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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Unterwegs wird der Zusatz abgeladen und schwarz
verkauft. In der Buchhaltung taucht ja nur das auf, was im Sägewerk ankommt.«
    »Sauber, und das ist kein Einzelfall?«
    »Einzelfall? Du bist gut. Es ist ein Einzelfall, wenn
einer nicht bescheißt. Ich hab einen Fuhrunternehmer, bei dem ich immer
mitfahren muss, weil der bekannt dafür ist, zwischendurch mal Ladung zu
›verlieren‹. Und auf dem großen Haufen im Sägewerk, wer will da noch so genau
wissen, welches Holz von wem stammte? Die Zeichen auf den Stämmen, die kann man
nicht mehr so gut oder gar nicht lesen. Sachen hab ich da erlebt!« Hajo hielt
die Nase in sein Glas, nahm Witterung auf, dann trank er. »Herrlich!« Und damit
war der Wein gemeint, nicht das Geschäft mit dem Wald.
    »Aber wie hab ich mir das vorzustellen, ich meine, das
Holz wird doch erst mal geschlagen und muss ja irgendwo gesägt werden?« Gerhard
merkte, dass es viele Lebensbereiche gab, von denen er gar nichts wusste.
    »Ja, aber das kann in aller Intimität
vonstattengehen.« Hajo grinste. »Du kennst diese mobilen Sägewerke nicht,
oder?«
    Gerhard schüttelte den Kopf.
    »Das ist so. Mobile Sägewerke sind sozusagen so eine
Art Klapp-mich-zieh-dich. Mit einem Unimog werden die in situ gezogen und dann
zu voller Länge ausgeklappt. Der Säger beginnt dann das ganze Monstrum
auszurichten, bis es im Wasser ist. Dazu hat es herausdrehbare Beine, wobei der
Untergrund natürlich von Haus aus gerade sein muss. Da sägst du dann und lädst
auch dort gleich deine Stämme auf das Fuhrwerk. Die, die legal auftauchen, und
die illegalen Kameraden auch.«
    »Du meinst also, da kommt so einiges an rabenschwarzen
Euros zusammen?«, fragte Gerhard.
    »Das kann ich dir versichern! Nimm mal pro Fuhre
zwanzig schwarze Festmeter an, dann sind das eintausendfünfhundert Euro, wenn
wir mal fünfundsiebzig Euro für den Festmeter rechnen. Gar nicht so übel,
oder?«
    »Und das kann man nicht kontrollieren?«
    »Wie denn – und wer wollte das schon? Ich erzähl dir
mal ‘ne kleine Geschichte. Ich hab mal zusammen mit einem Kollegen einen
Vorstoß bei oberen bayerischen Behörden gemacht und habe aus der Luft, aus dem
Flugzeug, Holz- und auch Wildbestand über den Einsatz von Infrarotsensoren
gemessen. Das fanden die so lange eine gute Idee, wie das rechnerische Ergebnis
gefallen hatte. Hatte es aber nicht, explizit haben die mir gesagt, dass sie so
genau den Einschlag von Holz gar nicht wissen wollten. Vom Wild ganz zu
schweigen.«
    »Wild?«
    »Na ja, Abschusspläne entstehen ja aufgrund der
Verbissgutachten und aufgrund des Ist-Zustands. Das Witzige war, dass wir
nachgewiesen haben, dass es in bestimmten Bereichen gar keine Hirsche mehr gab,
dennoch aber Abschusspläne für Phantomhirsche. Wie schießen, was gar nicht
existiert?«
    »Aber deine Infrarotbilder sind doch unbestechlich?«
    »Hmm, aber nicht gefragt, und die Waldlobbyisten auf
der einen und die Tierschützer auf der anderen Seite wollten da doch lieber
ihren bestellten Gutachtern und ihren gekauften Professoren glauben.« Hajo
starrte in seinen Luganer, und Gerhard spürte, dass so viel Filz einen
intelligenten Menschen wie Hajo beleidigte und der ganze Holzsumpf ihn
abgestumpft hatte. Bevor die Stimmung zu sehr ins Melancholische abdriftete,
ging Gerhard in die Offensive.
    »Sag mal, ich würde gerne deine Kunst testen. Können
wir denn nicht über Erhards Wald fliegen und ein bisschen spionieren? Warte …«
Gerhard sprang auf, ging in seine Wohnung und kam kurze Zeit später mit einigen
Papieren wieder. »Das sind die Grundbuchauszüge, damit wir wissen, was dem
guten Erhard so gehört.«
    Hajo war Feuer und Flamme und steuerte Kartenmaterial
bei, über das sie sich beugten. Erhards Ländereien bestanden aus rund vierzig
Hektar östlich von Schönberg und weiteren zweiundachtzig Hektar am Hohen
Trauchberg.
    »Wir fliegen morgen«, meinte Hajo plötzlich und
stürmte zum Telefon.
    Gerhard hörte ihn im Hintergrund reden, und als er
zurückkam, strahlte er richtig.
    »Ich hab das geklärt. Wir haben die Cessna morgen, sie
steht in Eschenlohe. Und mit diesem Baby werden wir uns in die Lüfte erheben.«
Hajo hob das Glas, der Luganer war leer, Gerhards drittes Weißbier auch, und
mit einem kräftigen Handschlag verabschiedeten sich die Männer.
    Als Gerhard aus dem Bett kletterte, war es schon wieder
ungewöhnlich warm. Viel zu warm für Oktober. Hajo kam ihm im Hof entgegen und
drückte ihm eine Tasse Kaffee in die Hand. »Gutes

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