Nachts im Zoo (Junge Liebe ) (German Edition)
geschwiegen, dann ertönte eine ihm fremde Stimme:
„Ich rufe wegen der Anzeige an ..."
Josh lachte ein wenig schadenfroh.
„Die ist von vor zwei Wochen ..."
„Na ja, ich dachte, dass ..."
Josh unterbrach seinen Gesprächspartner harsch.
„Tut mir leid. Die Anzeige ist nicht aktuell. Diese Dienstleistung wird nicht mehr angeboten."
Und das entsprach sogar der Realität. Seit dem Vorfall mit Sven hatte Josh kein „Blind Date" mehr gehabt und keine neue Anzeige geschaltet. Und das sollte auch erst einmal so bleiben.
„Schade", erklang es noch, dann legte Josh einfach auf.
Er dachte an den vergangenen Abend. An Lukas.
Der hatte sich den ganzen Tag nicht blicken lassen.
Josh nahm einen letzten Zug seiner Zigarette, dann zückte er sein Handy erneut, um eine Nummer zu wählen. Er hatte keine Hemmungen, Lukas anzurufen. Wenn es was zu klären gab, dann sollte das so schnell wie möglich passieren.
„Lukas? Ja, ich bin's, Josh!", fing er an. „Hab dich heute unter den Besuchern vermisst ... Dein Jahresticket ist ja wohl noch nicht abgelaufen, oder?"
Am anderen Ende der Leitung hörte man Lukas kichern.
„Nein, natürlich nicht. Aber ich war heute wieder bei der Uni, hatte ein paar Vorlesungen. Ich muss eine Menge aufholen nach der langen Krankheitspause."
„Mmh", machte Josh. „Schon klar." Es hörte sich trotzdem unzufrieden an. War er enttäuscht? Ein wenig gekränkt? Was waren das für Gefühle, die er plötzlich spürte? Er sprach offen aus, was er dachte:
„Ich hatte schon die Befürchtung, es liegt an gestern, dass du dich so rar machst."
„Nein!", erwiderte Lukas sofort.
„War also in Ordnung, was gelaufen ist, ja?", vergewisserte sich Josh.
„Natürlich!" Es kam überzeugend aus ihm heraus. „Ich hätte mich auch noch gemeldet, auf jeden Fall."
Josh atmete auf. Das merkwürdige Gefühl in ihm schwand ein wenig. Für einen kurzen Augenblick hatte er tatsächlich gedacht, dass Lukas mit der körperlichen Annährung von ihnen doch nicht so zufrieden war.
„Okay ..."
„Was ist los?", fragte Lukas. „Du klingst so merkwürdig. Ist was passiert?"
„Nein", erwiderte Josh. Trotzdem seufzte er laut. „Ich sitz hier nur am Eisbärengehege und muss an die Sache mit Sven denken. Ich überlege die ganze Zeit, wie und warum das passiert ist ..."
„Also, wie gesagt", antwortete Lukas. „Wenn ich dir helfen kann, sag Bescheid."
Josh überlegte einen Moment.
„Um ehrlich zu sein", sagte er dann, „könnte ich eine objektive Meinung echt gut vertragen."
„Ja, kein Problem!" Lukas klang aufgeregt. „Was kann ich tun?"
„Wir sollten uns treffen", erwiderte Josh. „Heute Abend. Komm bitte um 23.15 Uhr zum Zooeingang ... und bring Bier mit."
Lukas war relativ pünktlich, als er am Zoo ankam, jedoch wirkte er etwas außer Puste. Auf seinem Rücken trug er einen Rucksack, in dem er das Bier transportierte.
Anscheinend war er den ganzen Weg mit seinen Krücken zu Fuß gegangen.
Als Josh das bewusst wurde, fasste er sich an den Kopf.
„Oh, Mann, das hatte ich total vergessen." Er deutete auf die Krücken. „Da hätte ich wohl besser das Bier besorgen sollen, wie?"
Lukas winkte ab. Er wirkte wie immer freundlich und ruhig.
„Kein Problem."
Als Josh das Tor aufgeschlossen hatte, standen sie sich direkt gegenüber. Sie zögerten beide, dann gaben sie sich einen Begrüßungskuss.
„Darf ich fragen, was du vorhast?", erkundigte sich Lukas, als sie ein paar Schritte in den Zoo hineingingen.
Kurz darauf nahmen sie auf einer kleinen, niedrigen Mauer Platz. Josh öffnete jedem ein Bier und erklärte:
„Ich würde gerne noch mal durchspielen, wie es war mit Sven. Vielleicht habe ich etwas übersehen? Vielleicht fällt dir dabei etwas auf?"
Lukas deutete ein Nicken an. „Ich bin dabei."
„Super!"
Josh sah auf das leuchtende Zifferblatt seiner Uhr. Die Zeit war perfekt.
„Genau wie jetzt, zum selben Zeitpunkt, genau hier, habe ich mit Sven gesessen und das erste Bier getrunken", berichtete er. Er deutete um sich. „Es war stockdunkel, nicht so hell wie heute." Er zeigte nach oben in den Himmel, wo ein voller Mond den Sandweg des Zoos ein wenig ausleuchtete.
„Wie haben etwas gequatscht und sind dann weiter nach links."
Er zeigte in die besagte Richtung.
„Sven wollte unbedingt die Fische sehen."
Eine Weile schwiegen sie. Der Gedanke daran, dass Sven mittlerweile nicht mehr unter den Lebenden weilte, drückte die Stimmung. Erst als sie ihr Bier geleert hatten, stand
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