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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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durch den Flur zurück.
    Um ein Uhr morgens beendete Rain ihr Programm und verabschiedete sich von den Zuhörern. Durch das Glasfenster hindurch sah sie Trevor an. Enttäuschung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er aufstand und sich über den Nacken rieb. Ihre Nerven waren zum Zerreißen angespannt, nachdem sie die letzten drei Stunden in Erwartung eines Telefonanrufs verbracht hatte, der nicht gekommen war.
    David war zusammen mit Trevor im Produktionsraum. Er hatte sie den ganzen Abend über angestarrt und während der ganzen Zeit nur ein paar knappe Worte mit ihr gewechselt. Immer noch saß er da, die Ellbogen auf das Bedienpult gestützt, die Finger nachdenklich aneinandergelegt, und betrachtete sie mit kühlem Blick. Schließlich hob er eine Hand und bedeutete ihr, zu ihnen herüberzukommen. Sie hatte das Gefühl, von ihrem Henker gerufen worden zu sein. Langsam stand Rain auf und ging hinüber in den Produktionsraum.
    „Du warst schlecht heute Abend. Total daneben“, bemerkte David. Er drehte einen Knopf am Mischpult, während er sprach. „Ungefähr so witzig wie ein Stück Pappe.“
    „Das ist Ansichtssache.“
    „Ich bin dein Producer. Meine Meinung ist die, die zählt.“ Die Überheblichkeit in seinem Ton war nicht zu überhören. Ein verletztes Schweigen hing zwischen ihnen. Rain hob ihr Kinn an. Sie wusste, dass sein Ärger mehr mit dem zu tun hatte, was er vor der Sendung mitbekommen hatte, als mit ihrer Arbeit. Sie wartete auf seinen nächsten Schlag, als er einen silbernen Mont-Blanc-Füllfederhalter aus seiner Hemdtasche fischte und anfing, ihn geistesabwesend hin und her zu drehen.
    „Du kamst rüber wie ein Amateur. Sogar Ella hätte heute Abend einen besseren Job gemacht.“
    „Dann lass sie das machen“, antwortete Rain gleichgültig. „Ich bin sicher, sie hätte nur allzu gern eine Auszeit davon, Kaffee zu holen und an der Rezeption die Zeit totzuschlagen.“
    David starrte sie an. „Ella hat keinen ordentlichen Vertrag. Du schon.“
    Ein Vertrag, der demnächst ausläuft. Sie hatte keine Lust, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, also behielt Rain diesen Gedanken für sich. Sie blickte zu Trevor. Bis jetzt war er stumm geblieben, aber sie hatte die fast unmerkliche Veränderung in seiner Körperhaltung bemerkt, als David sie zurechtgewiesen hatte. Ohne ein Wort zu sagen, versuchte Rain, ihm klarzumachen, dass er sich aus der Sache heraushalten solle, doch David schien fest entschlossen, Trevor mit in den Streit hineinzuziehen.
    „Sieht so aus, als ob Ihr Killer uns heute Abend versetzt hätte, Agent Rivette.“ Er drehte sich auf dem ledernen Chefsessel in Trevors Richtung. „Vielleicht hat die Sendung ihn genauso gelangweilt wie den Rest von New Orleans.“
    „Er wird wieder anrufen.“
    „Und wann, glauben Sie, könnte das sein?“
    „Geben Sie ihm Zeit.“
    David lachte auf. „Auf Kosten meiner Einschaltquoten? Hören Sie mal zu: Wenn dieses kleine Observationsprojekt weiterhin meine Moderatorin ablenkt, werde ich es beenden müssen.“
    Trevor verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Tonfall blieb gelassen. „Bis jetzt war Ihre Mitwirkung freiwillig, aberdas können wir ändern.“
    „Was heißt das?“
    „Meine Anwesenheit hier kann durch Ihre Einladung erfolgen oder durch eine richterliche Anordnung. Ich kann Sie auch wegen Behinderung einer Bundesermittlung anzeigen, wenn Sie Probleme machen.“
    Davids Gesicht lief rot an. Er hatte angefangen, mit dem Füllfederhalter auf das Mischpult zu klopfen. Das schnelle Stakkato war ein verräterisches Zeichen seines wachsenden Zorns. Unvermittelt gab es einen Knall, als David den Stift zu Boden warf und sich vom Pult abstieß.
    Er zeigte mit dem Finger auf Trevor. „Fick dich.“
    Wütend stürmte David aus dem Produktionsraum. Ein paar Sekunden später warf er die Tür zu seinem Büro so nachdrücklich ins Schloss, dass die Glasscheiben des Studios vibrierten. Rain ging zur Tür und blickte hinaus in den Flur. Doch alles, was sie sah, war Ella, die mit einem selbstzufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht an der Rezeption saß.
    Rain drehte sich wieder um. Der teure Füllfederhalter lag jetzt unter dem Mischpult, und aus dem zerbrochenen Gehäuse tropfte blaue Tinte auf den hellbraunen Teppich.
    „Das lief richtig gut, finden Sie nicht auch?“ Trevor lächelte leicht, aber sein Blick sprach Bände – ihm war alles andere als zum Scherzen zumute.

18. KAPITEL
    Viele Jahre war er nicht in der Lage gewesen, sich an die

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