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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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zu hören war. Alexandra wartete einen Moment und schlich dann leise zum Fenster. Sie musste, sollte Harris gerade nach oben sehen, vermeiden, dass sich die Gardine bewegte, also hielt sie nur ein Auge an eines der zahllosen Mottenlöcher und sah hindurch. Soweit sie es erkennen konnte, stand Harris keine fünf Meter vom Haus entfernt, schirmte, des prasselnden Regens wegen, mit der Hand seine Augen ab und sah tatsächlich zu ihr hinauf. Plötzlich machte er kehrt und lief davon. Noch weit vor der Grundstücksgrenze verschluckte ihn die Dunkelheit. Fürs Erste schien sie in Sicherheit, auch wenn die Haustür noch immer unverschlossen war und Harris jederzeit zurückkommen konnte. Alexandra ließ sich auf den Fußboden nieder, zog die Knie an und umschlang sie mit den Armen.Schon als Kind hatte ihr diese Körperhaltung Sicherheit suggeriert.
    Ihre Gedanken reihten sich aneinander wie eine Perlenkette, deren Anfang der Zusammenprall im Wald war und die mit Harris’ jetzigem Verhalten endete. Alles passte. Sehr genau erinnerte sie sich an seine Worte auf dem Waldweg, als er unter seinem Auto ihre Lebensmittel aufsammelte. »Eigentlich zu schade«, hatte Harris gesagt. Zu schade, um sie zu töten, etwas anderes konnte er nicht gemeint haben. Harris musste sie schon im Zug ausgesucht haben, während er sich, mit seiner Polizeiuniform getarnt, noch über sein fünftes Opfer beugte. Der Blick aus seinen stahlblauen Augen ging ihr noch heute durch Mark und Bein. Wie ein Kaninchen war sie ihm verfallen, nicht ahnend, dass dem Blick der tödliche Biss folgen würde. Und dann Nina!
    Mit welcher Verachtung er ihr gegenübergetreten war! Auch wenn das Geheimnis um Ninas Handy gelüftet wurde, was verbarg sich hinter der Geschichte mit dem Schal?
    Wenn Alexandra es Punkt für Punkt durchging, blieb eine Erkenntnis. Harris’ Griff an sein rechtes Ohr war absolut identisch mit der Geste der Gestalt auf dem Dachboden.
    Er konnte also ihrer Bitte, bei ihm übernachten zu dürfen, gar nicht nachkommen, weil seine Nächte für das Morden reserviert waren. Und nicht nur das. Er hatte sie sogar als Alibi für die Nacht, in der er Claudia Bormann getötet hatte, benutzt. So, wie das heutige Angebot, mit ihr gemeinsam auf den Dachboden zu gehen, sie nicht beruhigt, sondern letztendlich zum Schafott geführt hätte.

37.
    Der Morgen war eine einzige Katastrophe. Nicht nur, dass Harris während des nächtlichen Marsches drei Mal umgekehrt war, weil er sich Vorwürfe machte und die Strecke dadurch fast doppelt so lang wurde, auch zu Hause war er nicht zur Ruhe gekommen. Alexandras Versteckspiel blieb ihm ein Rätsel. Immer wieder hatte er versucht, sich vor Augen zu führen, an welcher Stelle sie verschwunden war. Ihr letzter Satz sollte ihn in die Küche dirigieren, innerhalb des Hauses die größtmögliche Distanz. Dann war sie verschwunden. Unmöglich, dass sie unbemerkt das Haus verlassen haben konnte, er vermutete sie vielmehr hinter der verschlossenen roten Tür im Obergeschoss. Aber warum? Warum war sie vor ihm davongelaufen? Sie hatte mitten im Satz abgebrochen und anschließend völlig verändert reagiert, doch die Ursache für ihr Verschwinden war ihm absolut unklar. Obgleich er es für ein Hirngespinst hielt, musste er Schneider von Alexandras Geschichte berichten. »Ein Mann mit einer schwarzen Perücke«, hatte sie gesagt. Zu dumm, dass sie bei ihrem Besuch im Revier nicht dazu gekommen war, den Vorfall um ihre Wunde an der Stirn zu erklären, denn zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nichts von einer Perücke. Möglich, dass Alexandras Krankheit doch stärker ausgeprägt war, als sie vorgab. Denkbar auch, dass sie sich alles nur zusammenreimte, um Harris an sich zu binden. Er musste mehr über sie in Erfahrung bringen, wollte er ihr Verhalten verstehen, die Frage war nur, wen er um eine Auskunft bitten konnte.
    Noch in Gedanken betrat Harris sein Büro und bemerkte Schneider erst, als er direkt vor ihm stand. Dieser lagauf seiner Klappliege, eine Tasse Kaffee auf dem Bauch abgestellt.
    »Wie war die Nacht?«, fragte Schneider.
    Harris murmelte Unverständliches und winkte ab. »Hysterische Frauen sind …!«
    »Das Allerletzte!«, vervollständigte Schneider. »Warum sollte es Ihnen besser gehen als anderen! Hier! Das kam gerade rein!«
    Er griff umständlich nach einem Blatt auf dem Schreibtisch, konnte es aber aus der liegenden Position nicht erreichen und zeigte schließlich mit dem Finger darauf.
    »Fünf verschiedene

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