Nachtprinzessin
öffnete eine Zigarrenkiste.
»Hört sich saublöd an, ich weiß, aber es sind wirklich echte Havannas. Willst du mal eine probieren?«
Matthias schüttelte den Kopf. »Ich glaube, mir wird schlecht.«
»So was denkt man, aber so was sagt man nicht«, meinte Friedrich grinsend. »Gib dir um Gottes willen nie eine Blöße, Jungchen. Haste gar nicht nötig. Du bist der Größte – und basta. Alles andere interessiert nicht. Sonst guckste in die Röhre und kriegst keinen Auftrag. So einfach ist das. Und wenn du dann einen Fisch an Land gezogen hast, mit dem du absolut nichts anfangen kannst, dann musst du dich halt schlaumachen. Das ist jedenfalls immer das kleinere Problem.«
Während er sich die Havanna anzündete, stand Friedrich auf und ging in den Salon. Matthias folgte ihm.
»Guck dir mal hier die Teppiche in diesem Salon an, Jungchen«, sagte Friedrich. »Die sind ein Vermögen wert, aber es interessiert mich einen Dreck. Wenn ich aus dem Stall komme, klebt der Mist an meinen Stiefeln, aber keiner traut sich, mir zu sagen, ich soll die verdammten Schuhe ausziehen. Und weißt du, warum?« Er lachte laut. »Weil mir dieser ganze verfluchte Laden hier gehört!«
Friedrich lachte so, dass er husten musste.
»Tja, allein hier in diesem Zimmer liegt ’ne gute halbe Million auf dem Boden, und alle trampeln drauf rum. So ’n Teppich wird ja nicht besser, wenn jeder die Hundescheiße reintritt, die er von draußen mitschleppt, aber ich finde, das hat Stil. Findest du nicht auch?«
Matthias war sprachlos und antwortete nicht.
»Aber was ich dir erzählen wollte – vor zwei Jahren, Mechthild und ich waren, glaub ich, gerade in Dubai, da haben sie hier eingebrochen. Sind mit ’nem Laster vorgefahren und haben bei Nacht und Nebel die ganze Bude ausgeräumt. Wir haben ja keine Nachbarn, und da waren sie vollkommen ungestört. Aber es waren Vollidioten. Manche sind so dämlich, dass sie noch nicht mal beim Klauen einen anständigen Reibach machen können. Karriere macht man nur mit anständiger Bildung, auch eine kriminelle. Also, die Schwachköpfe haben allen möglichen unwichtigen Plunder mitgenommen: Fernseher, Videorekorder, irgendwelches Silberzeugs, sogar einen zentnerschweren Tresor haben sie abtransportiert, weil sie ihn nicht aufbekommen haben. Aber der war leer! Das hab ich der Versicherung natürlich nicht auf die Nase gebunden!« Er lachte erneut. »Die Teppiche haben sie liegen lassen, einfach weil sie keine Ahnung hatten … Aber was einmal passiert ist, kann ja auch noch einmal passieren. Und beim nächsten Mal kommen vielleicht nicht solche Trottel. Darum hab ich mir überlegt, vielleicht sollte ich die Teppiche versichern.«
»Wenn du willst, übernehm ich das für dich.«
Friedrich sah ihn überrascht an. »Na klar, warum nicht? Ich hasse es, mich um solchen Kram zu kümmern. Aber dabei musst du natürlich aufpassen. So eine Versicherung ist schweineteuer, und fünfzehn Prozent sind für den Versicherungsmakler. Und wenn du dem nicht mindestens sieben Prozent für dich aus den Rippen leierst, dann hast du irgend was falsch gemacht und gehst eben woanders hin.«
Matthias nickte. »Kein Problem.«
»Zeig mal deine Visitenkarte!« Friedrich hielt die Hand auf.
Matthias fummelte eine unscheinbare Karte aus seiner Jacketttasche. Friedrich warf einen Blick darauf und verdrehte die Augen.
»Ach du Heiliger! Was ist das denn? Das ist gar nichts, Jungchen, absoluter Schietkram! Die Dinger kannst du verbrennen! Selbst wenn du noch keinen Beruf hast – dein Beruf ist: von Steinfeld! Basta. Kapiert? Schreib irgendwas drunter. Eventmanager oder Aktionskünstler. Völlig wurscht. Die Welt will geblufft werden. Das ist traurig, aber wahr. So. Und jetzt wollen wir uns den Bauch vollschlagen. Mechthild ist bestimmt schon mit dem Essen fertig. Komm!«
Beim Abendessen führte Mechthild die Konversation, und das Gespräch plätscherte relativ belanglos vor sich hin, was Friedrich offenbar gar nicht behagte. Er langweilte sich und strahlte deutlich aus, wie überflüssig er nichtssagende Unterhaltungen fand. Er schlürfte und schmatzte laut, trank viel und schnell und warf schließlich seine Serviette auf den Tisch.
»Eins wollte ich dir noch sagen, Jungchen, bevor wir alle zu betrunken sind, um noch irgendetwas zu begreifen: Erwarte bloß nichts von den Dornwalds, von meiner lieben Familie. Du hast da in eine Räuberhöhle eingeheiratet. Da ist einer schlimmer als der andere und gönnt seinem Nächsten
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