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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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auf Strom reagierte, und so hatte sie sich, als sie in diese Wohnung nach Notting Hill gezogen war, diese perfide kleine Konstruktion ausgedacht und von einem Handwerker einbauen lassen. War der Riegel einmal vorgeschoben und der Stromkreis geschlossen, konnte man ihn zwischen Mitternacht und ein Uhr am Morgen nicht unterbrechen. Erst danach, wenn sie zu sich selbst zurückgekehrt war und die Vernunft wieder die Oberhand gewann, war es ihr möglich, den Strom abzuschalten.
    Sie erinnerte sich noch an das Gesicht des Handwerkers, der ihren Plan umgesetzt hatte. Es stand in seiner Miene, dass er sie für verrückt oder für gemeingefährlich oder auch für beides hielt. Er wollte nicht einmal das großzügige Trinkgeld annehmen, das sie ihm hatte geben wollen. Er war nur froh, diesen seltsamen Auftrag erledigt zu haben und von hier unbeschadet wieder fortzukommen. Es war auf alle Fälle eine kluge Entscheidung gewesen, einen Handwerker aus dem Eastend zu beauftragen, der ganz sicher sonst keine Aufträge hier in der Gegend bekam, und so blieb der gefürchtete Klatsch in der Nachbarschaft aus.
    Pünktlich um Mitternacht wandelte sich Lorena in die Gestalt des Nachtmahrs. Zornig stand sie vor der verschlossenen Tür, doch sie wusste, dagegen kam sie nicht an. Frustriert ballte sie die Hände zu Fäusten. Die Nacht war dazu geschaffen, durch die Stadt zu streifen oder über ihre Dächer zu gleiten, den Wind in ihren Schwingen. Das war Freiheit! Sie wollte die Wonne genießen, sich fallen zu lassen und aufgefangen zu werden von der nächsten Böe, die sie über die Parkbäume hinwegtrug. Und sie sehnte sich nach der Lust in den Armen eines Mannes.
    Nach der Lust in Noahs Armen.
    Hasserfüllt starrte sie den Riegel an.
    Verflucht, warum nur tat sie sich das selbst an? Was schadete es, wenn sie zu Noah ging? Er hatte Spaß am Sex und sie auch. Sie waren erwachsen und durften tun, was ihnen beliebte. Das konnte nicht schaden.
    Oder doch? Genau das war das Problem, dem Lorena noch nicht auf den Grund hatte folgen können.
    Es war nur so ein Gefühl, das eine dumpfe Angst in ihr auslöste, sobald sie daran dachte. Es gab so viele Lücken in ihren Erinnerungen, die danach verlangten, wieder gefüllt zu werden. Aber wollte sie das wirklich? Sie ahnte, dass es Balsam für ihr Gemüt war, die Erinnerungen verdrängt zu haben. Und gerade das bereitete ihr Angst. Es war wie ein tiefer Abgrund, mitten in ihrer Seele, bis zu dessen Boden sie nicht sehen konnte. Nur ihre Ahnung sagte ihr, dass ihr das, was dort unten unruhig zuckte, ganz und gar nicht gefallen würde.

Kapitel 5
DIE WANDLUNG
    Raika blieb stehen und starrte feindselig auf das geschlossene Tor von Gryphon Manor. Sie gab dem Flügel einen heftigen Stoß, sodass er mit einem leisen Quietschen aufschwang, dann durchquerte sie mit langen Schritten die Auffahrt.
    Was machte sie hier? Warum rief die Lady sie schon wieder zu sich? Wollte sie ihr noch einmal den Kopf waschen? Sie hatte, wie befohlen, gekündigt und sich eine neue Wohnung besorgt. Was konnte sie noch von ihr wollen? Gut, das mit dem Unfall war eben passiert. Dafür konnte sie nichts. Fast nichts. Es war nur so ein Impuls gewesen. War es ihre Schuld, dass es so viele labile Männer gab? Durfte man denn gar keinen Spaß mehr haben? Sollte sie sich etwa wie die Lady in einem muffigen, alten Herrenhaus einschließen, bis sie unter Staub begraben wurde oder selbst zu Staub zerfiel? Wütend hämmerte Raika an das Eingangstor, das bereits nach dem zweiten Wummern geöffnet wurde.
    Der Butler ließ sich nichts anmerken. Weder zeigte seine Miene, dass er sich darüber wunderte, sie schon wieder hier zu sehen, noch dass er ihren ungestümen Zorn zur Kenntnis genommen hatte. »Folgen Sie mir. Mylady erwartet Sie«, sagte er mit der Stimme eines Geistes. Vielleicht war er das ja auch. Nein, eher ein toter Körper, der nur noch mechanisch Befehle ausführte und dessen Geist ihn schon lange verlassen hatte. Was die Lady wohl mit ihm gemacht hat, um ihn in diesen Zustand zu versetzen , fragte sich Raika und konnte sich eines Schauderns nicht erwehren. Sie selbst war nicht zimperlich, wenn es um Männer ging. Sie nahm sich, was ihr gefiel, und ließ sie fallen, wenn sie ihr kein Vergnügen mehr bereiteten. Die meisten langweilten sie bereits nach wenigen Nächten. Was mit ihnen geschah, nachdem sie sie wieder fortgeschickt hatte, interessierte Raika nicht. Erholten sie sich jemals von ihrer Begegnung mit dem Nachtmahr? Sie wusste

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