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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Tipp mit dem Dachs
gegeben. Kriminalistisch einwandfrei. Heute war Gerhard froh über Melanies
Eigenmächtigkeit. Und siehe: In einem der Boote hatte man DNS von Jacky gefunden, im zweiten Boot
hatte sich Dreck befunden, der aus dem Profil fester Schuhe gefallen war. Aus
Schuhen Größe vierundvierzig. Der Dreck war ein Gemisch aus frischem Sägemehl,
Silo und Kuhscheiße.
    »Sauber, danke Melanie, danke! Tolle Arbeit«, rief
Gerhard.
    Baier und Evi sahen ihn gespannt an. »Ja, was jetzt?«
    Gerhard berichtete.
    »Dann müssen wir sofort Erhards Schuhe untersuchen.
Sägemehl, Silo und Kuhscheiße, das kann ja nur von einem Waldbauern stammen!«
Evi wirkte richtig aufgeregt.
    »Mit der Ruhe, gemach, meine Beste«, rief Baier.
»Keine voreiligen Schlüsse.«
    Gerhard nickte zustimmend, und doch war er sich in dem
Moment absolut sicher, dass die Abdrücke zu Erhard passen würden. Erhard, der
Holzkopf, von dem er doch immer angenommen hatte, der Mann habe ganz tief
drinnen ein gutes Herz. Ein verwundbares Herz. Wenn er nun aber doch der Mörder
von Jacky war? Sie hatten ihn immer im Auge gehabt und doch nur auf den
Vordergrund geblickt. Das Hintergründige war ihnen verborgen geblieben. Noch
ein Gedanke schoss durch seinen Kopf: Was, wenn Erhard womöglich doch der
Handlanger von Friedl war?
    Baier hatte mittlerweile die Rechnung bezahlt und
wiegelte Evis Versuch, ihren Anteil selbst zu übernehmen, ab. »Werteste, ich
beziehe noch eine Rente, was jungen Menschen Ihrer Generation womöglich versagt
sein wird. Nehmen Sie das als Vorauszahlung an, sozusagen der
Generationenvertrag andersrum. Denken Sie an mich, wenn Sie mit siebzig immer
noch arbeiten oder als militante Rentnergang Mülltonnen durchwühlen und die
wenigen jungen Leute überfallen.« Er lächelte verschmitzt und bat noch darum,
die beiden mögen ihn über den Fall auf dem Laufenden halten.
    Gerhard sah Baier grinsend nach. Evi schüttelte nur
den Kopf und meinte: »Also auf zu Erhard, Schuhe besichtigen.« Sie forderte
eine zusätzliche Streife an, bevor sie das Dachs verließen.

Kapitel 11
    »Ich war es endlich müde,
    mich wegzuwerfen.
    Trauben zu suchen in der Wüste
    und Blumen über dem Eisfeld.«
    Hölderlin, Hyperion
    Der Böbinger Berg wurde ihnen allmählich zur
Hausstrecke und das Anwesen der Erhards fast schon zur zweiten Heimat. Die
Geranien sahen immer noch prächtig aus, der erste Frost hatte ihnen noch nicht
zugesetzt. Die bunten Blätter auf der gekiesten Einfahrt raschelten, der Hahn
beschwerte sich lautstark über die Störung, die Hennen scharrten unbeeindruckt
weiter. Erhard war in einem kleinen Nebengebäude, in dem er Schafe hielt. Er
war gerade beim Ausmisten.
    »Ihr scho wiedr«, brummte er, und dann schaute er
Gerhard zum ersten Mal fest ins Gesicht. »Do hosch Glück ghabt.« Er schickte
ein »Gott sei Dank« hinterher.
    »Ja, danke, Herr Erhard«, sagte Gerhard und ließ den
Blick über die Schafe schweifen. Lange passierte nichts. Evi sah irritiert vom
einen zum anderen. Erhard hatte sich auf seine Mistgabel aufgestützt, Gerhard
lehnte an einem Pfosten.
    »Herr Erhard, ich erzähl Ihnen jetzt mal was. Und mir
wäre es wirklich lieb, wenn Sie mir genau zuhören und diesmal die Wahrheit
sagen, und zwar die ganze Wahrheit.« Er machte eine Pause. »Wir haben zwei
Boote gefunden, das eine war definitiv jenes Boot, auf dem sich Jacky befunden
hatte. Das zweite Boot hat wohl der Mörder gesteuert. Es gibt Fußabdrücke und
das, was eine Profilsohle ausgespuckt hat. Sägemehl, Silo und Kuhmist. Die
Schuhe haben Größe vierundvierzig. Was haben Sie denn für eine Schuhgröße?«
    »Vierundvierzig«, sagte Erhard.
    »Nun, Herr Erhard, ich kann jetzt alle Ihre Schuhe
einkassieren und die untersuchen lassen. Wenn Sie das entsprechende Paar
weggeworfen haben, ist das egal, denn die modernen kriminaltechnischen Methoden
werden auch so beweisen, dass der Dreck genau von Ihrem Hof stammt. Das wird
alles etwas dauern, aber dann wird rauskommen, dass Sie der Mann auf dem
zweiten Boot waren. Dann muss ich Sie verhaften. Besser wäre es, Sie würden
jetzt gleich mal reden, denn, Herr Erhard: Sie waren das auf dem Boot, oder?«
Gerhard hatte seine Lümmelposition noch immer nicht aufgegeben, es war, als
plätschere ein Gespräch im Plauderton einfach so dahin.
    »So«, sagte Erhard schließlich.
    Ein Schaf mähte, eine Kuh antwortete von irgendwoher.
    »Kemmts mit«, sagte Erhard schließlich, lehnte die
Gabel an die Wand und ging langsam über

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