Nachtruf (German Edition)
gehört haben.“
Nachdem er den Officer eine Zeit lang angestarrt hatte, atmete Trevor tief aus und lenkte seinen Zorn wieder auf sich selbst. Endlich hatte er Rain dazu gebracht, einer Wache im Haus zuzustimmen. Aber die Wache hatte die erste Schicht erst am Abend. Er hätte viel früher jemanden dorthin bestellen müssen.
„Der Täter muss durch die Hintertür geflohen sein, als er hörte, wie wir vorn über die Veranda hereingekommen sind“, berichtete der Officer. „Wir haben ihn nicht mehr gesehen. Unsere Einheiten suchen immer noch die Gegend ab, doch er ist wahrscheinlich schon längst über alle Berge.“
„Wie schwer ist sie verletzt?“
„Sie ist ein wenig angeschlagen, scheint aber sonst in Ordnung.“ Ein junger Officer mit goldbraunem Haar trat zu ihnen. „Wir waren im Haus, bevor das Schlimmste passieren konnte. Sie war möglicherweise für ein paar Sekunden bewusstlos, deshalbhaben wir sie zur Kontrolle hierhergebracht – nur um sicherzugehen.“
„Wo ist sie?“
Der junge Mann wies zu einem Untersuchungsraum am Ende des Flurs. „Die Detectives sind gerade bei ihr.“
Trevor ging hastig auf den Raum zu. Noch immer erfüllte ihn kalte Angst. Er war sich nur allzu bewusst, was hätte geschehen können, wenn die Officers sich nicht gewaltsam Zugang zum Haus verschafft hätten. Vor der Tür blieb er stehen. Der Vorhang im Untersuchungsraum war nicht ganz zugezogen, und Trevor konnte einen Blick auf Rain erhaschen. Sie saß auf der gepolsterten Untersuchungsliege und ließ die Beine baumeln. Er schluckte schwer, als er die leichten Quetschungen an ihrem schlanken Hals entdeckte. Trevor fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und bemühte sich, seine Gefühle im Zaum zu halten.
Mit schweren Schritten betrat er den Untersuchungsraum. McGrath war damit beschäftigt, Rain mit Fragen zu bombardieren, während Thibodeaux etwas in sein allgegenwärtiges Notizbuch kritzelte. Sie blickte auf. Es schien, als ob die Beherrschung, die sie während der ganzen Zeit aufrechterhalten hatte, mit einem Mal zu bröckeln begann. Rain kletterte von der Liege, ging zu ihm und legte ihr Gesicht an seine Brust. Trevor schloss sie in die Arme.
„Ich hätte es wissen müssen“, flüsterte sie niedergeschlagen. „Die Alarmanlage ist nicht losgegangen, als ich die Tür geöffnet habe. Ich war abgelenkt und habe nicht gemerkt …“
„Ist schon gut“, murmelte er.
Über Rains Kopf hinweg sah er die fragenden Blicke der Detectives. Stille breitete sich in dem Raum aus, und nur Rains gedämpftes Schluchzen war noch zu hören.
Trevor stand mit McGrath und Thibodeaux draußen vor dem Untersuchungsraum, während ein Arzt aus der Notaufnahme bei Rain war. Angestrengt konzentrierte er sich darauf, was die Detectives bislang herausgefunden hatten. Doch das Gefühl, wiesie zitternd in seinen Armen gelegen hatte, hatte ihn aufgewühlt.
„Ich will nur sagen, dass der Überfall nicht ins Muster passt“, beharrte McGrath.
„Du meinst so was wie: das Opfer lebendig zurückzulassen? Ja, das habe ich bemerkt“, erwiderte Thibodeaux mit dem für ihn so typischen sarkastischen Unterton. „Dieser Dante ist jetzt wahrscheinlich höllisch sauer, weil die Cops seine Pläne durchkreuzt haben.“
Trevor rieb sich über die Stirn. „War sie in der Lage, eine Beschreibung zu liefern?“
„Männlicher Weißer, drahtig gebaut, ungefähr ein Meter fünfundsiebzig groß. Er trug eine Skimaske.“ Thibodeaux hob einen Finger. „Und hört euch das an. Blutrote Augen. Kein Witz.“
„Vermutlich farbige Kontaktlinsen, wie man sie zu Halloween trägt.“ Trevor hatte im Ascension ein halbes Dutzend Leute gesehen, die mit diesem schaurigen Accessoire herumgelaufen waren. „Noch irgendwas?“
„Er hatte ein Tattoo auf seinem rechten Unterarm, das aussah wie Stacheldraht“, sagte McGrath. „Sie hat außerdem seinen Hals ziemlich zerkratzt. Wir haben unter ihren Nägeln Hautfetzen sichergestellt.“
Trevor starrte auf die geschlossene Tür des Untersuchungsraumes. Er war unsäglich dankbar, dass Rain gegen ihren Angreifer gekämpft und um Hilfe geschrien hatte. Aber etwas ließ ihm keine Ruhe. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Dante ein solcher Fehler unterlief. Der Mann hatte sechs Frauen verschleppt, ohne eine Spur zu hinterlassen. Oder hatte er dieses Mal einfach nur unglaubliches Pech gehabt?
„Das Opfer gibt an, dass die Alarmanlage eingeschaltet gewesen wäre, als sie früh am Nachmittag das Haus verließ“,
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