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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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mich von den Drogen loszubekommen.“ Alex kam zu ihm und stellte sich hinter ihn, und Brian holte kurz Luft, bevor er weitersprach. „Das war, bevor ich dich kennengelernt habe. Trevor hat sich beurlauben lassen, ist hierhergekommen und hat mir buchstäblich in den Hintern getreten. Er hat mich gegen meinen Widerstand in eine Drogenklinik geschleppt. Es war eine Privatklinik in Baton Rouge, die ihn ein Vermögen gekostet hat.“
    Alex schlang die Arme um Brians Taille und legte das Kinn auf dessen Schulter. „Was geschah dann?“
    „Ich habe den Entzug bei der ersten sich bietenden Gelegenheit abgebrochen. Wenn ich high war, war nichts mehr wichtig. Für mich zählte nur noch, diesen Zustand zu erhalten. Nachdem ich aus der Klinik abgehauen war, hat Trevor mich aufgegeben. Ich glaube, er wusste einfach nicht, was er sonst hätte tun sollen. Als wir uns das letzte Mal trafen, haben wir uns ein paar ziemlich üble Dinge an den Kopf geworfen.“
    „Zum Beispiel?“
    „Das spielt jetzt keine Rolle.“
    Auf einem Beistelltisch standen gerahmte Fotos – Bilder von Alex’ Eltern und seiner Schwester in Puerto Rico, Bilder vonAnnabelle und Haley und eines von Brians verstorbener Mutter Sarah. Brian nahm ein Bild zur Hand. Es war eine Aufnahme, die Alex erst kürzlich von ihm und Annabelle gemacht hatte. Sie standen zusammen auf einem Straßenfest in Marigny, dem Viertel, in dem Annabelle lebte. Dass Trevor nicht dabei war, verursachte Brian einen fast körperlichen Schmerz. Die Abwesenheit seines Bruders hatte eine Lücke in ihrer Familie hinterlassen, die noch immer klaffte. Es gab so vieles, was Alex nicht wusste. Aber es waren auch Dinge, bei denen Brian sich nicht sicher war, ob er sie jemals mit ihm würde teilen können.
    Er stellte das Foto zurück an seinen Platz. „Können wir über etwas anderes reden?“
    „Klar.“ Alex nahm Brians Hand und betrachtete die kohlebeschmierten Finger. „Dein Bruder … Ist er auch nur halb so scharf wie du?“ Sein Lächeln war vielsagend. Brian wusste, dass Alex versuchte, seine düstere Laune zu heben. „Denn wenn er das ist …“
    Alex ließ den Satz in der Luft hängen. Brian bedachte ihn mit einem halbherzigen Lachen. Er löste seine Hand aus Alex’ Griff und machte sich auf die Suche nach seinen anderen Zeichenutensilien.
    „Ich wäre vorsichtig. Er trägt eine Waffe bei sich.“
    „Und Handschellen? Bitte, lieber Gott, lass ihn Handschellen dabeihaben.“
    Nur knapp wich Alex dem Croissant aus, das Brian vom Tisch nahm und in seine Richtung warf, ehe er das Zimmer verließ.
    Wenn man es nur lange genug betrachtete, nahm das Cottage im Kolonialstil beinahe menschliche Züge an. Die zwei großen Fenster auf der Frontseite waren wie Augen, die Tür eine Nase und die breite Veranda ein Mund mit gleichmäßigen weißen Zähnen. Als Trevor und Annabelle noch Kinder gewesen waren, war das eines ihrer Spiele gewesen.
    Trevor klopfte an die Tür, drückte die Klinke hinunter und fand die Tür unverschlossen. Zögernd ging er hinein, wollte nachAnnabelle und Haley rufen. Doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Seine Nerven waren wegen des unerwarteten Zusammentreffens mit seinem Vater noch immer angespannt.
    Im Haus war es deutlich unaufgeräumter als an jenem Abend, an dem er zum Dinner gekommen war. Im Eingangsbereich war überall Spielzeug verstreut, und eine zerschlissene Häkeldecke lag zusammengeknüllt auf dem Sofa. Ein halb leeres Glas Saft und eine Müslischale mit einem See aus Milch standen auf dem Couchtisch. Ohne Frage Haleys Frühstück.
    Dieses Haus war voller Geheimnisse. Jede Ecke offenbarte einen Teil seines Lebens, die Trevor so mühsam aus seinen Gedanken verbannt hatte. Sein Blick wanderte zu einem Schrank im Flur. Denk nicht daran, ermahnte er sich selbst, aber die Bilder drängten unaufhaltsam an die Oberfläche. Er hatte Annabelle und Brian in diesen Schrank gesperrt und sie aufgefordert, ganz still zu bleiben, als die donnernde Stimme von James Rivette das Haus erfüllt hatte. Der Rest der Erinnerung überkam ihn plötzlich mit aller Macht. Das Flehen seiner Mutter aus der Küche, das Geräusch einer Faust, die auf einen Körper traf. Er war losgerannt, hatte seinen dünnen Körper zwischen seine Eltern geschoben und die Arme um sich geschlungen, um sich gegen den Gewaltausbruch seines zornigen Vaters zu schützen.
    Trevor fuhr mit der Hand über seinen Unterarm und spürte die leichte Erhöhung an der Stelle, an der der Knochen wieder

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