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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verletzlich, so jung und so verunsichert vorgekommen wie in diesem Moment.
    Und noch nie war sie sich selbst so verletzlich und verunsichert vorgekommen.
    »So ist das also«, sagte sie schließlich, und Melanie nickte nur.
    »Dann können wir ja jetzt mit dem Versteckspiel aufhören.«
    »Mhm.«
    »Schwänzt du gerade die Schule, oder wie seh ich das?«
    »Das siehst du falsch. Die machen heute einen blödsinnigen Ausflug. So was Ähnliches wie ’n Wandertag, und das muss ich nicht haben. Außerdem ist das freiwillig.«
    Susanne wurde plötzlich übel, und sie war dankbar, als Ben mit dem Kaffee hereinkam.
    »Kannst du mir den Gefallen tun und dich anziehen?«, sagte sie zu Melanie.
    Melanie nickte kaum merklich und verschwand im Schlafzimmer.
    Ben goss stumm den Kaffee ein.
    »Wie alt bist du genau?« Susanne sah Ben kampflustig an. Ihre kurze Verunsicherung war wieder verschwunden.
    »Einunddreißig.«
    »Und Melanie ist siebzehn.«
    »Fast achtzehn.«
    »Gut. Fast achtzehn. Wenn du doch auch bei den Ermittlungen so verflucht pingelig und genau sein würdest!«
    Die Schlacht war eröffnet, und jetzt pfiff Ben augenblicklich zurück. »Ich finde, du solltest nicht alles in einen Topf werfen. Bei Ermittlungen schmeißt du ja auch nicht alle Fälle zusammen.«
    »Okay. Versuchen wir, sachlich zu bleiben. Meine Tochter ist vierzehn Jahre jünger als du. Findest du das in Ordnung?«
    »Am Anfang dachte ich, es wäre ein Problem. Aber es ist keins. Im Gegenteil. In manchen Dingen ist mir Melly sogar ein Stück weit voraus.«
    »Zum Beispiel?«
    »Willst du unbedingt, dass ich ins Detail gehe?«
    »Nein.« Susanne stöhnte auf. »Sonst wird mir wahrscheinlich noch übler, als mir sowieso schon ist.«
    Ben kommentierte den Satz nicht. »Es tut mir leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest. Wir wollten es dir anders beibringen. Wir wussten zwar noch nicht genau, wann und wie, aber anders in jedem Fall.«
    »Wie zartfühlend.« Susanne bekam ihren sarkastischen Ton einfach nicht in den Griff. Das ärgerte sie selbst, aber sie konnte es nicht ändern.
    »Wie lange geht das schon so?«
    »Fast fünf Monate. Melly hat vor dem Präsidium gewartet, weil sie dich abholen wollte.« Ben grinste. »Aber du hattest noch irgendwas zu tun, jedenfalls dauerte es länger, das richtete ich Melly aus, und dann sind wir einen Kaffee trinken gegangen. Es war Zufall. Ich kannte sie ja vom Sehen, aber ich hätte nie gedacht, dass ich mich so toll mit ihr unterhalten würde. Und so ist es dann irgendwann passiert.«
    »Im Grunde bin ich also schuld an der ganzen Sache.«
    »Im Grunde schon.« Ben lachte, und auch Susanne merkte, wie sie sich ein kleines bisschen entspannte.
    Melanie kam fertig angezogen herein, schenkte sich ebenfalls Kaffee ein und setzte sich dazu.
    »Ich würde ja gern tut mir leid, Mama sagen, weißt du, aber das geht nicht, weil es mir nicht leidtut, denn es ist klasse, so wie es ist.«
    »Das mag sein. Aber ich brauche ein bisschen Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen. Falls ich mich überhaupt jemals daran gewöhnen kann, dass meine Tochter und mein Kollege … Oh Gott!«
    Melanie setzte sich neben ihre Mutter und legte den Arm um sie. Eine zärtliche Geste, die Susanne Monate oder wahrscheinlich sogar schon Jahre nicht mehr erlebt, aber schmerzlich vermisst hatte. Daher nahm auch sie ihre Tochter in den Arm und hatte Mühe, die Tränen hinunterzuschlucken, die ihr in die Augen schossen und ihr Gesicht zum Glühen brachten.
    Ben ließ den beiden eine Weile Zeit und fragte dann vorsichtig: »Aber was ist passiert? Warum bist du gekommen?«
    Susanne befreite sich aus der Umarmung, schniefte einmal kurz und deutete auf den Briefumschlag.
    »Unsere Prinzessin hat geschrieben. Wieder in Rätselform. Du bist gefragt. Bitte versuche, es so schnell wie möglich zu entschlüsseln.«
    Ben sah Melanie an. »Ich kann das nicht. Ich hätte auch das letzte Mal das Rätsel niemals lösen können, aber deine Tochter kann das.«
    Melanie nickte. »Zeig her.«
    Susanne gab ihr fassungslos den Brief. Melanie verzog sich damit an Bens Schreibtisch und benötigte keine zehn Minuten, dann hatte sie den Text entschlüsselt.
    Ich habe mich ja gar nicht zurückgemeldet.
Entschuldigen Sie vielmals. Wie unhöflich von mir.
Aber sicher haben Sie es selbst gemerkt.
Anbei wieder ein kleines, sehr persönliches Geschenk.
    Susanne und Ben sahen sich an.
    »Das kleine, sehr persönliche Geschenk ist die Locke. Diesmal in Schwarz. Wieder

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