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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und wenn uns die anderen Narren finden, werden sie uns alle für tot halten. Aber du und ich, wir sind nicht tot, Davey; wir sind frei. Wir werden ihnen einen Streich spielen, richtig?<
    Dann fing sie an zu lachen. Sie saß nackt auf ihrem Bett, während ich zu ihren Füßen kauerte und mich so beschissen wie eine Ratte voll Rattengift fühlte, und hörte nicht mehr auf zu lachen. Wenig später verwandelte sich ihr Gesicht wieder in dieses Insektengesicht, das RüsselDing ragte daraus hervor, fast wie ein Wikingerhorn, und ihre Augen rutschten zur Seite. Ich wußte, alles in meinen Eingeweiden würde per Expreßgut hochkommen, aber ich war schneller und schaffte es bis raus und kotzte in ihre Hecken. Hinter mir konnte ich sie lachen hören lachen lachen.
    Ich zog mir vor dem Haus die Kleider an, als sie durchs Fenster zu mir sprach. Ich sah sie nicht, hörte sie aber trotzdem. >Laß mich nicht im Stich, Davey<, sagte sie. >Laß mich nicht im Stich, sonst bring ich dich um. Und du wirst nicht schnell sterben.<
    >Ich lasse dich nicht im Stich, Ardelia<, sagte ich, drehte mich aber nicht um, damit ich sie nicht aus dem Schlafzimmerfenster lehnen sah. Ich wußte, ich konnte es nicht ertragen, sie auch nur noch ein einziges Mal zu betrachten. Ich hatte die Grenze meiner Belastbarkeit erreicht. Und dennoch ein Teil von mir wollte mit ihr gehen, auch wenn es bedeutete, vorher wahnsinnig zu werden, und ich dachte größtenteils, daß ich mit ihr gehen würde. Wenn es nicht ihr Plan war, mich in eine Falle zu locken, damit ich für alles geradestehen mußte. Das hätte ich ihr zugetraut. Ich hätte ihr alles zugetraut.
    Ich brach durch den Mais in Richtung Junction City auf. Normalerweise machten mich diese Fußmärsche ein wenig nüchtern, und ich schwitzte den schlimmsten Kater aus. Aber an diesem Tag nicht. Ich blieb zweimal stehen und kotzte, und beim zweitenmal dachte ich, ich würde nie mehr aufhören. Schließlich schaffte ich es doch, aber ich sah überall Blut auf dem Mais, in den ich mich gekniet hatte, und als ich wieder in der Stadt war, hatte ich schlimmere Kopfschmerzen denn je und sah doppelt. Ich dachte, ich würde sterben, und konnte doch nicht aufhören, immer wieder darüber zu grübeln, was sie mir gesagt hatte: Du kannst mit ihr machen, was du willst, du mußt nur darauf achten, daß du ihr als letztes die Kehle durchschneidest.
    Ich wollte Tansy Power nichts tun und dachte, daß ich es trotzdem machen würde. Ich konnte mich dem nicht widersetzen, was Ardelia wollte und danach würde ich ewiger Verdammnis anheimfallen. Und das Schlimmste, glaube ich, war mir, daß Ardelia recht haben und ich ewig weiterleben könnte ewig weiterleben mit dieser Schuld auf meiner Seele.
    Damals hatte der Bahnhof noch zwei Güterhallen und eine Laderampe an der Nordseite der zweiten, die kaum benützt wurde.
    Unter die kroch ich und schlief ein paar Stunden. Als ich aufwachte, ging es mir etwas besser. Ich wußte, ich konnte weder sie noch mich aufhalten, daher machte ich mich in Richtung John Powers Haus auf, um das kleine Mädchen zu finden und fortzuschaffen.
    Ich ging mitten durch die Stadt, sah niemanden an, und die ganze Zeit dachte ich immer nur: >Ich kann es schnell machen wenigstens das kann ich für sie tun. Ich werde ihr kurzerhand das Genick brechen, und sie wird überhaupt nichts spüren.<«
    Dave holte wieder das Taschentuch heraus und strich sich mit einer stark zitternden Hand über die Stirn.
    »Ich kam bis zum FiveandDime. Das gibt es nicht mehr, aber damals war es das letzte Geschäft in der O’Kane Street, ehe man wieder ins Wohnviertel kam. Ich hatte keine vier Blocks mehr zu gehen und dachte mir, wenn ich bei Powers Haus war, würde ich Tansy im Garten spielen sehen allein, und bis zum Wald war es nicht weit
    Aber ich sah ins Schaufenster des Five andDime und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Da lag ein Haufen toter Kinder, glasige Augen, ineinander verschlungene Arme, gebrochene Beine.
    Ich stieß einen Schrei aus und legte die Hand auf den Mund. Ich kniff die Augen fest zu. Als ich wieder hinsah, merkte ich, daß es alte Puppen waren, mit denen die alte Mrs. Seger das Schaufenster dekorieren wollte. Sie sah mich und wollte mich mit einer Handbewegung fortscheuchen: Hau ab, du alter Trunkenbold. Aber ich ging nicht. Ich mußte unablässig diese Puppen ansehen. Ich sagte mir, daß es nur Puppen waren, das konnte jeder sehen. Aber wenn ich die Augen zukniff und dann weit aufriß, waren es wieder

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