Nachtruf (German Edition)
Mindestens in meinem Alter?“
„Keine Ahnung. Ich glaube, er war jünger.“
Trevor rieb sich den Nacken. Was das Mädchen ihm erzählte, passte nicht in das Profil, das das FBI vom Täter erstellt hatte. Es war selbstverständlich möglich, dass es sich bei dem jungen Mann nur um einen Teenager handelte, der nach schnellem Sex suchte. „Hast du mitbekommen, ob Rebecca den Club mit dem Kerl verlassen hat?“
Marcy schüttelte den Kopf. Trevor stellte ihr noch ein paar weitere Fragen und wollte wissen, ob sie einem Phantombild-Zeichner eine Beschreibung liefern könne.
„Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich ihn nicht gut sehen konnte. Er hat mir die meiste Zeit den Rücken zugedreht.“
„Aber du könntest es zumindest versuchen.“ Er gab ihr seine Visitenkarte und eine Nummer, unter der sie am nächsten Morgen einen Termin mit dem Phantombild-Zeichner ausmachen sollte. Als sein Blick auf die kleine Phiole aus Glas fiel, die sie an einer Kette um den Hals trug, berührte sie sie verlegen.
„Das ist kein Blut. Das ist bloß Maissirup mit roter Lebensmittelfarbe.“
„Diese ganze Vampir-Geschichte ist kein Spiel“, sagte er. Zwar nickte Marcy, doch er bezweifelte, dass seine Warnung sonderlich viel Eindruck machte.
Sie verließ den Tisch und ging zurück zu ihren Freunden. Die jungen Leute drängten sich noch immer zusammen, aber Trevor konnte Rain nicht mehr sehen. Plötzlich beschlich ihn eine böse Vorahnung. Er stand auf und suchte den Keller ab. Wo war sie?
An der Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes lehnte ein Mann in schwarzer Lederkluft. Er sah Trevor herausfordernd an. Als er schließlich den Mund zu einem kalten Lächeln verzog, enthüllte er Eckzähne, die zu scharfen Spitzen geschliffen worden waren. Unvermittelt gab der Mann Trevor ein Zeichen, ihm zu folgen.
Während Trevor sich noch durch die Menschenmenge drängte, öffnete der Goth eine Tür hinter der Bar und verschwand. Hatte er Rain etwa dorthin mitgenommen? Trevor blieb stehen, um seine Waffe aus dem Holster an seinem Knöchel zu ziehen. Dann ging er durch dieselbe Tür und landete in einem dunklen Korridor.
Vorsichtig tastete er sich vorwärts, die Waffe mit beiden Händen umschlossen. Ein Stück weiter den Flur hinunter ergoss sich schwaches Licht über den Steinboden. Offenbar gab es einen Raum im Inneren. Doch Trevor kam nur ein paar Meter weiter, als das Licht plötzlich erlosch. Er schlich näher, bis er vor der dunklen Türöffnung stand. Er atmete tief ein und bog rasch in den Raum. Dann spähte er in die fast undurchdringliche Finsternis, während er mit dem Lauf der Waffe einen schwungvollen Bogen vollführte.
Nichts. Es war, als hätte der Mann sich in Luft aufgelöst.
Trevor konnte die Umrisse von Pappkartons ausmachen, die schulterhoch an den Wänden aufgetürmt waren. Er war offenbar in einer Art Lagerraum gelandet. Ein rotierender Ventilator summte in einer Ecke und verwirbelte die modrige warme Luft. Trevor nahm eine Hand von der Waffe und tastete an der Wand entlang nach einem Lichtschalter.
Ein heftiger Schlag traf Trevor zwischen den Schulterblättern und zwang ihn in die Knie. Eine Sekunde später durchfuhr ihn wieder heftiger Schmerz, als die breite Spitze eines Stiefels ihn in die Seite traf. Er fiel der Länge nach zu Boden, und die Waffe wurde ihm aus der Hand geschleudert.
Der Mann war riesig, hatte einen rasierten Schädel und war ganz eindeutig nicht der, den Trevor in den Raum verfolgt hatte – das hieß, dass es hier unten mindestens zwei Typen gab. Sein Stiefel zielte erneut nach Trevors Rippen, aber dieses Mal gelang es Trevor, sich rechtzeitig außer Reichweite zu rollen. Mit seinen Füßen trat Trevor nach den Knöcheln seines Angreifers und wurde mit einem schweren Aufprall belohnt, als der Mann fluchend zu Boden ging. Doch Trevor hatte nur wenig Zeit, die Waffe zu finden, die irgendwo in der Dunkelheit verloren gegangen war. Plötzlich veränderten sich die Schatten im Raum, und ein Messer blitzte auf. Trevor prallte zurück. Ein zweiter Angreifer näherte sich ihm: der Mann, der Trevor vorhin dazu verleitet hatte, ihm zu folgen.
„Steh auf, und halt ihn fest!“, bellte der Mann.
Der erste Angreifer erhob sich und stürzte sich wieder auf Trevor, der inzwischen aufrecht stand und die Attacke bereits erwartete. Auch wenn der Typ massig war und breitschultrig – Trevor war schneller. Er wich dem Hieb aus und schlug seinem Gegner mit der Faust ins Gesicht. Blut
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