Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
hoffen, das alles nur geträumt zu haben.
Noah bewegte sich wieder.
Sie musste hier weg! Was, wenn er aufwachen würde? Er wäre nicht erfreut, eine Frau neben sich zu finden, die er nicht kannte. Oder noch schlimmer, an die er sich zwar erinnerte, die er jedoch nicht mit in sein Bett genommen hatte.
Und Jason?
Ihr Inneres verkrampfte sich in Schuldgefühlen. Es war ihr, als habe sie ihn betrogen.
Das ist doch Unsinn!
Schließlich war sie nicht mit ihm zusammen. Und dennoch plagte sie ihr Gewissen. Sie hatte sich in Jason verliebt, zum zweiten Mal in ihrem Leben – nur um ihn dann gleich mit einem athletischen Schwarzen zu betrügen?
Das war nicht ich!, protestierte sie. Das war dieses Wesen in mir.
Was für eine dumme Ausrede. Sie und der Nachtmahr waren eins, dieselbe Frau. Wann würde sie das endlich akzeptieren?
Niemals! Sie hatte mit diesem Monster in sich nichts gemein, das wahllos Männer zu wildem Sex verführte.
Das nur auslebt, was du in deinen heimlichen Träumen versteckst!
Nein!
Wie auch immer. Erneut zuckte Noah neben ihr. Sie spürte, dass er nun kurz davor war aufzuwachen. Eine Uhr irgendwo in der Wohnung schlug fünf Mal. Es war höchste Zeit, dass sie sich aus dem Staub machte.
Vorsichtig rutschte sie unter der Decke hervor und tastete sich dann nackt, wie sie war, aus dem Schlafzimmer. Ihr Unterbewusstsein fand trotz der Dunkelheit den Weg durch den Gang bis zur Haustür, wo ihr Fuß gegen eine Jeans und andere Kleidungsstücke stieß. Lorena bückte sich und suchte die ihren heraus. Bis auf ihre Socken fand sie alles und schlüpfte in die noch immer feuchten Kleider. Dann öffnete sie leise die Wohnungstür und schob sich hinaus.
Irgendwo klingelte etwas. Lorena ignorierte es. Sie war so müde.
Das Klingeln hörte auf. Gott sei Dank! Sie drehte sich auf die andere Seite und stieß gegen den Kater, der sich mit einem protestierenden Maunzen erhob.
Dann begann es erneut zu klingeln. Dieses Mal erkannte sie den Klingelton ihres Handys.
Was sollte diese Störung mitten in der Nacht?
Lorena riss die Augen auf und blickte in ihr lichtdurchflutetes Schlafzimmer. Während sie das Handy vom Nachttisch angelte, warf sie einen Blick auf die Uhr.
Neun.
Neun? Was für ein Tag war heute?
Die Frage beantwortete ihr der Anrufer.
»Es ist Montag, neun Uhr, und wir fragen uns, wo du bleibst!«
»David?«, krächzte sie.
»Ja, höchstpersönlich. Und ich will dir nur raten, dich zu beeilen. Es gibt da einen Chef, der bereits vor zehn Minuten seine erste Runde durch das Büro gedreht hat und dem es sicher nicht entgangen ist, dass dein Platz noch leer ist.«
»O nein!« Lorena stöhnte auf und schwang die Beine aus dem Bett. Sie steckten in einer schmutzigen Jeans. Sie trug sogar noch ihre ausgetretenen Turnschuhe an den nackten Füßen.
»Wie hörst du dich denn an?«, erkundigte sich David. »Bist du krank?«
Lorena nickte eifrig. »Ja, sorry, ich fürchte, ich habe mir übers Wochenende was eingefangen. Es tut mir leid. Ich fühle mich so schlecht.« Das wenigstens war nicht gelogen.
»Tja, da kann man nichts machen. Geh zum Arzt und lass dir eine Krankmeldung ausstellen«, riet David. Sie hörte seinen Zweifel in der Stimme. Sie war noch nie krank gewesen, seit sie bei der HSBC arbeitete. Andererseits hatte sie auch noch nie verschlafen oder sich – wie so manch anderer Kollege – einen blauen Montag gegönnt. So schwang dann doch Bedauern in seiner Stimme, als er ihr gute Besserung wünschte.
Lorena legte auf und sank in ihr Bett zurück.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Drei Jahre hatte sie alles im Griff gehabt, und nun das!
Nur weil sie Jason wiedergetroffen hatte. Er hatte ihre wohlgeordnete Welt aus den Fugen gerissen.
Quatsch! Du kannst jetzt nicht ihm die Schuld für deine eigene Schwäche geben. Und nun raus aus dem Bett!
Auf müden Beinen schlich Lorena ins Bad, schälte sich aus ihren restlichen Kleidern und stellte die Dusche an. Sie hätte einfach nur weinen mögen, so elend fühlte sie sich. Noch schlimmer als an all den anderen Tagen, und dazu drückte sie noch ihr schlechtes Gewissen.
Dir geht es schlecht? Gut so! Das hast du nicht besser verdient, schimpfte ihre innere Stimme.
Sie duschte noch länger als sonst, fühlte sich aber kaum erfrischt, als sie in die Küche humpelte und dem Kater seine Schale auffüllte. Sie selbst hatte ausnahmsweise keinen Appetit.
Vielleicht wurde sie ja doch krank?
Blödsinn! Bilde dir nur nichts ein. Deine einzige
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