Nachts im Zoo (Junge Liebe ) (German Edition)
Josh wieder auf, kontrollierte die Uhrzeit und griff sich dann den Rucksack.
„Ich hoffe, du kannst noch eine Weile gehen?"
„Klar!"
Sie spazierten weiter, vorbei an der Anlage der Elefanten, entlang des Antilopen- und Giraffenhauses. Die Tiere selbst befanden sich jedoch alle in ihren Ställen.
Schließlich bogen sie rechts ab, gingen vorbei an den Hirschen und dem Raubtierhaus, bis sie den linken Weg einschlugen und direkt auf das Zooaquarium zusteuerten.
Abermals kontrollierte Josh die Zeit. Mit Sven war er ein wenig schneller gewesen, was daran lag, dass Lukas, aufgrund seiner Gehbehinderung, nicht gerade der Zügigste war. Trotzdem lagen sie gut in der Zeit. Der Nachtwächter würde noch längst nicht ihren Weg kreuzen.
Josh schloss auf. Es war wie in der Mordnacht, allerdings rannte Lukas nicht, wie Sven, sofort zu den Aquarien, sondern verweilte erst ein wenig in der Eingangshalle, sah sich die Andenken des Souvenir-Shops an und ging dann langsam vor, zu dem Schaubecken der Kois, die zutraulich an die Oberfläche schwammen und sich sogar streicheln ließen.
„Ich habe mir das Aquarium noch gar nicht so gründlich angesehen", meinte Lukas. „Vom Rollstuhl aus konnte ich nicht alles erkennen." Mit funkelnden Augen sah er sich weiter um, jedoch zuckte er regelrecht zusammen, als er vor sich, über dem Koibecken, eine riesige Glasscheibe erblickte, hinter der ein Krokodil in einem Wasserbecken ruhte und ihn regelrecht anzustarren schien.
„Meine Güte, hab ich mich erschreckt!", schoss es aus ihm heraus. Vorwurfsvoll sah er Josh an. „Du hättest mich vorwarnen müssen!"
Josh lachte.
„Dann wäre aber der Überraschungseffekt nicht so groß gewesen."
Er deutete zur Treppe.
„Lass uns weitergehen. In der ersten Etage kannst du die Echsen von oben betrachten."
Er umfasste Lukas' Schulter, dann erklommen sie die wenigen Stufen, die zu den Fischen führte. Josh empfand etwas Unbehagen. Seit der Mordnacht war er nicht mehr im Aquarium gewesen. Es war ungewohnt, jetzt alles noch einmal Revue passieren zu lassen.
Um die Stimmung etwas zu lockern, begann er wieder zu schildern:
„Sven war ganz begeistert von den Fischen. Eine ganze Weile haben wir uns die Aquarien angesehen, bis die Zeit etwas drängte." Er deutete auf die breite Bank aus Stein, die sich genau gegenüber dem Amazonasbecken befand. „Wir fingen an rumzumachen, genau hier, aber Sven konnte sich nicht wirklich entspannen, bei all den Fischaugen." Er schmunzelte.
Lukas blieb ernst. Er sagte nichts dazu. Es schien sogar, als wolle er gar nicht hören, was Josh und Sven zusammen getrieben hatten.
„Wir sind dann zu den Quallen gegangen ...", erzählte Josh, dabei setzte er sich wieder in Bewegung. Vor dem Quallenbecken blieb er stehen. Lukas war still gefolgt.
„Hier haben wir dann ..." Josh stoppte. Er sah das unzufriedene Gesicht von Lukas. War es wirklich so taktlos, davon zu berichten?
„Na ja ..." Josh fehlten die Worte. Er sah wieder auf seine Uhr. Mit Sven hatte er hier eine ganze Weile verbracht. Aber diese Situation nachzuspielen wäre wohl tatsächlich etwas zu grotesk gewesen.
„Ich zeig dir die Echsen, okay?", schlug Josh vor, und da konnte Lukas schon wieder lächeln.
Sie nahmen den kleinen Fahrstuhl nach oben. Dort gingen sie zuerst an einigen Terrarien vorbei, die Schlangen, Frösche und Leguane enthielten, bis sie in die Krokodilhalle traten.
Sofort umgab sie das nass-feuchte, tropische Klima. Man hörte Grillen zirpen. Die Halle war dunkel, nur ein paar Nachtlichter leuchteten den Weg aus. Josh zog eine kleine Taschenlampe aus seiner Hose. Sie betraten die breite Brücke, von der man genau hinab in die Freilufthalle der Krokodile sehen konnte, wo sich auch das große Wasserbecken befand. Josh leuchtete mit der Taschenlampe den Boden ab, bis er, abgesehen von dem Krokodil im Wasser, eine der großen Echsen gefunden hatte.
„Da ist noch einer, siehst du?"
Lukas trat dicht neben ihn und erspähte nun auch das große, dicke Krokodil, welches still neben dem Wassergraben lag und sich nicht rührte, sich nicht einmal von dem Taschenlampenlicht aus der Ruhe bringen ließ.
Ein paar Minuten beobachteten sie das Tier, dann machte Josh das Licht aus. Es war wirklich dunkel, sie sahen nur die Silhouette des anderen, doch genau diese Atmosphäre brachte eine gewisse Spannung in ihr Vorhaben.
„Komm wir trinken noch ein Bier", beschloss Josh.
Vorsichtig schlichen sie den dunklen Weg entlang, bis sie zwischen den
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