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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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Feuer die Füße zu wärmen.
Der Barvitius fuhr fort zu spielen, zu fluchen, die Gulden von einer Karte auf die andere zu schieben, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, die Karten durcheinander zu werfen und sie wieder aufzulegen, — den Leitnizer beachtete er nicht. Dann, nach einer Viertelstunde etwa, schob er die Karten beiseite, strich das Geld, das gewonnene wie das verlorene, ein und nannte sich einen Stümper, der am Kartentisch immer, wie er es auch anfinge, den anderen einen Narren abgeben müsse. Dann wandte er sich mit einem Ausdruck im Gesicht, als wäre er überrascht, aber nicht unzufrieden, ihn hier zusehen, dem Leitnizer zu.
»Es ist gut, daß du da bist, Georg, ich hab' mit dir zu reden«, sagte er, und der Leitnizer stand auf, schlüpfte in seine Schuhe und trat an den Tisch. »Ich will es dir nicht länger verhehlen, Georg, du sollst es wissen: Die Dinge laufen nicht gut.«
»Das ist wahr«, bestätigte der Leitnizer, und dabei blickte er auf seine Schuhe, ob sie schon trocken seien. »Wir haben in den letzten Wochen, wie man so sagt, mehr Licht verbrannt als Geld verdient.«
»Es ist nicht das«, bedeutete ihm der Barvitius. »Wenn es nur das wäre! Hör zu, Georg, aber sag es den anderen nicht, behalt es bei dir. Einer von meinen guten Freunden dort oben«, er wies mit dem Daumen über seine rechte Schulter, und der Leitnizer verstand, daß mit dem »dort oben« die Prager Burg gemeint war, »einer von denen, die es redlich mit mir meinen, hat mich vor kurzem, bevor wir uns an den Spieltisch setzten, beiseite gezogen, hat vom Philipp Lang zu sprechen begonnen und hin und her geredet, wie gefährlich es sei, den Lang zum Feind zu haben, und daß er seine Hände in allen Sachen hätte, und daß der Stadthauptmann just eben jetzt so überaus geschäftig sei, — und dann, als wir am Spieltisch saßen, hat er davon geredet, wie sehr zu empfehlen und der Gesundheit förderlich das Reisen sei.«
»Das war vielleicht nur so dahergelallt«, meinte der Leitnizer.
»Eine Warnung war es, versteh's nur recht, Georg, — der Philipp Lang hat immer schon ein Aug' auf mich gehabt«, erklärte ihm der Barvitius. »Ein Rat war es von einem, der es redlich mit mir meint. Und seitdem hab' ich keine Ruhe mehr, es ist mir immer, als spüre man mir nach, ich gehe auf der Gasse und höre Schritte hinter mir, und wenn ich mich umseh', ist keiner da.«
»Nun also«, sagte der Leitnizer. »Da habt Ihr es. Es ist keiner da.«
»Und heut im Traum«, fuhr der Barvitius fort, »da hab' ich dich gesehen, der Henker hat dich die eine Gasse hinauf und die andere hinuntergepeitscht. Du hattest die Hände auf den Rücken gebunden, Georg.«
Der Leitnizer wurde plötzlich recht lebhaft.
»Man müßt' darüber in den Traumbüchern nachlesen«, rief er. »War's eine lange Peitsche? Ich mein', — hat sie rechtschaffen geknallt? Eine Peitsche nämlich, die knallt, — das hat was zu bedeuten. Ich glaub', es will einem Geld ins Haus kommen. Man müßte darüber...«
»Hör mich an Georg!« fiel ihm der Barvitius ins Wort. »Laß in Gedanken unsere Leute antreten, sieh dir sie an, einen nach dem anderen, prüfe, überlege und dann sag mir: Ist unter ihnen einer, dem zuzutrauen wäre, daß er doppeltes Spiel getrieben hat?«
»Patron!« sagte in feierlichem Ton der Leitnizer. »Es ist nicht einer unter ihnen, der sich für Euch nicht brennen, schinden und radbrechen ließe.«
»Sprich mir nicht vom Radbrechen!« fuhr ihn der Barvitius an. »Du weißt, ich hör's nicht gerne. Ich hab' genug an meiner Gicht, die mich alle Tage henkersmäßig radbricht.«
Eine Weile saß er schweigend, mit gefurchter Stirn. »Soll ich mir dereinst sagen müssen«, begann er dann, »du hast es nicht besser gewollt, hast guten Rat für nichts geachtet, jetzt hast du deinen Teil? Ich mein', ich werd' auf Reisen gehen. Zuvor aber.. . Und du, Georg?« unterbrach er sich. »Hast du nicht Lust, dir Frankreich und die Niederlande zu besehen oder St. Marci Münster in Venedig?« »Das kenne ich«, erklärte der Leitnizer. »St. Marci Münster in Venedig ist mir bekannt. Ich hab' es in Kupfer gestochen gesehen. Drüben in der Niklasgasse sitzt einer in einer Bude, der hält Kupferstiche feil. Aber sollten wir nicht von unseren Leuten einen mit uns nehmen, den Smutny oder den Reißenkittel, daß wir einen haben, der uns die Stube fegt, die Betten macht und den Ofen heizt im fremden Land?«
»Dienerschaft findet sich überall«,sagte der Barvitius. »Bevor wir aber

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