken zu gelangen. Um festzustellen, dass er nun endgültig verrückt geworden war.
    »Ja«, bestätigte er. »Das war sie .«
    »Und sie sagt dir, was du kochen sollst? Sie führt deine Hand?«
    »Ganz so ist es nicht, aber ich koche ihre Gerichte. Aus diesem … kleinen Rezeptbuch, das ich auf dem Dachboden gefunden habe.«
    »Darf ich?« Catherine deutete auf die schmale Kladde in seiner Hand.
    Einen Moment zögerte er, denn er war sich nicht sicher, ob er sie aus der Hand geben durfte. Tatsächlich handelte es sich um so viel mehr als ein Rezeptbuch, wie er es eben lapidar genannt hatte. Von jenem Tag an, an dem er es zum ersten Mal aufgeschlagen hatte, war sein Leben verzaubert worden. Die Magie dieses unscheinbaren kleinen Werks hatte ihn aus einem dunklen Wald, durch den er über so viele Jahre ohne jede Orientierung geirrt war, auf eine sonnige Lichtung hinausgeführt. Schließlich willigte er ein und reichte es ihr.
    Ein Lächeln legte sich auf Catherines Züge, als sie die erste Seite aufschlug und das Hochzeitsfoto entdeckte.
    »Ich muss sagen, du warst eine attraktive junge Mann, Jacques«, befand sie, während sie nachdenklich das Foto betrachtete, als wäre darauf ihr eigener Hochzeitstag festgehalten.
    Er war ?Was sollte das nun wieder bedeuten? Dass er es jetzt nicht mehr war?
    Als hätte sie seine Gedanken erraten, fuhr sie ihm mit der Hand zärtlich über den Arm. »Keine Angst, heute bist du es auch noch!«, ergänzte sie tröstend und nahm ihren Blick für eine Sekunde von dem Buch, um ihm einen aufmunternden Augenaufschlag zu schenken.
    Einen Moment war Jacques versucht, ihre Berührung zu erwidern. Seine Hand auf ihre zu legen.
    »Du bist auch eine sehr …«
    »… intelligente Frau?«, kam sie ihm zuvor. »Ich weiß, ich habe nicht umsonst in Harvard Jura studiert.«
    Aha. Sie hatte also in Harvard studiert. Das hieß, sie war möglicherweise nicht nur ein bisschen schlauer als er, sondern sogar sehr viel.
    »Aber was hat es mir gebracht?«, fuhr sie fort. »Ich kann weder gut französisch sprechen noch kann ich eine Hähnchen kochen wie du gestern. Oder du und sie, wenn du darauf unbedingt bestehst.«
    Sie war wirklich ein charmanter kleiner Wirbelwind, das musste man sagen.
    »Hältst du mich für verrückt?«, fragte er ohne Umwege nach ihrer Diagnose.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nur eine kleine wenig«, entgegnete sie, während sie neugierig durch die Seiten blätterte und hier und da einen Blick auf die Rezepte warf.
    »Kannst du deine Frau nur sehen oder auch mit ihr sprechen?«, wollte sie wissen.
    »Wir reden über alles.«
    »Hm.«
    Sie klappte das Büchlein zu und musterte ihn nachdenklich.
    »Und kannst du sie auch berühren?«
    Er nickte.
    »Das ist unglaublich !«, sagte sie. Doch sie machte den Eindruck, als könne sie es durchaus glauben. »Ich … also … in der Nacht, nachdem Christian gestorben war, bin ich aufgewacht, und auf einmal stand er neben meine Bett. Aber ich hatte keine Angst. Es war in die Gegenteil wunderschön.«
    »Hast du auch mit ihm gesprochen?«
    »Nein, ich dachte, ich träume«, sagte sie, und ihr Blick bekam einen Ausdruck, als wäre sie im Begriff, hier und jetzt, an einem Sommermorgen über den Dächern des Paris , denselben Traum ein zweites Mal zu träumen. »Aber ich konnte ihn auch fühlen. Ich habe ihn angesehen,

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