Nachtruf (German Edition)
zusammengedrängt stehenden Häuser unterzugehen. Die Gegend hier gehörte zwar nicht zum Quarter , doch die Frenchmen Street war fast genauso belebt und beliebt. Verrauchte Bars und gemütliche Restaurants reihten sich zu beiden Seiten der Straße aneinander. Die Töne einer Bassgitarre drangen aus einem der Musikclubs. Es klang, als ob das Instrument für den Abend gestimmt wurde. Trevor warf einen Blick auf die Uhr und überschlug, wie viel Zeit er brauchen würde, um zum Studio von WNOR im Central Business District zu gelangen.
Sein Wagen, ein gemieteter Ford Taurus, parkte in einer schmalen Gasse hinter dem Restaurant. Als Trevor um die Ecke bog, bemerkte er, dass im Inneren des Wagens Licht brannte. Die Fahrertür stand offen. Er verlangsamte seinen Schritt, setzte die Computertasche ab, zog seine Waffe und sah sich in der abgeschiedenen Straße um.
Nichts. Er schien allein zu sein.
Vorsichtig näherte er sich dem Wagen, rutschte vorsichtig auf den Fahrersitz und entfernte den Anhänger, der an einem Lederband vom Rückspiegel baumelte. Die mit Strasssteinen verzierte Fleur de Lis im Gothic-Stil schimmerte matt. Trevor spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Wahrscheinlich gehörte der Lilien-Anhänger der unbekannten Toten.
Es war nicht das erste Mal, dass der Mann, dem er schon so lange auf den Fersen war, ihm eine Trophäe hinterließ. Damit wollte er Trevor daran erinnern, dass er ihm immer einen Schritt voraus war. Aber es war das erste Mal, dass er etwas persönlich abgeliefert hatte.
Und das hieß, dass der Killer noch immer in New Orleans war.
7. KAPITEL
„Wo warst du den ganzen Abend?“, wollte David wissen, als Rain durch die Eingangstür des Radiosenders kam. Er stand an der Rezeption, die modern in Chrom und Glas gehalten war, und ging die Playlist für den Abend durch. „Ich bin bei dir vorbeigefahren, um dich mitzunehmen.“
„Tut mir leid. Ich hatte ein paar Besorgungen zu machen.“ Rain hoffte, er würde nicht nach Details fragen. Die Wahrheit war, dass sie ihm aus dem Weg gegangen war, als er vorhin vor ihrem Haus gehalten hatte. Als David an die Eingangstür geklopft hatte, hatte sie sich versteckt und durch die Fenster des Wohnzimmers gespäht. Schließlich war er zu seinem Jaguar zurückgekehrt und davongefahren.
Zugegeben, es war nicht eben ein sehr erwachsenes Verhalten, das sie an den Tag legte. Doch die letzten vierundzwanzig Stunden hatten sie aus dem Gleichgewicht gebracht – angefangen bei dem Anrufer bei Midnight Confessions am vergangenen Abend bis zu dem Moment, als Trevor Rivette mit einer Waffe am Gürtel auf ihrer Veranda aufgetaucht war und ihr seine grausige Theorie über die Identität des Anrufers erklärt hatte. Sie brauchte also nicht noch David, der ihr auf die ohnehin lädierten Nerven ging.
Rain versuchte, an ihm vorbeizugelangen, aber er stellte sich ihr in den Weg. „Haben dir die Blumen gefallen?“
Sein Gesichtsausdruck erinnerte an ein erwartungsvoll hechelndes Hündchen. Als sie ihn am Nachmittag angerufen hatte, um ihm von dem Interesse des FBI an der Sendung zu berichten, hatte sie völlig vergessen, das Bouquet zu erwähnen.
„Ja. Danke. Die Blumen sind wunderschön.“
David maß sie mit einem Blick, musterte die elfenbeinfarbene Bluse aus Rohseide und die maßgeschneiderte schwarze Hose. „Was ich in dem Brief geschrieben habe, war mein Ernst …“
Er unterbrach sich mitten im Satz, als Ella aus Richtung Treppenhaus auftauchte.
„David, ich habe hier die Kopie der Sendung von gestern Abend.“ Sie stöckelte mit einer CD in der Hand hinter die Rezeption und tat so, als ob sie Rains Anwesenheit gar nicht bemerkte.
„Bring sie bitte zu Agent Rivette“, antwortete er herablassend. Rain entging die Verärgerung nicht, die in Ellas Augen aufblitzte. Die Assistentin drehte sich auf dem Absatz um und verschwand ins Innere des Studios. Der schwere Duft ihres Parfums begleitete sie.
„Wo ist er?“, wollte Rain wissen, sobald Ella außer Sichtweite war.
„Der FBI-Agent? Wartet im Produktionsraum. Warum klingt der Name Rivette so bekannt?“
„Er ist Brian Rivettes Bruder. Erinnerst du dich? Du hast Alex’ Partner doch mal kennengelernt.“
„Ach, Alex.“ David nickte knapp. Rain presste die Lippen aufeinander. Sie kannte die Abneigung zwischen David und ihrem Freund Alex Santos, die auf Gegenseitigkeit beruhte. „Jetzt, wo du es sagst, erkenne ich eine gewisse Ähnlichkeit. Also, ist dieser Agent Rivette auch
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