Nachtruf (German Edition)
so freiwillig mitgegangen wie die anderen.“
„Hey, Rivette. Sind Sie heute Abend wieder in der Sendung dieser Psycho-Tante?“ Thibodeaux setzte sich auf die Kante von McGraths Schreibtisch und griff sich noch ein paar Pommes.
Trevor nickte. „Wollen Sie mitkommen?“
„Und diesem ganzen gefühlsduseligen Psychogequatsche zuhören? Auf keinen Fall.“ Der Detective wischte sich mit einer Papierserviette die fettigen Finger ab. „Außerdem kommen die Eltern der kleinen Belknap heute Abend am Louis-Armstrong-Flughafen an. Und McGrath und ich sind die Glücklichen, die sie da abholen sollen.“
„Befehl vom Lieutenant“, brummte McGrath. „Der Vaterdes Mädchens ist ein bedeutender Geldgeber der Universität. Wissen Sie, was das heißt?“ Er holte ein Röllchen mit Magentabletten aus seiner Schreibtischschublade und warf sich eine pastellfarbene Pille in den Mund, bevor er seine eigene Frage beantwortete. „Das heißt, dass wir diesen Hurensohn von einem Vampir finden müssen – und zwar schnell.“
Trevor kehrte in den Vernehmungsraum zurück. Er setzte sich der Mitbewohnerin von Rebecca Belknap gegenüber an den Tisch und stellte einen Pappbecher mit Wasser für sie ab.
„Danke“, sagte das Mädchen leise. Melanie Cantella hatte mittelbraune Haare und war eher der Typ Bücherwurm: ein rundes Gesicht, glanzlose braune Augen hinter dicken Brillengläsern und etwas mollig. Ein unförmiger Jeansoverall und ein blaues T-Shirt mit dem Abzeichen der Tulane University darauf unterstrichen diesen Eindruck noch.
„Geht es dir besser?“, fragte Trevor.
„Es tut mir leid, dass … dass ich geweint habe“, stammelte sie. „Es ist nur, ich kann einfach nicht glauben, dass Becca … tot ist.“
„Ich weiß, das ist ein Schock. Aber wir brauchen deine Hilfe, wenn wir denjenigen finden wollen, der ihr das angetan hat. Jede Information, die du hast, könnte nützlich sein.“
„Ich werde mich bemühen.“
„Dann lass uns noch mal von vorn anfangen. Wir wissen bereits, dass Rebecca in der Nacht, in der sie verschwand, einen Club namens Ascension besucht hat. Kannst du mir irgendetwas darüber erzählen?“
Melanie schniefte und putzte sich mit einem Taschentuch die Nase. „Sie ging da noch gar nicht so lange hin. Es waren die Klamotten, die sie total fasziniert haben. Vor ein paar Wochen hat sie sich auch ein Tattoo stechen lassen. Ich habe sie noch gewarnt: Ihre Eltern würden einen Anfall bekommen, wenn sie das sehen würden.“
Trevor rief sich das schwarze Kreuz am Steißbein der Totenin Erinnerung. „Bist du jemals mit ihr zusammen in diesen Club gegangen?“
„Nein.“
„Was ist mit Rebeccas Freunden? Ist dir in letzter Zeit jemand Neues in der Clique aufgefallen?“
„Ich habe das Ihnen und dem Detective doch schon erzählt. Ich kenne gar nicht so viele von ihren Freunden. Ich habe Ihnen auch schon eine Liste von denjenigen gegeben, die ich vom Telefon her kannte. Sie hat ihre Freunde nie mit in unser Apartment gebracht.“
„Warum nicht?“
Ihr Gesicht war mit einem Mal mit roten Flecken überzogen. Sie schob ihre Brille weiter auf die Nase und mied Trevors Blick. „Ich glaube, sie hat sich für mich geschämt. Wir waren nur deshalb Mitbewohnerinnen, weil wir aus derselben Stadt kommen. Mein Dad arbeitet für Beccas Vater. Ihre Eltern dachten, ich hätte einen guten Einfluss auf sie und würde dafür sorgen, dass sie ernsthaft studiert. Ich bin so was wie eine Einser-Studentin. Sie sagten, ein Apartment außerhalb des Campus würde sie nur mit mir zusammen bekommen, bis sie ihre Noten verbessert hätte.“
Trevor hatte das Gefühl, in eine Sackgasse geraten zu sein. McGrath und Thibodeaux waren gegangen, um mit Girards Bewährungshelfer zu reden, und er war hiergeblieben, um das Gespräch mit der Mitbewohnerin zu Ende zu bringen. „Du erinnerst dich nicht daran, sie mal über irgendwelche Jungs reden gehört zu haben? Ihr habt immerhin ein Apartment geteilt, Melanie.“
„Becca hat mir nicht viel erzählt. Sie dachte, ich würde sie für ihre Eltern ausspionieren.“ Nervös riss sie das Taschentuch in kleine Fetzen. „Ich wusste nur, dass sie einen neuen Freund hat, wenn sie für ein oder zwei Tage mal nicht nach Hause gekommen ist. Darum habe ich sie auch nicht als vermisst gemeldet. Ich dachte einfach …“
Sie verstummte. Tränen glitzerten hinter ihren Brillengläsern.Trevor schob den Becher mit Wasser näher zu ihr und ermunterte sie, einen Schluck zu
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