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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Bruder«, sagte der Prinz des PigglyWiggly und sah auf.
    »Davon kam nichts im Wetterbericht. Regnerisch, haben sie gesagt.« Er sah wieder auf die Registrierkasse. »Fünfzehn einundvierzig.«
    Sam gab ihm mit einem knappen, bitteren Lächeln einen Zwanziger. »Als ich noch ein Kind war, war dieses Zeug aber auch einiges billiger.«
    »Stimmt, die Inflation reißt einem den Arsch auf«, stimmte der Verkäufer zu. Er kehrte langsam in die weiche Zone im Ozongürtel zurück, wo er gewesen war, ehe Sam hereinkam. »Du scheinst das Zeug ja echt zu mögen, Bruder. Ich für meinen Teil halt mich lieber an MarsRiegeln schadlos.«
    »Mögen?« Sam lachte, während er das Wechselgeld einsteckte.
    »Ich kann es nicht ausstehen. Das ist für jemand anderen.« Er lachte wieder. »Ein Geschenk, könnte man sagen.«
    Da sah der Verkäufer etwas in Sams Augen und wich einen gro
    ßen Schritt vor ihm zurück, wobei er ums Haar eine Auslage Skoal Bandits umgestoßen hätte.
    Sam betrachtete das Gesicht des Verkäufers neugierig und beschloß, keine Tüte zu verlangen. Er nahm die Päckchen, stopfte sie wahllos in die Taschen des Sportmantels, den er vor tausend Jahren angezogen hatte, und verließ das Geschäft. Bei jedem Schritt knisterte Zellophan emsig in seinen Taschen.

    5

    Naomi hatte hinter dem Steuer Platz genommen; sie fuhr den restlichen Weg bis zur Bibliothek. Während sie vom Parkplatz des PigglyWiggly fuhr, holte Sam die zwei Bücher aus der Tüte und betrachtete sie einen Moment leutselig. Der ganze Ärger, dachte er. Der ganze Ärger wegen eines altmodischen Buchs mit Gedichten und einer HelpyourselfAnleitung für angehende Redner. Aber darum ging es selbstverständlich nicht. Es war nie um die Bücher gegangen.
    Er streifte das Gummiband vom Armgelenk und legte es um die Bücher. Dann holte er einen Fünfdollarschein aus seinem schwindenden Bargeldvorrat und schob ihn unter das Gummi.
    »Wozu das?«
    »Die Strafgebühr. Was ich für die beiden und für dein Buch von früher schuldig bin Der schwarze Pfeil von Robert Louis Stevenson.
    Dies ist das Ende.«

    Er legte die Bücher in die Mulde zwischen den beiden Schalensitzen und holte ein Päckchen roter Lakritze aus einer Tasche. Er riß es auf und bemerkte augenblicklich den alten Zuckergeruch, der ihn mit der Wucht eines heftigen Schlages traf. Er schien durch die Nase schnurstracks in den Kopf zu gehen, und vom Kopf stürzte er in den Magen, welcher sich sofort zu einer glitschigen, harten Faust ballte. Einen gräßlichen Augenblick dachte Sam, er würde sich auf den eigenen Schoß übergeben. Offenbar änderte sich manches nie.
    Nichtsdestotrotz riß er weiter Päckchen roter Lakritze auf und machte ein Bündel schlaffer, gummiartiger Schlangen. Naomi bremste, als die Ampel an der nächsten Kreuzung rot wurde, und hielt an, obwohl Sam nirgends ein Auto sehen konnte. Regen und Wind peitschten gegen das kleine Auto. Sie waren nur noch vier Blocks von der Bibliothek entfernt. »Sam, um Himmels willen, was machst du da?«
    Und weil er eigentlich gar nicht wußte, was um Himmels willen er eigentlich machte, sagte er: »Wenn Angst Ardelias Labsal ist, Naomi, müssen wir das andere finden, das Gegenteil von Angst.
    Denn was immer das sein mag, es wird Gift für sie sein. Also
    was meinst du, könnte das sein?«
    »Nun, sieht ganz nach roter Lakritze aus.«
    Er machte eine ungeduldige Geste. »Wie kannst du da so sicher sein? Kreuze töten angeblich Vampire die blutsaugende Art , aber ein Kreuz besteht nur aus zwei rechtwinklig miteinander verbundenen Stücken Holz oder Metall. Vielleicht würde ein Kopfsalat denselben Zweck erfüllen wenn er aufgeladen wäre.«
    Die Ampel wurde grün. »Wenn es ein mit Energie aufgeladener Kopfsalat wäre«, sagte Naomi nachdenklich und fuhr an.
    »Richtig!« Sam hielt ein halbes Dutzend langer roter Schlangen hoch. »Ich weiß nur, daß ich dies hier habe. Vielleicht ist es lächerlich. Wahrscheinlich. Aber das ist mir einerlei. Es ist bei Gott ein Symbol für alles, was mir mein Bibliothekspolizist weggenommen hat Liebe, Freundschaft, Zugehörigkeitsgefühl. Ich habe mich mein ganzes Leben lang als Außenseiter gefühlt, Naomi, ohne je den Grund zu kennen. Jetzt kenne ich ihn. Auch das gehört zu dem, was er mir weggenommen hat. Ich habe dieses Zeug geliebt. Und heute kann ich kaum den Geruch ertragen. Das macht nichts; damit werde ich fetig. Aber ich muß wissen, wie ich es aufladen kann.«
    Sam rollte die Lakritzstangen zwischen den

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