Nachts wenn der Teufel kam
getrunken.«
»Wie viele?«
»Vier oder fünf.«
»Bier haben Sie auch getrunken?«
»Zwei, drei Glas vielleicht.«
»Waren Sie betrunken?«
»Ich glaube nicht«, entgegnet Fritz Mundt leise. Er wundert sich nicht über die Fragen. Genau genommen begreift er überhaupt noch nicht, was um ihn vorgeht. Er hört nicht, was Beamte dem Inspektor zuraunen. Er begreift nicht, was der Inspektor von ihm will. Er weiß nur etwas: Seine Frau ist mit einer Brutalität ohnegleichen ermordet worden. Weil er zu spät an den Bahnhof kam.
Inspektor Schmiedel steht auf und geht ein paar Schritte hin und her.
»Sie waren also gegen 22 Uhr am Bahnhof?«
» Ja .«
»Mann, wissen Sie, was das heißt? Haben Sie sich überlegt, was diese Aussage bedeutet?«
Fritz Mundt starrt auf den Boden.
»Sie sind durch den Waldweg gegangen?«
»Natürlich.«
»Sie haben also genau zur gleichen Zeit den Tatort in hundert Meter Entfernung passiert, als Ihre Frau ermordet wurde. Wir wissen ganz genau, daß Ihre Frau nach zehn Uhr dem Mörder begegnete. Genau auf dem Weg, den Sie um diese Zeit gegangen sein wollen.«
Fritz Mundt wird noch blasser.
»Und Sie haben nichts gehört, nichts gesehen? Keinen Hilferuf gehört?«
»Gar nichts«, entgegnet Mundt.
»Das gibt es doch gar nicht!« fährt der Inspektor fort.
Er geht aus dem Zimmer.
Fritz Mundt steht jetzt einem anderen Beamten gegenüber. Einem Kriminalbeamten, der kein Wort spricht, der ihn nur immer wieder anstarrt.
Fritz Mundt will etwas sagen. Irgend etwas. Nur nicht dieses Schweigen. Nur nicht diese zähe, dicke, klebrige Luft. Nur nicht diese vorwurfsvollen Augen. Aber er bringt kein Wort heraus.
Dann ist der Inspektor wieder da. Dann prasseln seine Fragen wieder auf den Mann der Ermordeten ein, der noch immer nicht zu sich kommen kann.
»Wie haben Sie mit Ihrer Frau zusammen gelebt?«
»Gut natürlich.«
»Das ist nicht immer so natürlich«, antwortet der Inspektor. »Haben Sie nie mit ihr Streit gehabt?«
»Manchmal schon.«
»Warum?«
»Warum kann sich ein junges Ehepaar streiten? Kleine Differenzen eben. Nichts Besonderes.«
»Nichts Besonderes«, wiederholt der Inspektor. »Soll ich Zeugen aufmarschieren lassen? Soll ich Ihnen aufzählen, was alles vorgefallen ist?«
»Mein Gott, es war doch nichts«, erwidert Mundt.
»Das sagen Sie!«
Wieder steht der Inspektor auf und geht mit schnellen, kurzen Schritten hin und her. Und wieder kommen seine erbarmungslosen Fragen:
»Wie oft haben Sie gestritten?«
»Wann haben Sie gestritten?«
»Warum haben Sie sich mit Ihrer Frau gezankt?«
»Haben Sie Ihre Frau schon einmal betrogen?«
»Wie oft haben Sie Ihre Frau betrogen?«
»Warum haben Sie Ihre Frau verfehlt?«
»Warum haben Sie am Tatort nichts bemerkt?«
Stunden später ist Fritz Mundt ein fahles, schwitzendes, gleichgültiges Wrack, unfähig, sich zu verteidigen, unfähig, ja oder nein zu sagen. Einmal noch bäumt er sich auf.
»Lassen Sie mich in Ruhe! Hören Sie endlich auf! Ich halte es nicht mehr aus! Ich werde verrückt!«
Dann weint er.
Und in dieser Minute eröffnet ihm Inspektor Schmiedel, daß er verhaftet sei. Ein Tag vergeht, zwei Tage, drei Tage. Mundt hat sich längst abgewöhnt, diese entsetzlich langsam dahinschleichenden Stunden zu zählen.
Dann wird seine Frau beerdigt. Er steht am Grab. Als Untersuchungsgefangener. Die Leute mustern ihn mit gehässigen Blicken.
Dann ist die Beerdigung vorbei. Ein Beamter klopft Fritz Mundt auf die Schulter. Er wird zurückgezerrt zu dem grünen, klapprigen Mercedes.
Verwandte seiner Frau, die ihm begegnen, spucken vor ihm aus. Für sie ist er bereits überführt und gerichtet. Für sie ist er ein Mörder, dessen Kopf unter das Fallbeil gehört.
Aber auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft teilen diese Meinung. Und in zwei Tagen wird noch dazu ein Ereignis eintreten, das die ›Schuld‹ des unschuldigen Fritz Mundt anscheinend todsicher beweist.
Noch bevor man die bestialisch ermordete Käthe Mundt auffindet, kommt der Mörder nach Hause. Vor der Tür zieht er die Schuhe aus. Aber die Mutter, die immer in diesen Nächten, in denen sich ihr Sohn irgendwo herumtreibt, nicht schlafen kann, hört ihn.
»Horch!« sagt Frau Emma Lüdke zu ihrem Mann.
»Was ist?« fragt dieser schlaftrunken.
»Bruno ist gekommen.«
»Na, wenn schon.«
Die Frau mit dem gesunden, freundlichen Gesicht steht auf, wirft sich ihren Morgenmantel über und geht in die Schlafkammer ihres Sohnes, rüttelt ihn.
»Wach
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