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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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führte ihn zu einer mit Teppich belegten Treppe und drückte auf einen Lichtschalter. Die Treppe war schmal, die Glühbirne an der Decke trüb, und Sam spürte auf der Stelle, wie das Grauen wieder über ihn kam. Es kam begierig, wie Fans, die sich um jemanden drängen, der Freikarten für eine längst ausverkaufte Vorstellung verteilt. Der Bibliothekspolizist konnte da unten sein und im Halbdunkel lauern. Der Bibliothekspolizist mit seiner leichenblassen Haut, den blutunterlaufenen silbernen Augen und dem kaum merklichen, aber dennoch unheimlich vertrauten Lispeln.
    Aufhören, sagte er zu sich. Und wenn du nicht aufhören kannst, dann beherrsch dich um Gottes willen wenigstens. Du mußt. Denn dies ist deine einzige Chance. Was wirst du anfangen, wenn du nicht einmal mehr eine Treppe zu einem einfachen Kellerbüro runtergehen kannst? Dich in deinem Haus verkriechen und auf Mitternacht warten?
    »Das ist die Leichenhalle«, sagte Doreen McGill und deutete mit dem Finger. Die Dame ließ sich keine Chance zu deuten entgehen.
    »Sie müssen nur «
    »Leichenhalle?« sagte Sam und drehte sich zu ihr um. Das Herz schlug ihm garstig gegen die Rippen. »Leichenhalle?«
    Doreen McGill lachte. »Alle nennen es so. Furchtbar, was? Aber so heißt es eben. Wahrscheinlich eine alberne Zeitungstradition.
    Keine Bange, Mr. Peebles es sind keine Leichen da unten, nur haufenweise Mikrofilmrollen.«
    Da wäre ich nicht so sicher, dachte Sam und folgte ihr die Treppe hinunter. Er war sehr froh, daß sie vorausging.
    Unten angekommen drückte sie auf mehrere Schalter. Ein paar Neonröhren gingen an. Sie erhellten einen großen Raum mit demselben dunkelblauen Teppichboden wie auf der Treppe. An den Wänden standen Regale mit kleinen Kästchen. An der linken Wand befanden sich vier MikrofilmLesegeräte, die wie futuristische Trockenhauben aussahen. Sie waren so blau wie der Teppichboden.
    »Ich wollte sagen, daß Sie sich ins Buch eintragen müssen«, sagte Doreen. Sie deutete wieder, diesmal auf ein großes Buch an einer Kette auf einem Tischchen neben der Tür. »Sie müssen auch das Datum eintragen, die Uhrzeit, als Sie hereingekommen sind, das wäre« sie sah auf die Armbanduhr »zwanzig nach zehn, und die Zeit, wenn Sie wieder gehen.«
    Sam bückte sich und trug seinen Namen in das Buch ein. Der Name über seinem war Arthur Meecham. Mr. Meecham war am 27. Dezember 1989 hier gewesen. Vor mehr als drei Monaten. Dies war ein hell erleuchteter, ordentlicher, gut sortierter Raum, in dem offenbar wenig los war.

    »Schön hier unten, nicht?« fragte Doreen vertraulich. »Das liegt daran, daß die Regierung Zeitungsleichenhallen subventioniert
    oder Archive, wenn Ihnen das mehr zusagt. Mir auf jeden Fall.«
    Ein Schatten tanzte in einem der Gänge, worauf Sams Herz wieder zu klopfen anfing. Aber es war nur Doreen McGills Schatten; sie hatte sich gebückt und nachgesehen, ob er die richtige Zeit eingetragen hatte und
    und ER hat keinen Schatten geworfen. Der Bibliothekspolizist. Außer
    dem
    Er versuchte, den Rest zu verdrängen, aber es gelang ihm nicht.
    Außerdem kann ich so nicht leben. Ich kann nicht mit dieser Angst leben.
    Wenn es zu lange so bleibt, stecke ich den Kopf in den Gasherd. Auf jeden Fall.
    Es ist nicht nur die Angst vor ihm dem Mann oder was immer er ist. Es ist auch die geistige Verfassung eines Menschen, wenn er spürt, daß alles, woran er je geglaubt hat, mühelos den Bach runtergeht.
    Doreen deutete auf die rechte Wand, wo auf einem einzelnen Regal drei gewaltige Folianten standen. »Das sind Januar, Februar und März 1990«, sagte sie. »Jeden Juli schickt die Zeitung die ersten sechs Monate des Jahres nach Grand Island, Nebraska, wo sie auf Mikrofilm gebannt werden. Dasselbe Ende Dezember.« Sie streckte die feiste Hand aus und deutete mit einem rotlackierten Fingernagel auf die Regale, angefangen von rechts bis zu den Mikrofilmlesegeräten links. Dabei schien sie ihren Fingernagel zu bewundern. »Die Mikrofilme sind in diese Richtung chronologisch geordnet«, sagte sie. Sie sprach das Wort sorgfältig aus, so daß es gelinde exotisch klang: chronologisch, »Moderne Zeiten rechts, alte Zeiten links.«
    Sie lächelte, um zu zeigen, daß dies ein Scherz war, und vielleicht, wie toll sie das alles fand. Chronologisch gesprochen, sagte dieses Lächeln, war dies alles hier die echte Sause.
    »Danke«, sagte Sam.
    »Nichts zu danken. Deshalb sind wir ja hier. Jedenfalls ist das ein Grund.« Sie legte einen Fingernagel an

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