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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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Kaiser nachgeeilt war, kam gerade zurecht, ihm die Waffe aus der Hand zu winden.
    Wie dann der Kaiser in seinem Schlafgemach in einen ruhigeren Gemütszustand, der aber mehr einer Erschlaffung glich, gekommen war, begann der Philipp Lang auf ihn einzusprechen. Der Augenblick erschien ihm günstig, seinen Plan in die Wege zu leiten. Er wollte den Kaiser zum geheimen Teilhaber an des Meisls vielfältigen und weitausgedehnten Kommerzien machen, aber auch zum Nutznießer und alleinigen Erben dieses Reichtums. Dem Meisl, das wußte der Philipp Lang, war kein langes Leben zugemessen, er hatte oft fieberische Zustände, hustete und spie Rlut in sein Faceletlein. Er sollte durch Rechte und Privilegien und durch einen Majestätsbrief, der ihn und sein Vermögen dem kaiserlichen Schutz unterstellte, belohnt und zufriedengestellt, in Wahrheit aber um alles betrogen werden. Meisls Gut sollt' in des Kaisers Taschen fließen und er, der Philipp Lang, wollt' dabei auch nicht zu kurz kommen. Von Seiten seines kaiserlichen Herrn erwartete er in dieser Sache nur geringe Schwierigkeiten, denn der war des Gelds bedürftig, und wie es gewonnen wurde, das galt ihm gleich. Dennoch mußte er auch bei ihm mit Vorsicht zu Werke gehen.
    »Eure Majestät sollten doch nicht verzagen«, redete er dem Kaiser zu. »Die Dinge stehen so schlimm nicht, es könnte wohl noch Rat geschaffen werden. Schulden freilich sind eine mißliche Sache, und man darf sie um alles in der Welt nicht vermehren, noch vergrößern. Es ist mit ihnen wie mit dem Biß einer Schlange: Anfangs meint man, es wäre nichts. Aber man geht daran zu Grunde.«
    Der Kaiser verharrte in Schweigen. Seine Schulden, so groß sie auch waren, beschwerten ihn nur wenig, mit denen hatte sich die Hofkammer zu befassen. Was ihn so zornig und verzweifelt machte, war, daß ihm seine Räte das Geld nicht bewilligen wollten, dessen er bedurfte, um etliche Gemälde von hohem Wert zu bezahlen, die ihm durch seine Kommissäre in Rom und in Madrid, den Grafen Harrach und den Grafen Khevenhueller, zum Ankauf angeboten worden waren. Es befanden sich unter diesen Gemälden bedeutende Werke des Roos und des Parmeggianino, zweier Meister, die in seiner Kunstkammer noch nicht vertreten waren. Und der Gedanke, daß sie in andere Hände gelangen könnten, bereitete ihm schlaflose Nächte.
    »Eure Majestät haben ihre Hoffnung auf die Alchimie gesetzt«, fuhr indessen der Philipp Lang fort. »Ich habe die Goldmacher, die Adepten und die Eingeweihten, einen nach dem anderen mit großem Gepränge an den Hof kommen und mit Unehre wieder verschwinden gesehen. Den Ezechiel Reisacher, von dem man nicht wußte, ob er ein Mann war oder ein Weib, den Geronimo Scotto, dem ich als einziger ein gutes Angedenken bewahre, weil er mir ein Mittel gegen Ohrensausen und tränende Augen verschrieben hat, den Thaddäus Krenfleisch, der ein Pastetenbäcker war, bevor er Alchimist wurde, den Eduard Kelley...«
    Bei der Erwähnung dieses Namens verzog der Kaiser den Mund und legte die Hand an seinen Hinterkopf.
»Ja, er hatte Haare, die waren so brennendrot wie die Kohlenglut in seinem Schmelzofen«, bestätigte der Philipp Lang. »Und er zog sich Eurer Majestät Ungnade zu, weil er die Nächte mit den Offizieren der Leibwache durchzechte. Nach ihm kam der Graf Bragadino, der kein Graf war, sondern eines Schiffers Knecht aus Famagusta. Und dann der Vitus Renatus, der vorgab, aus Mangel an Übung, weil er nämlich zeitlebens nur mit Gelehrten Umgang gepflogen habe, seine böhmische Muttersprache vergessen zu haben und nur des Lateinischen mächtig zu sein. Es waren ihrer sechs hier in der Burg, und zwei von ihnen sind des Betruges überwiesen und gehenkt worden.«
Der Kaiser machte eine unwillige Bewegung, es sah aus, als wollte er eine Erinnerung verscheuchen. Aber der Philipp Lang deutete sie richtig: Seine Majestät fühlte sich müde und wollte zu Bette gehen.
»Und jetzt sind es zwei Jahre her«, sprach der Philipp Lang nach einem Weilchen weiter, während er dem Kaiser beim Auskleiden behilflich war, »daß Eure Majestät den Jakobus van Delle in Dienst und Brot genommen haben. Er hat sich den Narren zum Freund auserkoren, den Ofenheizer Brouza, und mehr weiß ich nicht von ihm. Aber ich mein', auch er wird die Taube des Trismegistos nicht erjagen, worunter er, wie mir der Brouza sagt, das Pulver oder Elixier versteht, mit dessen Hilfe er dicke Bleiplatten in das allerfeinste Gold verwandeln will.«
Der Kaiser stampfte

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