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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Haus. Eine Stunde lang hat er es vorher beobachtet. Es ist zehn Uhr vormittags, und um diese Zeit ist Frau Horn erfahrungsgemäß allein. Sie wohnt im zweiten Stock.
    Leise pfeifend geht der Mörder die Treppen hoch. In der ersten Etage bleibt er stehen. Er hat Glück. Niemand hört ihn. Niemand sieht ihn. Das Haus wirkt wie ausgestorben.
    Der Mörder weiß genau, was er tun wird. Er weiß, daß er drei-, viermal läuten muß, bis ihm die verschüchterte Frau Horn öffnet. Er weiß, daß sie ein paar Sekunden lang wie gelähmt hinter der Tür stehen wird. Er muß zuschlagen, noch bevor sie um Hilfe rufen kann.
    Jetzt steht er vor der Tür.
    Er verschnauft, lauscht noch einmal. Nichts zu hören im Treppenhaus.
    Dann drückt er auf die Klingel, drei-, viermal.
    Er hört Schritte. In der Tür steht ein Mann.
    Der Mörder stutzt.
    »Sind Sie verrückt geworden, Sie Idiot! Sie können wohl nicht warten! Was wollen Sie überhaupt hier?«
    Der Mörder ist noch immer fassungslos.
    »Zu Frau Horn will ick«, antwortet er.
    »Die gibt's nicht mehr. Die ist schon lange abgeholt worden.«
    »Wieso?«
    »Na, Sie wissen doch, was mit ihr los ist. Evakuiert – mit ihrem Mann zusammen. Die Wohnung hab' jetzt ich.«
    Bruno Lüdke flucht.
    »Schweinerei«, sagt er, »und dabei waren die mir noch Geld schuldig.«
    »Pech gehabt«, entgegnet der Mann in der Tür und schlägt sie zu.
    Diesmal war der vom Staat gesuchte Mörder zu spät daran. Andere, vom Staat bezahlte Mörder, sind ihm zuvorgekommen.
    Ende 1942 setzen die Luftangriffe in großem Stil ein. Tag und Nacht erscheinen über dem Himmel Deutschlands die Pulks feindlicher Bomber, kreisen über den Städten, werfen ihre tödliche Last ab.
    Frauen und Kinder sollen die gefährdeten Großstädte verlassen. Sie werden aufs Land evakuiert – wie Frau Luise Hosang, geborene Tümmler. Sie fand in der Nähe Magdeburgs ein Unterkommen bei Verwandten. Sie ist eine Frau von 39 Jahren, aber sie sieht jünger aus. Sie ist hübsch, dunkelhaarig. Ihr Mann ist an der Front. Sie schreibt ihm täglich. Täglich zweimal wartet sie, voll Furcht und Hoffnung, auf Post von ihm. Die Hosangs führen seit Jahren eine Musterehe, zwischen die sich brutal und barbarisch der Krieg geschoben hat.
    Luise Hosang wohnt jetzt in Genthin. Mit dem Tausch Berlin-Genthin ist sie zufrieden. Täglich geht sie in den Wäldern spazieren. Ganz allein. Sie kann das ewige Geschwätz um Krieg und Politik nicht ausstehen, nicht das Siegesgeschrei und auch nicht das Angstgestammel. Sie hofft ganz einfach, daß die guten Zeiten, die sie an der Seite ihres Mannes erlebte, einmal wiederkommen werden.
    Heute morgen hat sie einen Brief bekommen. Vier Seiten lang. Arthur ist im Westen bei einer Artillerieeinheit. Er schreibt, daß er jetzt mit dem Urlaub an der Reihe wäre. Aber das schreibt er schon seit Monaten.
    Das Lieblingsausflugsziel der 39jährigen Frau ist die ›Gottesstiege‹, ein gepflegter Staatsforst, der jetzt, im Januar 1943, mit dicken Schneekrusten überzogen ist. Der Wald wirkt wie eine Märchenlandschaft. Nur die Feindflugzeuge, die Tag für Tag in Richtung Berlin einschwenken, passen nicht in das friedliche Bild des weißen Winterwaldes.
    An einem Januartag des Jahres 1943 sehen die Leute Frau Hosang zum letzten Mal. Mit dicken Wollstrümpfen und derben Schuhen und gerötetem Gesicht durchwandert sie die Winterlandschaft. Und von diesem Ausflug kehrt sie nicht zurück.
    Die Kriminalpolizei durchkämmt das Leben Luise Hosangs. Aber hier gibt es keine Anhaltspunkte, keine Verdachtmotive. Alles ist klar und sauber in ihrem Leben – es gibt keinen dunklen Punkt. Bis sie achtzehn war, ging sie zur Schule. Mit zwanzig verliebte sie sich, mit einundzwanzig wurde Verlobung gefeiert, und mit zweiundzwanzig heiratete sie. Keine anderen Männer. Nichts Außergewöhnliches. Ein ordentliches, bürgerliches Leben in einer Dreizimmerwohnung.
    Die Polizei fahndet nach der Vermissten, so gut sie kann. Herr Hosang bekommt an der Front eine lakonische Mitteilung. Ohne Anrede, mit der Überschrift: ›Betrifft: Vermisstenmeldung.‹
    Sooft er kann, schreibt er an die Behörde und bittet sie, alles zu unternehmen, um seine Frau ausfindig zu machen.
    Wochen später erst wird man wissen, was mit Frau Hosang geschah. Der Hund eines Försters wird auf einem Reviergang plötzlich unruhig. Wie wild stürmt er um einen Schneehaufen herum und bellt immer wieder, bis der Mann im grünen Rock stutzig wird.
    Von da an wird alles

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