Nachtruf (German Edition)
Ecke Voodoo-Läden.“
„Tja, aber dieser Laden ist der einzig wahre. Nicht so ein alberner Touristenscheiß. Gehen Sie morgen früh mal dort vorbeiund sagen Sie der Hohepriesterin Hélène, ich hätte Sie geschickt.“
„Wozu?“ Trevor erwartete eine weitere von Thibodeaux’ scherzhaften Bemerkungen, aber die Miene des Detectives blieb ernst.
„Damit Sie sich ein Gris-Gris besorgen können, Sohn. Alle Cops hier tragen ein solches Schutzamulett – vielleicht sogar auch einige FBI-Agenten. Es scheint mir nämlich, als hätte dieser Vampir eine ziemliche Schwäche für Sie.“
„Trink das.“
David reichte Rain ein Kristallglas. Sie standen in der Küche des Hauses im Lower Garden District. Ohne seinen Blick von ihr zu wenden, nahm er einen Schluck aus seinem eigenen Glas und wartete, während sie trank.
„Ich hasse Bourbon“, gestand sie.
Sie stellte den Drink auf der Küchentheke ab, ging hinüber ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa. Sie legte sich eines der gestreiften kleinen Kissen auf ihren Schoß. Müde seufzend sah sie sich in dem vertrauten Raum um und versuchte, die Ereignisse des Abends beiseitezuschieben.
Ein weitverbreitetes Gerücht besagte, dass in diesem alten Gebäude Geister lebten. Ein Bus der Official Haunted New Orleans Tour fuhr sogar mehrmals in der Woche an ihrem Haus vorbei. Mehr als einmal hatte Rain gehört, wie der Busfahrer über Lautsprecher den wie besessen fotografierenden Touristen die Geschichte vom Mord an Desiree erzählt hatte. Doch welche Geister auch immer dieses Gemäuer bewohnten, sie hatte sich schon lange an sie gewöhnt und sich hier nie unsicher gefühlt. Zumindest nicht bis heute Abend.
„Was ist los mit dir, Rain?“
Sie sah auf und bemerkte, dass David ihr ins Wohnzimmer gefolgt war.
„Ich glaube, die Sache mit Dante hat mich ziemlich mitgenommen“, gab sie zu.
„Ich rede nicht von Dante.“ Er setzte sich neben sie und versank für einen Moment in dem Anblick der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in seinem Glas, bevor er weitersprach. „Ich rede von uns.“
Sie schloss die Augen. „David …“
„Was war das heute Abend zwischen dir und dem FBI-Agenten? Oder war das alles nur meinetwegen?“
„Bitte, tu das nicht“, beschwor sie ihn. „Nicht heute Abend.“
„Was soll ich nicht tun? Dich fragen, wo ich stehe?“
„Schläfst du noch mit ihr?“, unterbrach Rain ihn. Die Frage brach einfach aus ihr heraus. Etwas in ihr wollte wissen, ob er ihre Beziehung für mehr als einen einzigen One-Night-Stand weggeworfen hatte.
„Würde es dir was ausmachen, wenn ich es täte?“
Rain schwieg einen Augenblick lang. Dann schüttelte sie den Kopf und antwortete ehrlich: „Nein. Unsere Beziehung ist zu Ende.“
Sie hatte eine Lampe im Wohnzimmer eingeschaltet. Das gedämpfte Licht erhellte Davids Profil. Er hatte schmale, scharf geschnittene Züge, und sein olivfarbener Teint und das schwarze Haar verrieten seine kreolische Herkunft. Rain wusste, dass er in der Vergangenheit Beziehungen mit einigen Promis der Stadt gehabt hatte, ebenso mit einem international bekannten Model. Am Anfang hatte sie nicht verstanden, was ihn an ihr so fasziniert hatte. Sie empfand sich selbst als zu klein, hatte definitiv keine langen Beine und war alles andere als exotisch. Sie war überhaupt nicht sein Typ – im Gegensatz zu Ella LaRue, die zweifellos seinem Beuteschema entsprach.
„Ich will dich noch immer, Rain.“
„Du willst Midnight Confessions .“
„Ich dachte, du wolltest die Sendung auch.“ Er kippte den Rest seines Bourbons hinunter.
Jetzt oder nie, dachte sie. Es ist Zeit, ihm die Wahrheit zu sagen.
„Wir müssen uns über die Sendung unterhalten, David. Ichbin nicht sicher, ob ich meinen Vertrag erneuern möchte, wenn er ausläuft.“
Er stellte das Glas vor sich auf den Tisch und wischte sich mit der Hand über den Mund. Rain hielt die Stille kaum aus. Sie stand auf und ging über den geblümten Wohnzimmerteppich. Als seine Stimme erklang, drehte sie sich um.
„Hör mir zu.“ Er hatte sich ebenfalls vom Sofa erhoben. Mit einem Seufzen hob er die Arme, ehe er sie wieder sinken ließ. „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für dich, Midnight Confessions zu verlassen.“
„Es tut mir leid …“
„Ich habe es dir noch nicht erzählt, aber sie überlegen, die Talkshow auch an andere Radiosender zu verkaufen. Die Sendung müsste auf volle fünf Abende pro Woche ausgeweitet werden, doch wir wären ab Herbst auf sechs wichtigen
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