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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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davor, die Türen zu öffnen und sich sehen zu lassen. Dann durchsuchen sie das Haus. Erster Stock. Zweiter Stock. Dritter Stock.
    »Er ist noch auf dem Dachboden«, sagt Schmitz. »Vorsichtig, Leute, der Bursche hat nichts mehr zu verlieren!«
    Vierter Stock. Fünfter Stock. Sechster Stock.
    Dachboden. Die Tür wird aufgerissen.
    »Kommen Sie heraus!« schreit Schmitz. »Hören Sie, wenn Sie nicht herauskommen, sind Sie in zwei Minuten ein Sieb.«
    Nichts rührt sich. Die Szene ist gespenstisch. Hunderte von Passanten stehen, von der Absperrung nur notdürftig zurückgedrängt, auf der Straße, die von den Scheinwerfern taghell beleuchtet ist. An allen Seitenstraßen lauern Polizeiposten. Im Haus aber, in dem der Verbrecher auf sich warten läßt, ist es still.
    Der Kommissar geht als erster durch die Bodentür. Zwei, drei seiner Leute sind hinter ihm, mit Taschenlampen. Rechts in der Ecke ist Wäsche aufgespannt. Schmitz gibt seinen Leuten einen Wink. An der Wand schleichen sie sich entlang, in der linken Hand die Taschenlampe, rechts die Pistole.
    Die Wäsche hängt in einem Meter Höhe über dem Boden, und darunter sieht man Männerbeine.
    »Los, Mann!« sagt Schmitz. »Kommen Sie schnell, oder wir schießen!«
    Nichts rührt sich.
    Der Kommissar zielt auf die Beine, drückt zweimal ab. Es tut einen Plumps. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sinkt ein Mann zu Boden.
    Kalt und gelassen geht Kriminalkommissar Schmitz auf die Dachluke zu.
    »Licht aus«, ruft er, »wir haben ihn.«
    Daß der Berliner Frauenmörder nach jahrelanger Fahndung gefaßt wurde, erfahren in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1943 noch alle Polizeistationen der Reichshauptstadt. Die übermüdeten Beamten atmen auf. Die Vorposten der weiblichen Kriminalpolizei werden aus den Dirnenquartieren zurückgezogen.
    Der Mann, den Kriminalkommissar Schmitz auf dem Dachboden eines Hauses nahe dem Kurfürstendamm mit einem doppelten Beindurchschuß erledigte, kommt ins Krankenhaus. Es wird ihm nichts geschenkt. Stunden später schon sieht er sich, blass und zusammengeschrumpft, in einem Liegestuhl hockend, einem erbarmungslosen Polizeiverhör ausgesetzt.
    Als man ihn verwundet aus dem Haus trug, identifizierten ihn die Überfallene und die Kriminalbeamtin, die ihn fliehen sah, als den Täter. In seinen Taschen fand sich ein Ausweis auf den Namen Fritz Erbenbach, wohnhaft in Berlin, Nürnberger Straße.
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sagt der Mann im Liegestuhl, »ich kann nicht mehr. Lassen Sie sich einmal niederschießen!«
    »Seien Sie froh, daß ich auf Ihre Beine gezielt habe«, entgegnet Schmitz. »Also, Sie heißen Erbenbach?«
    »Jawohl.«
    »Und Sie leben in Berlin?«
    »Seit meiner Geburt, Herr Kommissar.«
    Der Beamte nickt. Der Arzt hat ihm dringend von der Vernehmung abgeraten. Aber er muß das auf seine Kappe nehmen. Er muß die Frauenmorde klären, heute, in dieser Nacht noch.
    »Nun erzählen Sie, was Sie heute alles gemacht haben.«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
    »Fangen Sie an, und reden Sie nicht herum!«
    Man gibt dem Festgenommenen eine Tasse Kaffee und eine Zigarette. Längst wurde seine Identität überprüft. Sie stimmt. Der Mann ist in Berlin gemeldet und ist Werkmeister in einer Rüstungsfabrik. 42 Jahre alt. Nicht vorbestraft. Nichts Nachteiliges bekannt. Aber wenn etwas Nachteiliges über den unbekannten Frauenmörder bekannt gewesen wäre, hätte man ihn längst gefaßt. Dann säßen wir nicht hier, denkt Kriminalkommissar Schmitz.
    »Ich habe ein paar Kollegen getroffen.«
    »Wann?«
    »Heute abend. So gegen acht Uhr.«
    »Wie heißen die Leute?«
    »Fritz Bauer, Ernst Heidenreich – und der andere ist ein gewisser Schnippke. Wie er mit Vornamen heißt, weiß ich nicht.«
    »Und wo sind Sie dann gewesen?«
    »In der Kneipe ›Zum dicken Otto‹. Wir haben ein paar Glas Bier getrunken. Dann war Schluss. Wir gingen nach Hause.«
    »Das habe ich gemerkt«, brummt Schmitz vor sich hin.
    »Meine Kollegen gingen in anderer Richtung. Ich mußte mich also allein auf die Socken machen. Ist ja auch nicht weit.«
    »Und dann?«
    »Dann kam ich in die verfluchte Straße. Dann sprach mich das Weibsstück an. Klar, ich hätte natürlich weitergehen sollen. Aber man ist doch ein Mensch, Herr Kommissar, oder nicht?«
    »Weiter«, drängt Schmitz.
    »Ich bin dann mit ihr hinaufgegangen. Sie können sich schon denken, warum. Auf einmal habe ich festgestellt, daß mir diese Mistbiene das ganze Geld geklaut hat, und da habe ich

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