Nachtruf (German Edition)
gefunden hatten, war zurückverfolgt worden. Sie führte zu einem Apartment ein paar Blocks vom Campus der Tulane University entfernt. Das Opfer war damit identifiziert: Rebecca Belknap, achtzehn Jahre alt, Studienanfängerin aus Memphis. In der vergangenen halben Stunde hatte Trevor versucht, ein paar brauchbare Informationen von der Mitbewohnerin des toten Mädchens zu bekommen. Das NOPD hatte sie direkt aus dem Unterrichtsraum des Colleges abgeholt und aufs Polizeirevier gebracht.
Thibodeaux verließ nach Trevor den Vernehmungsraum. Er stieß die Tür weit auf, sodass das Mädchen kurz zu sehen war. Es saß schniefend da, mit rot geweinten Augen und einem Berg zerknüllter Taschentücher vor sich auf dem Tisch.
Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, schüttelte McGrath den Kopf. „Zu meiner Zeit durften Mädchen nicht außerhalb des Campus wohnen. Sie lebten in Studentenwohnheimen mit einer Wohnheimmutter. Und es gab Sperrstunden.“
„Die Zeiten haben sich geändert.“ Thibodeaux stibitzte ein paar fettig glänzende Pommes frites, die in einer Pappschachtel auf McGraths Schreibtisch lagen. Es erinnerte Trevor daran, dass er Brian versprochen hatte, heute mit ihm zu Mittag zu essen. Eine Entscheidung, die er bedauerte, als er seinen Zeitplan überdachte.
Genüsslich kauend wies Thibodeaux mit einer Fritte auf Trevor. „Also, was denken Sie, FBI-Mann? Dieses Mädchen dadrinnen, ist das auch eines von diesen Goth-Kindern?“
„Sie sieht nicht wie eines aus“, entgegnete Trevor.
Bei der Durchsuchung von Rebecca Belknaps Apartment, der die Mitbewohnerin zugestimmt hatte, war wenig zutage getreten. In Rebeccas Schlafzimmer hatten sie einige Klamotten im Gothic-Stil gefunden, doch auch normale Collegekleidung wie Jeans und Sweatshirts, Tops und Shorts. Kaum etwas davon fiel irgendwie aus dem Rahmen. Ein Kriminaltechniker vom FBI hatte Trevor begleitet und Rebeccas Laptop konfisziert, der hoffentlich einen Einblick lieferte, mit wem das Mädchen in Kontakt gestanden hatte. Sie bauten dabei auf gelöschte E-Mails oder einen MySpace- oder Facebook-Account.
Trevor ging zum Wasserspender und füllte einen Pappbecher, als ein Ruf von McGrath ihn hellhörig machte.
„Hey, wir haben einen Treffer bei den Fingerabdrücken, Rivette.“
Trevor und Thibodeaux gingen zu McGrath und blickten über dessen Schulter auf den Computerbildschirm. Ein Mann mit olivfarbener Haut, zotteligem Haar und schwarzen Augen starrte sie von einem erkennungsdienstlichen Foto an. Auch ohne das Gothic-Make-up erkannte Trevor seinen Angreifer mit dem Messer wieder. McGrath wechselte zu einem zweiten Foto auf dem Bildschirm, das den Mann mit den geschliffenen Eckzähnen zeigte.
Thibodeaux stieß einen Pfiff aus. „Das war also kein Scherz mit den Zähnen. Meinen Sie, er hat die selbst so hingefeilt?“
„Mal sehen, wen wir hier haben.“ McGrath richtete seine Brille und las laut vom Bildschirm ab. „Maurice Girard. Alter fünfunddreißig. Zuletzt verurteilt wegen Drogenbesitzes mit Verbreitungsabsicht. Er ist seit Januar draußen – wegen guter Führung wurde er vorzeitig aus dem Angola State Prison entlassen.“
„Jede Wette, dass er jetzt der reinste Waisenknabe ist“, witzelte Thibodeaux. „Ich werde mal die Fahndung nach ihm einleiten.“
Trevor dachte nach. Diese neuen Informationen schlossen die Möglichkeit aus, dass Girard es war, der sich hinter dem Namen Dante verbarg. Denn die meisten Morde wurden verübt, als er im Gefängnis saß. Außerdem passte Girard nicht in das FBI-Täterprofil. Genauso wenig wie der Mann, der mit dem Opfer vor dessen Ermordung im Ascension gesehen wurde. Marcy Cupich, das Mädchen, mit dem er sich im Club unterhalten hatte, sollte sich deswegen später am Nachmittag mit dem Phantombild-Zeichner treffen.
Er überflog die weiteren Informationen auf dem Bildschirm. „Kennen Sie Girards Bewährungshelfer? Marvin LaRoche?“
„Wir nennen ihn immer Marvin, the Roach – Marvin, die Kakerlake“, sagte McGrath. „Tja, werden wir dem alten Marv also mal einen Besuch abstatten und sehen, ob er weiß, wo Girard im Moment rumhängt.“
Er zog ein Blatt Papier aus dem Stapel in seinem Posteingangskorb und reichte es Trevor. „Wir haben jetzt auch den vollständigen Obduktionsbericht von der kleinen Belknap. Der toxikologische Befund weist auf Ecstasy hin, aber auch auf Rohypnol.“
Trevor betrachtete den Bericht. „Die Date-Rape-Droge? Das ist neu.“
„Vielleicht ist sie nicht ganz
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