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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Weise näherstehen, als Blutsverwandte dies je könnten. In gewisser Weise sind wir Blutsverwandte weil etwas in uns ist, das uns so macht, wie wir sind. Etwas in unserem Blut. Sie, Sam Sie haben kein Recht.«
    »Vielleicht doch«, sagte Sam. »Vielleicht bin ich jetzt einer von euch. Ihr habt Fusel. Dieser Erdenmensch hier hat den Bibliothekspolizisten.«
    Jetzt sah sie ihn an, und ihre Augen waren groß und argwöhnisch. »Sam, ich verstehe nicht «
    »Ich auch nicht. Ich weiß nur, daß ich Hilfe brauche. Ich brauche mit aller Verzweiflung Hilfe. Ich habe zwei Bücher in einer Bibliothek ausgeliehen, die nicht mehr existiert, und jetzt existieren die Bücher auch nicht mehr. Ich habe sie verloren. Und wissen Sie, wo sie gelandet sind?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Sam deutete nach links, wo zwei Männer aus dem Lieferwagen ausgestiegen waren und die Kartons mit Altmaterial ausluden.
    »Dort. Dort sind sie gelandet. Sie sind eingestampft worden. Ich habe bis Mitternacht Zeit, Sarah, und dann wird der Bibliothekspolizist mich einstampfen. Und ich glaube nicht, daß er auch nur einen Fetzen von mir übrigläßt.«

    6

    Sam saß eine scheinbar lange, lange Zeitspanne im Datsun von Naomi Sarah Higgins. Zweimal streckte er die Hand zum Türgriff aus und ließ sie wieder sinken. Sie hatte nachgegeben ein wenig.

    Wenn Dave mit ihm reden wollte, und wenn Dave noch in der Verfassung zu reden war, würde sie es zulassen. Andernfalls keine Chance.
    Schließlich ging die Tür von Angle Street auf. Naomi und Dave Duncan kamen heraus. Sie hatte einen Arm um seine Taille gelegt, er ging schlurfend, und Sams Hoffnung schwand. Doch als sie in die Sonne traten, konnte er sehen, daß Dave nicht betrunken war jedenfalls nicht unbedingt. Ihn anzusehen war auf unheimliche Weise, als würde Sam wieder in Naomis Taschenspiegel blikken. Dave Duncan sah wie ein Mann aus, der den schlimmsten Schock seines Lebens verwinden wollte was ihm nicht besonders gut gelang.
    Sam stieg aus dem Auto aus und blieb unentschlossen neben der Tür stehen.
    »Kommen Sie auf die Veranda«, sagte Naomi. Ihre Stimme klang resigniert und ängstlich zugleich. »Ich weiß nicht, ob wir es die Stufen hinunter schaffen.«
    Sam kam zu ihnen hoch. Dave Duncan war um die sechzig Jahre alt. Am Samstag hatte er wie siebzig oder fünfundsiebzig ausgesehen. Das lag am Alkohol, vermutete Sam. Doch jetzt, während sich lowa langsam um die Achse der Mittagszeit drehte, sah er älter als die Zeit aus. Und das, wußte Sam, war seine Schuld. Es war der Schrecken von Ereignissen, die Dave längst begraben geglaubt hatte.
    Ich habe es nicht gewußt, dachte Sam, aber so wahr das sein mochte, es bot längst keinen Trost mehr. Abgesehen von geplatzten Äderchen auf Wangen und Nase, war Daves Gesicht so vergilbt wie altes Papier. Seine Augen waren wäßrig und fassungslos. Die Lippen hatten eine bläuliche Färbung, kleine Speicheltröpfchen pulsierten in den tiefen Furchen der Mundwinkel.
    »Ich wollte nicht, daß er mit Ihnen spricht«, sagte Naomi. »Ich wollte ihn zu Dr. Melden bringen, aber er weigert sich zu gehen, bevor er mit Ihnen gesprochen hat.«
    »Mr. Peebles«, sagte Dave schwach. »Es tut mir leid, Mr. Peebles, es ist alles meine Schuld, nicht? Ich «
    »Sie trifft keine Schuld«, sagte Sam. »Kommen Sie hierher und setzen Sie sich.«
    Er und Naomi führten Dave zu einem Schaukelstuhl in der Ecke der Veranda, und Dave ließ sich darauf sinken. Sam und Naomi zogen Stühle mit durchhängenden Korbsitzflächen in Positionen rechts und links von ihm. Sie saßen eine Zeitlang schweigend da und betrachteten über die Eisenbahnschienen hinweg das angrenzende flache Land.
    »Sie ist hinter Ihnen her, richtig?« fragte Dave. »Dieses Miststück von der anderen Seite der Hölle.«
    »Sie hat jemand hinter mir hergeschickt«, sagte Sam. »Jemand aus einem Plakat, das Sie gemalt haben. Er ist ein ich weiß, es hört sich verrückt an, aber er ist ein Bibliothekspolizist. Er hat mich heute morgen besucht. Er hat « Sam griff sich ins Haar. »Er hat das gemacht. Und das.« Er deutete auf den kleinen roten Punkt an seinem Hals. »Und er sagt, er ist nicht allein.«
    Dave schwieg lange Zeit, sah in die Weite, sah zum flachen Horizont, der lediglich von hohen Silos und im Norden von der apokalyptischen Form des Getreidefahrstuhls der Proverbia Feed Company unterbrochen wurde. »Der Mann, den Sie gesehen haben, ist nicht real. Keiner ist real. Nur sie. Die Teufelshure!«
    »Kannst du

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