Nachts
meinem Dad draufhauen«, sagte Kevin. »Ich will nicht einmal mehr eine Kamera. Weder eine Po
laroid noch sonst eine.«
»Wo ist sie jetzt?«
»In meiner Schreibtischschublade. Und dort wird sie auch blei
ben.«
»Komm am Freitag hier vorbei«, sagte Pop. »Bring die Kamera«
Kapitel Drei
Als Kevin am Montag nach der Schule mit den Fotos zum Emporium Galorium kam, hatten die Blätter sich schon leicht verfärbt. Er war seit fast zwei Wochen fünfzehn, und der Reiz des Neuen war verflogen.
Aber der Reiz der Säulentafel, des Übernatürlichen, nicht, doch das zählte er keineswegs zu seinem Segen. Er hatte sich an den Fotoplan gehalten, den Pop ihm gegeben hatte, und als er damit fertig war, hatte er deutlich jedenfalls deutlich genug gesehen, warum Pop darauf bestanden hatte, daß er sie in Intervallen machte: die ersten zehn stündlich, dann die Kamera ausruhen lassen, die nächsten zehn zweistündlich, die dritten zehn mit drei Stunden Abstand. Die letzten hatte er heute im Lauf des Tages in der Schule gemacht. Und er hatte noch etwas gesehen, das sie anfangs gar nicht gesehen haben konnten; es wurde erst auf den letzten drei Bildern völlig deutlich. Diese hatten ihm solche Angst gemacht, daß er schon, ehe er die Bilder zum Emporium Galorium brachte, beschlossen hatte, er wollte die Sun 660 loswerden. Nicht umtauschen, das wollte er auf gar keinen Fall; denn das hätte bedeutet, er würde die Kontrolle über die Kamera verlieren. Das konnte er nicht zulassen.
Meins, hatte er gedacht, und dieser Gedanke ging ihm immer wieder durch den Sinn, aber es war kein wahrer Gedanke. Wenn doch wenn die Sun nur Bilder von diesem schwarzen Straßenkö
ter auf dem weißen Lattenzaun gemacht hätte, wenn er, Kevin, auf den Auslöser drückte , wäre das seine Angelegenheit gewesen.
Aber das war nicht der Fall. Was für ein böser Zauber der Sun auch innewohnen mochte, Kevin war nicht der einzige Auslöser. Sein Vater hatte dasselbe (nun, fast dasselbe) Bild gemacht, und Pop Merrill ebenso, und Meg auch, als Kevin sie ein paar Bilder von Pops sorgfältig aufgestelltem Zeitplan hatte machen lassen.
»Hast du sie numeriert, wie ich gesagt habe?« fragte Pop, als Kevin sie ihm überreichte.
»Ja, eins bis achtundfünfzig«, sagte Kevin. Er strich mit dem Daumen über den Stapel Fotos und zeigte Pop die winzigen eingekreisten Ziffern in der linken unteren Ecke von jedem. »Aber ich weiß nicht, ob das wichtig ist. Ich habe beschlossen, die Kamera loszuwerden.«
»Loszuwerden? Das ist nicht dein Ernst.«
»Nein, eigentlich nicht. Ich habe vor, das Ding mit einem Vor
schlaghammer zu zertrümmern.«
Pop sah ihn mit seinen listigen kleinen Äuglein an. »Tatsäch
lich?«
»Ja«, sagte Kevin und hielt dem verschlagenen Blick stand.
»Letzte Woche hätte ich darüber gelacht, aber jetzt lache ich nicht mehr. Ich glaube, das Ding ist gefährlich.«
»Nun, ich glaube, damit hast du recht, und ich glaube, du könn
test eine Stange Dynamit an das Ding binden und es in tausend Stücke sprengen, wenn du wolltest. Ich will damit sagen, sie gehört ja dir. Aber warum wartest du nicht noch eine Weile? Ich will etwas mit diesen Bildern machen. Das dürfte dich vielleicht interessie
ren.«
»Was?«
»Das möchte ich lieber nicht sagen«, antwortete Pop, »falls es nicht klappt. Aber gegen Ende der Woche könnte ich was haben, das dir bei deiner Entscheidung hilft, so oder so.«
»Ich habe mich entschieden«, sagte Kevin und pochte auf etwas, das auf den beiden letzten Fotografien zu sehen war.
»Was ist das?« fragte Pop, »ich habe es mit der Lupe angesehen und spüre, ich sollte wissen, was es ist wie bei einem Namen, der einem nicht einfällt, einem aber auf der Zunge liegt, will ich damit sagen , aber ich komme nicht drauf.«
»Ich denke, ich könnte noch bis Freitag oder so warten«, sagte Kevin, der beschloß, die Frage des alten Mannes nicht zu beantwor
ten. »Aber viel länger will ich wirklich nicht warten.«
»Angst?«
»Ja«, sagte Kevin einfach. »Ich habe Angst.«
»Hast du es deinen Eltern gesagt?«
»Nein, nicht alles.«
»Nun, vielleicht möchtest du das. Auf jeden Fall deinem Dad, will ich damit sagen. Du hast Zeit, darüber nachzudenken, wäh
rend ich erledige, was ich erledigen muß.«
»Was Sie auch immer vorhaben, ich we rde spätestens am Freitag mit dem Vorschlaghammer von meinem Dad draufhauen«, sagte Kevin. »Ich will nicht einmal mehr eine Kamera. Weder eine Po
laroid noch sonst
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