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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Mundwinkel und bedachte ihn wieder mit ihrem IchsehdichLächeln. »Wissen Sie, wie man ein Mikrofilmlesegerät bedient, Mr. Peebles?«
    »Ja, danke.«
    »Gut. Wenn ich Ihnen weiterhelfen kann, ich bin oben. Scheuen Sie sich nicht zu fragen.«
    »Werden Sie « begann er, klappte dann aber den Mund zu und schluckte den Rest: mich allein hier unten lassen?
    Sie zog die Brauen hoch.
    »Nichts weiter«, sagte er und sah ihr nach, wie sie wieder nach oben ging. Er mußte dem übermächtigen Impuls widerstehen, ihr die Treppe hinauf nachzuhasten. Denn blauer Plüschteppich hin oder her, dies war ebenfalls eine Bibliothek von Junction City.
    Und diese hier hieß Leichenhalle.

    2

    Sam schritt langsam zu den Regalen mit ihrer Last rechteckiger Mikrofilmkästchen und war nicht sicher, wo er anfangen sollte. Er war froh, daß die Neonlichter so hell waren und die meisten beunruhigenden Schatten aus den Ecken vertrieben.
    Er hatte nicht gewagt, Doreen McGill zu fragen, ob beim Namen Ardelia Lortz etwas klingelte oder ob sie ungefähr wußte, wann die Stadtbibliothek zuletzt renoviert worden war. Du hasssst Fragen gesssstellt, Sam Peeblesss, hatte der Bibliothekspolizist gesagt. Missss dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichtssss angehen. Hassst du dasss verssstanden?
    Ja, er hatte es verstanden. Und er ging davon aus, daß er den Zorn des Bibliothekspolizisten auf sich zog, wenn er trotzdem spionierte aber er stellte keine Fragen, jedenfalls nicht im wörtlichen Sinne, und schließlich handelte es sich hier um etwas, das ihn betraf. Es betraf ihn sogar sehr.
    Ich werde dich beobachten. Und ich bin nicht allein.
    Sam sah nervös über die Schulter. Sah nichts. Und dennoch war es ihm unmöglich, eine Entscheidung zu treffen und zu handeln. Er war so weit gegangen, wußte aber nicht, ob er noch weiter gehen konnte. Er fühlte sich mehr als eingeschüchtert, mehr als verängstigt. Er fühlte sich am Boden zerstört.
    »Du mußt«, sagte er rauh und strich sich mit einer zitternden Hand über die Lippen. »Du mußt einfach.«
    Er bewegte den linken Fuß vorwärts. So stand er einen Augenblick, mit gespreizten Beinen, wie ein Mann beim Überqueren eines schmalen Rinnsals. Dann ließ er den r echten Fuß den linken einholen. Auf diese zögerliche, widerstrebende Weise begab er sich zum Regal neben den gebundenen Folianten. Auf einer Karte am Ende des Regals stand:
    19871989

    Das war mit Sicherheit zu neu die Bibliothek mußte vor dem Frühjahr 1984 renoviert worden sein, als er nach Junction City ge
    zogen war. Wäre es seither passiert, hätte er die Arbeiter gesehen, Leute darüber reden hören oder in der Gazette darüber gelesen.
    Aber abgesehen von der Vermutung, daß die Renovierung in den letzten fünfzehn oder zwanzig Jahren stattgefunden haben mußte (älter hatte die Schwebedecke nicht ausgesehen), hatte er keinen Anhaltspunkt. Wenn er nur klarer denken könnte! Aber das konnte er nicht. Das Erlebnis von heute morgen störte seine normale, ra
    tionale Denkfähigkeit, wie erhöhte Sonnenfleckenaktivität Rund
    funk und Fernsehübertragungen stören konnte. Wirkliches und Unwirkliches waren wie zwei gewaltige Steinquader aufeinander geprallt, und Sam Peebles, ein zappelndes, kreischendes Quent
    chen Mensch, hatte das Pech gehabt, zwischen sie zu geraten.
    Er schritt zwei Gänge nach links, weil er befürchtete, wenn er zu lange an einer Stelle stehenblieb, könte er völlig erstarren, und lief den Gang mit der Aufschrift
    1981 1983
    entlang.
    Er wählte fast wahllos ein Kästchen aus und trug es zu einem der Mikrofilmlesegeräte. Er schaltete es ein und versuchte, sich auf die Mikrofilmspule zu konzentrieren (die Spule war ebenfalls blau, und Sam fragte sich, ob es einen Grund gab, daß alles in diesem sauberen, hell erleuchteten Raum farblich aufeinander abgestimmt war) und sonst gar nichts. Zuerst mußte man sie auf eine der Spin
    deln montieren, gut; danach mußte man sie einfädeln, gemacht; dann mußte man die Halterung in der Führungsspule sichern, okay. Die Maschine w ar so einfach zu bedienen, ein Achtjähriger hätte diese Handgriffe ausführen können, aber Sam brauchte fast fünf Minuten dazu; er mußte sich noch um seine zitternden Hände und den ängstlichen, zerstreuten Verstand kümmern. Als er den Mikrofilm schließlich eingelegt und zum ersten Bild gedreht hatte, mußte er feststellen, er hatte die Spule verkehrt herum eingelegt.
    Das Gedruckte stand auf dem Kopf.
    Er drehte den Mikrofilm

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