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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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Rain nicht hierhergebracht hatte, wo waren die beiden dann?
    „Wenn ich mir vorstelle, dass wir vor ein paar Tagen hier waren und mit diesem Arschloch geredet haben“, knurrte McGrath und sah sich um.
    „Wenn ich Oliver Carteris wäre, hätte ich mich auch umgebracht“, bemerkte Thibodeaux sarkastisch. Er stand vor einerGlastür, die auf eine ebenerdige Veranda hinausführte. Von dort aus hatte man einen wunderbaren Blick über den üppigen, parkähnlichen Garten und den Swimmingpool. „Was für eine jämmerliche Hütte …“
    Er unterbrach sich, als einer der FBI-Agenten auf dem Treppenabsatz im ersten Stock erschien. „Agent Rivette, hier oben gibt es etwas, das Sie sich ansehen sollten.“
    Trevor nahm zwei Stufen auf einmal. Die Detectives folgten ihm die Treppe hinauf, den Flur entlang und in das große Schlafzimmer. Die Suite war geräumig, mit schweren antiken Möbeln und einer eleganten, männlich anmutenden Ausstattung. Doch es war der große Kleiderschrank, der Trevors Aufmerksamkeit auf sich zog. Er trat näher. Die Türen aus schwarzem Walnussholz standen offen. Die Innenseiten waren mit Fotos übersät. Rain beim Unkrautjäten in ihrem Blumengarten – ihr rotgoldenes Haar leuchtet in der Sonne. Rain, die in einem grünen Top und einer fließenden schwarzen Hose den Radiosender verlässt. Rain auf einer Decke, ein Buch lesend, wahrscheinlich im Coliseum Square. Es waren Dutzende von Schnappschüssen. Die Ecken überlappten sich, und neuere Bilder waren über die älteren geklebt worden. Trevor erkannte sich selbst auf einem der Fotos wieder. Er stand neben Rain und wartete, als sie die Tür zu ihrem Haus aufschloss.
    „Rufen Sie die Spurensicherung an, und sagen Sie ihnen, wir brauchen sie hier. In der Zwischenzeit dürfen hier keine weiteren Leute ins Zimmer“, sagte er. Sein Hals war wie zugeschnürt. Der Kollege, der sie hergeführt hatte, nickte und verschwand im Flur.
    McGrath reichte Trevor ein Paar Latexhandschuhe und betrachtete die Fotocollage. „Da sind keine Bilder von den anderen Opfern. Warum?“
    „Weil Rain die Frau ist, die er die ganze Zeit haben wollte.“
    „Wenn es nur um Dr. Sommers ging, warum hat Carteris sie nicht gleich von Anfang an entführt? Warum all die anderen Morde?“
    „Vielleicht hat Graf Dracula einen großen Appetit“, erklangThibodeaux’ Stimme von der anderen Seite des Zimmers. Der Detective durchsuchte gerade die Schubladen eines antiken Sekretärs. „Die anderen Opfer waren sozusagen die Vorspeise. Und Dr. Sommers war das Hauptgericht.“
    Die Bemerkung versetzte Trevor einen Stich. Er durfte nicht in der Vergangenheitsform an Rain denken. Sie war noch am Leben. Sie musste einfach noch am Leben sein.
    Die Angst zerrte an ihm. Er starrte durch die bodentiefen Fenster des Zimmers, die einen malerischen Ausblick auf die St. Charles Avenue mit den prächtigen alten Villen und den stattlichen Bäumen boten. Carteris war ein Topkardiologe und saß im Verwaltungsrat des Krankenhauses. Er musste unglaublich viel zu tun haben. Wie kam es, dass er Zeit hatte, Rain zu verfolgen und so viele Bilder und Informationen zusammenzutragen? Hatte er Hilfe bekommen? Trevor dachte daran, wie man Olivers Leiche auf den Boden des Ascension heruntergelassen hatte.
    „Der Sohn hat sich umgebracht, weil er etwas über die Morde wusste“, sagte er ruhig. „Entweder das, oder er hing unmittelbar mit drin. Er konnte mit der Schuld nicht umgehen.“
    „Ja?“ McGrath schob die Maßanzüge und Hemden auf der Suche nach weiteren Beweisen im Schrank hin und her. „Wie kommen Sie darauf?“
    Trevor antwortete nicht. Er war noch dabei, über seine Theorie nachzudenken. Wieder fiel ihm der Altersunterschied zwischen den Opfern in New Orleans und denen in den anderen Städten ein. In allen Orten gab es größere Universitäten und medizinische Einrichtungen. War es möglich, dass Carteris eine Vorlesungsreise unternommen hatte? War Carteris außerhalb von New Orleans der alleinige Täter gewesen und hatte hier, zu Hause, Oliver dazu benutzt, die Frauen anzulocken? Das würde erklären, warum die hiesigen Opfer jünger waren – schließlich war Oliver selbst noch ein Teenager. Und nicht zu vergessen: Größe und Haarfarbe des Jungen passten zu der vagen Beschreibung von Marcy Cupich.
    Wenn Carteris eine Beziehung zu seinem Sohn aufgebauthatte, die auf der Dominanz des Vaters und der Unterwürfigkeit des Sohnes beruhte, dann könnte Oliver dazu gezwungen gewesen sein, den

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