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Nachts kommen die Fuechse

Nachts kommen die Fuechse

Titel: Nachts kommen die Fuechse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cees Nooteboom
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der Täuschung also nicht lange aufrechterhalten, aber sie ist mir bewußt. Warum habe ich es dann trotzdem versucht? Darf ich das nachher erzählen, am Ende?

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    Die ligurische Küste. Wer je Ossi di Seppia von Eugenio Montale gelesen hat, weiß, was das bedeutet. Tintenfischknochen. Hinter der verschandelten Küste noch immer eine klassische Landschaft, schließ die Augen, und ein römisches Heer marschiert vorbei, auf dem Weg nach Gallien. Tintenfische gehören zu den Schalentieren, doch was sie hinterlassen, wenn sie aus dem Leben verschwinden, ist kein Schneckenhaus und keine Muschelschale, sondern ihr Gebein, ein merkwürdiger, leicht kalkiger Gegenstand, weiß und oval, nicht hart, im Gegenteil zerbrechlich, früher sah man so etwas in Kanarienvogelkäfigen. Nicht zum Fressen, denke ich, sondern um den Schnabel der Sänger zu schärfen. Für Montale war es offenbar das Symbol seiner Heimat, und das hat etwas für sich. Ein kalkartiges Überbleibsel des Lebens, felsiger Boden, empfindlicher Sandstein, bewachsen mit Zypressen und Steineichen, Kakteen, Zitronenbäumen. Im Landesinneren hinter der Küste alte Bauernhöfe, solche wie der, vor dem wir an jenem Tag standen, weiß der Himmel in welchem Jahr, Zeit entgleitet mir immer als erstes. Der Mann mit der Mütze war der Verkäufer, er lachte am lautesten, aber es half nichts. Niemand kaufte. Er war der einzige Italiener in unserer Gesellschaft, der Rest Engländer, Heinz und ich die beiden Niederländer.Keiner von uns wohnte in der Stadt an der Küste, unsere Häuser lagen in den alten Dörfern und den umliegenden Hügeln. Jetzt muß ich natürlich das Foto beschreiben, aber zuvor eine Warnung. Wann ist etwas ein Drama? Vielleicht sollte ich doch wieder auf die alte Theaterdefinition zurückkommen: die Zwangsjacke der Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Wer das erwartet, wird sich hier getäuscht sehen. Drama genug, aber keine Zwangsjacke, und folglich keine Kunst. Keine Kulmination, keine Auflösung. Die letzten drei Akteure waren Heinz, eine Taube und der Tod. Ich schaute nur zu, wie immer, und Molly hatte sich in die Kulissen geflüchtet. Aber sie ließen sich Zeit, das Buch war längst weggelegt, der Saal leer. Alles dauerte zu lang. Heinz war allein mit seinem Stück, wie Philip und Andrea, die, wenn man den Verkäufer nicht mitrechnet, an den beiden Enden der Reihe stehen. Nicht versehentlich, nicht durch Zufall. Von links nach rechts jetzt. Der Verkäufer, der mit der Mütze und dem Lachen. Er kann abtreten. Nach ihm kommen die echten Personen. Non dramatis. Die erste ist Andrea. Von unten: weiße Wanderschuhe, eine schmale schwarze Hose, ein langes weißes T-Shirt, eine kurze weiße Jacke aus gekräuselter Wolle, eine Art weißer Persianer, falls es so etwas gibt. Vielleicht ein Imitat, man weiß es nicht. Sie ist eine jener Frauen, bei denen auch Imitate echt wirken. Wie eine Reiterin steht sie da, abervielleicht denke ich das nur, weil ich es weiß. Ich war mal verliebt in sie, wir haben es ausprobiert, nichts draus geworden. The Sun tägliche Nahrung, sonst nur Pferde. Daß ich gerade das anziehend fand, wollte sie nicht glauben. In your secret heart you are an arrogant intellectual, you laugh about me. Davon konnte keine Rede sein, aber beweisen ließ sich das nicht. Schon mal eine Frau im Abendlicht durch die Hügel reiten sehen? Ein Atavismus siegt immer über ein Skandalblatt. Slowenischer Adel, doch davon spricht man nicht, wenn man aus England kommt. Too ridiculous. Vater Antisemit und großer Pferdemensch, Tito entflohen, reich geheiratet. Neben ihr zwei Meter lang nichts, ein paar weiße Getreidesäcke an der Mauer, dann der unbekannte Segler, jemand, der an diesem Tag zufällig da war. Offenes, freundliches Gesicht. Keine Jacke, auf dem Meer ist es meist kälter. Dann Heinz, schwer. Er ist der Grund, warum ich so tun wollte, als würde ich sie nicht kennen. Ich wollte sehen, ob ich seinen Untergang hätte erraten können, aber egal, wie ich schaue, es ist nichts zu sehen, jetzt nicht und in fünfzig Jahren schon gar nicht. Nicht einmal das, was ich damals bereits wußte, zählt. Ein schwerer Mann in schwarzem Rollkragenpullover, offenem Jackett, schlampiger Hose, falschen Schuhen, das Gegenteil seiner Frau Molly neben ihm, damals noch. Sie spricht die gleiche Art von Englisch wie Philip und Andrea, nicht Oxford, eher etwas,was zu Jaguaren, Kricket und Pferden gehört, aber auch zu Zeitungen mit fettgedruckten Schlagzeilen und nacktem

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