Nachts, wenn der Feuerteufel kommt
sein. Tarzan bemerkte das. Keidels Augen glänzten, als hätte er
Fieber. Unentwegt kräuselte er die Lippen. Seine Hände zupften an der
schlechtsitzenden Uniformjacke herum.
„Wir sind wegen was anderem
hier“, sagte Erich. „Du warst doch dabei, als ich die Höllenmaschine in dem
alten Schuppen versteckt habe.“
Keidel zwinkerte heftig. „Ja,
war ich dabei? Ja, richtig. Jetzt entsinne ich mich.“
Erich zwang sich ein Lächeln
ab. „Du hast dir einen Spaß gemacht, gib’s zu! Und ich bin darauf reingefallen.
Hab einen mächtigen Schreck gekriegt, als das Ding plötzlich weg war. Hast du’s
etwa in deinem Zimmer versteckt?“
„Was? Wovon redest du?“ Die
roten Flecke auf seinem Gesicht zerflossen zu einheitlicher Verlegenheitsfarbe.
Mißtrauisch starrte Tarzan ihn
an. Selbst Klößchen merkte, daß Keidel sich fühlte, als hätte sein Zahnarzt mit
dem Bohrer einen empfindlichen Nerv getroffen.
„Die Höllenmaschine ist weg“,
sagte Erich. „Nun mach kein Theater! Du hast sie. War ein toller Spaß. Aber
jetzt gib sie zurück.“
„Was soll denn das heißen?
Spinnst du? Wie käme ich dazu, das Ding zu klauen?“
„Weil du dich dafür
interessierst. Und weil du damit umgehen kannst. Außerdem“, Erich korrigierte
die Wahrheit ein wenig, „bist du der einzige, der das Versteck kannte.“
„Ich habe sie nicht! Wirklich
nicht! Das muß weranders gewesen sein. Wie kannst du mich so verdächtigen!
Bestimmt hat’s noch jemand gewußt. Aber darauf mußt du selber kommen. Tut mir
leid, daß ich nicht helfen kann. Aber ich bin jetzt verabredet.“
Er nickte ihnen zu, immer noch
grinsend, hievte sein mageres Hinterteil in den Sattel und trat in die Pedale.
Auf der nächsten Kreuzung wäre er um ein Haar gegen einen vorfahrtberechtigten
Wagen geprallt. Der Fahrer hupte wütend, öffnete das Fenster und schimpfte.
„Scheint ziemlich durcheinander
zu sein, der Kerl“, sagte Tarzan. „Ich an deiner Stelle, Erich, würde ihm nur
so weit über den Weg trauen, wie ich einen Elefanten schleudern kann.“
„Sehr weit ist das nicht“,
sagte Klößchen.
„Du meinst, er lügt?“ fragte
Erich.
„Ich weiß nicht, wie er
aussieht, wenn er die Wahrheit sagt. Aber überzeugend war das eben nicht.“
„Ich hatte auch das Empfinden.“
Erich ließ die Schultern hängen. „Verdammt! Was machen wir jetzt?“
Tarzan sah auf die Uhr.
„Jedenfalls müssen wir das Ding finden, bevor ein Unglück geschieht. Ich
schlage vor: Du fährst ins Internat zurück und redest mit Maier. Ich glaube
zwar nicht, daß er der Dieb ist. Aber wir müssen der Sorgfalt genügen und alles
versuchen. Willi und ich sind mit Gaby und Karl verabredet. Wir holen sie ab
und treffen dich dann in der Schule. Wenn du bis dahin nichts rausgekriegt
hast, überlegen wir, was gegen Keidel zu unternehmen ist. Ich will ihm nicht
Unrecht tun, aber...“
Er beendete den Satz nicht,
schüttelte nur den Kopf, als könnte er sich zu keinem günstigen Urteil über
Keidel durchringen.
„Aber mir fällt ein“, sagte er
noch, „daß wir was Dringendes erledigen müssen. Kann sein, daß wir etwas später
kommen.“
„Macht nichts. Bis dahin habe
ich mit Maier gesprochen. Der war’s zwar bestimmt nicht. Aber vielleicht hat er
was beobachtet. Auf ihn muß ich sowieso warten. Jetzt ist er in der Kirche.“
Maier, der Internatsschüler
war, nahm es recht ernst mit dem Gottesdienst. Aber selbst die Rüpel der Schule
hätten ihn deshalb nicht verspottet, denn andererseits war er in der
Fußballmannschaft der Schule ein ausgezeichneter Tormann; und wer auf seine
Kameradschaftlichkeit baute, der konnte einen Wolkenkratzer planen.
Ihre Wege trennten sich jetzt.
Erich radelte zur Schule zurück. Tarzan und Klößchen fuhren zu Gaby.
Sie wartete bereits vor der
Haustür.
Irgendwie, dachte Tarzan, sieht
sie sonntäglich aus. Aber erst beim zweiten Blick bemerkte er den Grund. Mit
einer blauen Schleife hatte sie ihr goldblondes Haar zu einem lustigen
Pferdeschwanz zusammengebunden, was sehr attraktiv ( anziehend ) war.
Oskars Leine hing ihr um den
Hals. Der tappsige Vierbeiner hatte sich entfernt, um einige Hausecken zu
beschnuppern. Aber jetzt entdeckte er die beiden, schoß mit freudigem Gebell
heran und sprang an Tarzan hoch. Wie üblich dauerte die Begrüßung recht lange.
„Du weißt noch nicht, was seit
gestern nachmittag passiert ist“, sagte Tarzan zu Gaby.
Er erzählte. Pfote machte
Kulleraugen. Oskar wurde von Klößchen gekrault.
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