Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
aufgerissen wurde. Sie blickte in das bekannte und doch fremde schwarze Gesicht.
Noah starrte zurück. Er brauchte einige Augenblicke, bis er sie erkannt hatte. »Ach, du bist es«, sagte er und suchte in seinem Gedächtnis offenbar nach ihrem Namen. »Hey, Lorena«, fügte er schließlich ein wenig unsicher hinzu.
»Hallo, Noah«, antwortete sie und senkte verlegen den Blick. Auch wenn er nicht den Hauch einer Ahnung davon hatte, dass sie die Frau war, mit der er die Nacht verbracht hatte, ihr standen bei seinem Anblick mehr Details vor Augen, als ihr im Moment lieb war.
»Spielt ihr wieder Billard?«, fragte sie, nur um überhaupt etwas zu sagen und ihren Geist abzulenken.
Noah schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin heute alleine da. Ich habe nach jemandem gesucht.«
Lorena nickte wissend. »Ja, ich auch. Jason, er ist Saxofonist und spielt in einem Orchester Cello.«
Noah schien zu überlegen, dann nickte er. »Den kenne ich. Hab ihn schon ein paar Mal hier gehört. Aber jetzt ist er nicht da. Heute ist keine Livemusik.«
Lorena nickte und zwang sich, nicht dennoch die Bar nach Jason zu durchsuchen. Sie würde sich lächerlich machen. Obgleich Noah sie wieder zu einem Drink einladen wollte, lehnte sie ab, verabschiedete sich und ging davon.
Zwei Stunden stürmte sie durch den nächtlichen Hydepark, doch ihr Gemüt wollte nicht zur Ruhe kommen. Alles, was sie erreichte, war, dass sie irgendwann mit schmerzenden Füßen stehen bleiben musste. Verflucht, die Blasen waren noch immer nicht abgeheilt, und nun war eine von ihnen wieder aufgebrochen. Langsam humpelte Lorena weiter. Sie fühlte schon wieder dieses Ziehen und sah sich um. Wo war sie eigentlich?
O nein!
Sie musste noch den ganzen Kensington Garden durchqueren, um wieder nach Notting Hill zu gelangen. In der Dunkelheit sah sie das Albert Memorial vor sich aufragen.
Lorena fluchte. Sie würde es nicht rechtzeitig vor ihrer Verwandlung nach Hause schaffen.
Das war doch nicht so schlimm. Hier im Park war um diese Zeit kein Mensch mehr unterwegs. Da konnte nichts passieren. Sie würde sich wandeln und dann nach Hause fliegen, um sich in ihrer Wohnung einzuschließen, bis der Spuk vorüber war.
Lorena wusste nicht, wen sie hier zu betrügen versuchte. So einfach würde es nicht werden …
»Hallo, Noah!«
Beim Klang ihrer Stimme fuhr der große Schwarze herum.
»Was für eine schöne Nacht. Was machst du hier? Suchst du jemand?«
Er kam mit zwei großen Sätzen auf sie zu und riss sie in seine Arme. »Du weißt, dass ich dich suche, und zum Glück habe ich dich gefunden!«
Ihr Lachen wurde von einem Kuss erstickt. Sie ließ ihn eine Weile gewähren, ehe sie sich von ihm losmachte.
»Ist dein Hunger noch immer nicht gestillt?«, erkundigte sie sich mit einem neckischen Gurren.
»Mein Hunger war nie größer, und er verlangt nur nach dir!«, drängte Noah. »Du bist heute Morgen einfach verschwunden. Ich weiß ja nicht einmal deinen Namen. Wo hätte ich dich denn suchen sollen?«
Lorena zuckte mit den Schultern. »Wozu Namen? Ist das denn so wichtig? Ich finde dich, wenn mir danach ist. Und du hast Glück! Auch mein Appetit ist wieder erwacht. Wollen wir?«
Sie hakte sich bei ihm unter. Noah sah sie mit gerunzelter Stirn an. Es gefiel ihm nicht, dass ihm die Kontrolle so entglitt. Er war ein Mann, der gern selbst die Spielregeln bestimmte und die Regie übernahm, gegen ihre Magie jedoch konnte er nichts ausrichten. Zumindest bemerkte er das überhaupt. Schwächere Charaktere als er dachten nicht einmal darüber nach, wie leicht sie ihren eigenen Willen über Bord warfen.
Lorena beschloss, ihm wenigstens die Illusion zu lassen, er habe die Situation im Griff. Sie setzte eine Miene auf, die, wie sie hoffte, sein Vertrauen wecken würde.
»Ich heiße Faith«, sagte sie und drückte seinen Arm.
Er lächelte. »Wie passend«, murmelte er. Ob er ihr glaubte oder nur die Botschaft hinnahm, wusste sie nicht, und das war ihr im Moment auch egal. Sie wollte Sex mit diesem wunderbaren Exemplar an Männlichkeit!
Und den bekam sie auch.
Lorena rekelte sich wie eine Katze. Sie war noch halb in ihren Träumen gefangen und genoss die Bilder und Gefühle, die Körper und Geist gleichermaßen wohlig erschaudern ließen.
Kein Wecker. Keine Arbeit. Sie war krankgeschrieben.
Es war gegen Mittag, als sie sich ihren Bademantel überzog und in der Küche Porridge für sich und den Kater kochte. So ein paar Krankheitstage waren nicht übel. Warum nur hatte sie
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