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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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sei, den Gurt anzulegen, wenn man plante, eine spielfilmreife Verfolgungsjagd mit überhöhter Geschwindigkeit zu inszenieren.
    Das Merkwürdige war, dass er kein Hupen gehört hatte und auch sonst nichts. Wahrscheinlich war der Opa einfach weiter die Landstraße hochgetuckert, ohne etwas Außergewöhnliches wahrzunehmen. Ab einem gewissen Alter war man nun mal nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen. Die eigentliche Frage jedoch, die Jacques sich stellte, war, ob Catherine ebenfalls weitergefahren war und ihn hier gleichmütig seinem Schicksal überlassen hatte. Sie konnte schließlich nicht ahnen, dass dieses Kornfeld sein Leben – schwupps, einfach so – auf den Kopf gestellt hatte.
    Einer ersten Bestandsaufnahme zufolge war ihm nichts Schlimmes passiert – abgesehen vielleicht von ein paar Prellungen. Das Wichtigste war, dass sein Kopf unversehrt zu sein schien. Das Einzige, was ihm momentan Sorgen bereitete, war der Blick in den Rückspiegel: Aus dem Heck, dort wo sich der Tank befand, schlugen Flammen.
    Während Jacques mit der rechten Hand versuchte, den Gurt zu lösen, übernahm die linke die Aufgabe, die Tür zu öffnen. Beide Vorhaben gelangen nicht auf Anhieb. Sehr wahrscheinlich hatte sich die Tür durch das mehrfache Überschlagen des Wagens verzogen. Der Gurt hakte wie immer – ein Defekt, den er schon lange hatte richten lassen wollen, den er aber nie ernstgenommen hatte. Nun hatte er die Bescherung. Langsam wurde er nervös, da sich das Feuer am Heck ausbreitete. Mit aller Kraft stieß er mit dem Ellenbogen von innen gegen die Tür, einmal, zweimal, noch ein Mal. Fehlanzeige. Nichts bewegte sich.
    »Jacques!«
    Es war Catherines Stimme. Sie hatte ihn nicht im Stich gelassen.
    »Ich hänge fest!«, rief er ihr zu. »Und die Tür klemmt. Kriegst du sie von außen auf?«
    Fehlanzeige. So sehr sie rüttelte, die Tür gab nur einen schmalen Spalt frei. Offensichtlich war sie tatsächlich verzogen. Doch Catherine gab nicht auf. Unter Einsatz ihres gesamten Körpergewichts hängte sie sich an den Türgriff, während sie ein Bein gegen das Auto stemmte. Klack. Gott sei Dank, der Gurt hatte ihn freigegeben. Nun konnte er sie mit voller Kraft unterstützen, indem er mit dem Oberkörper von innen gegen die Tür drückte. Doch es half nichts.
    »Es geht nicht!«, keuchte sie und ließ von der Tür ab. Auch ihr Blick wandte sich den Flammen zu. »Ich bin sofort wieder da, Jacques, ja?«
    »Nein!«, rief er, aber es war schon zu spät.
    Catherine sprintete davon, als wäre ihr der Teufel höchstpersönlich auf den Fersen.
    Endlose Sekunden verstrichen, da tauchte sie wieder auf. Mit einem kleinen roten Feuerlöscher in der Hand, den sie offensichtlich aus ihrem Auto geholt hatte. Doch was tat sie jetzt? Anstatt damit die Flammen zu löschen, die aus dem Heck schlugen, baute sie sich seitlich vor der Windschutzscheibe auf.
    »Halt dir die Augen zu, Jacques! Schnell!«, schrie sie.
    Er tat, wie ihm geheißen, und schon krachte der massive Metallboden des Feuerlöschers auf das Glas. Die Scheibe sprang. Catherine drosch weiter auf das gesprungene Glas ein, Schlag auf Schlag, als verfüge sie über nahezu übermenschliche Kräfte. Es dauerte nicht lange, und sie hatte die Windschutzscheibe nahezu komplett zertrümmert.
    Vorsichtig, mit dem Kopf zuerst, kletterte er hinaus. So gut es ging, achtete er darauf, mit den Händen die spitzen Glassplitter zu meiden – der Rest war ihm egal. Mit ein paar kleinen Erinnerungsnarben konnte er leben.
    Catherine reichte ihm die Hand, als er aus dem Auto kroch. Er konnte sich problemlos aufrichten, dennoch blieb er für einen Moment wie angewurzelt stehen, als er in ihr schweißnasses Gesicht blickte. »Danke!«, sagte er. Genau wie sie keuchte er vor Anstrengung und Aufregung.
    »Komm!«, sagte sie, und sie entfernten sich im Laufschritt von dem brennenden Wagen. »Bevor die Auto in die Luft geht.«
    Seine Hand hatte sie wieder losgelassen, obwohl er versucht hatte, die ihre festzuhalten.
    »Wir sind in Frankreich, nicht in Amerika«, stellte er keuchend fest, die Arme in die Hüften gestemmt, als sie auf der Straße angekommen waren. »Hierzulande brennen Autos einfach nur aus, aber sie explodieren nicht. Das gibt es nur in Amer …«
    Bumm! Ein ohrenbetäubender Knall, begleitet von einem gleißenden Feuerball, widerlegte postwendend seine Ansichten über das national unterschiedliche Explosionsverhalten brennender Autos. Intuitiv traten sie beide einen Schritt zurück.

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