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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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damit sie ihm in die blutunterlaufenen Augen sehen konnte.
    »Ja. Aber es war auch die Wahrheit. Die ganze Wahrheit.«
    »War es der Bibliothekspolizist, Sam? Dein Bibliothekspolizist?«
    »Ja«, flüsterte er und drückte das Gesicht in ihr Haar.

    »Und weißt du jetzt, wer er ist? Weißt du endlich, wer er ist, Sam?«
    Nach einem langen Augenblick flüsterte Sam: »Jetzt weiß ich es.«
    Stan Soames warf einen Blick in Sams Gesicht, als er und Naomi aus dem Flugzeug ausstiegen, und war auf der Stelle zerknirscht.
    »Tut mir leid, daß es so schlimm war. Ich habe wirklich gedacht, wir würden es vor dem Regen schaffen. Es ist nur so, mit Gegenwind «
    »Wird schon wieder«, sagte Sam. Er sah tatsächlich schon wieder etwas besser aus.
    »Ja«, sagte Naomi. »Er kommt wieder auf Vordermann. Danke, Stan. Vielen Dank. Und Dave dankt Ihnen auch.«
    »Nun, wenn Sie haben, was Sie brauchen «
    »Haben wir«, versicherte Sam ihm. »Wirklich und wahrhaftig.«
    »Gehen wir um das Ende der Rollbahn herum. Diese Lehmstelle würde Sie bis zur Taille einsaugen, wenn Sie heute versuchen würden, die Abkürzung zu nehmen. Kommen Sie mit ins Haus. Wir trinken Kaffee. Ich glaube, ich habe auch noch Apfelkuchen.«
    Sam sah auf die Uhr. Es war Viertel nach sieben.
    »Wir müssen leider ablehnen, Stan«, sagte er. »Naomi und ich müssen diese Bücher sofort in die Stadt bringen.«
    »Sie sollen wenigstens reinkommen und sich abtrocknen. Bis Sie bei Ihrem Auto sind, sind Sie tropfnaß.«
    Naomi schüttelte den Kopf. »Es ist sehr wichtig.«
    »Ja«, sagte Stan. »Wie Sie aussehen, scheint es so zu sein. Vergessen Sie nur nicht, daß Sie versprochen haben, mir die Geschichte zu erzählen.«
    »Das werden wir bestimmt nicht«, sagte Sam. Er sah Naomi an und las in ihren Augen die Spiegelung seines eigenen Gedankens: Wenn wir noch leben und sie erzählen können.

    2

    Sam fuhr und kämpfte gegen den Impuls, das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten. Er machte sich Sorgen um Dave. Aber von der Straße abzukommen und Naomis Auto in den Graben zu setzen, war keine besonders wirksame Methode, Besorgnis zu zeigen, und der Regen, in dem sie gelandet waren, war mittlerweile ein Wolkenbuch, dessen Wassermassen von starken Windböen verweht wurden. Die Scheibenwischer wurden selbst auf höchster Stufe nicht ferig und die Scheinwerfer versickerten förmlich nach etwa sechs, sieben Metern. Sam wagte nicht, schnellerals fünfundzwanzig Meilen zu fahren. Er sah auf die Uhr, dann zu Naomi, die die Büchertüte auf dem Schoß hatte.
    »Ich hoffe, wir schaffen es bis acht«, sagte er, »aber sicher bin ich nicht.«
    »Versuch es einfach, Sam.«
    Scheinwerfer, so verschwommen wie die Lichter einer Taucherglocke unter Wasser, kamen ihnen entgegen. Sam bremste auf zehn Meilen ab und zwängte sich nach rechts, während ein fünfachsiger Truck vorbeirumpelte ein vager Schemen in der verregneten Dunkelheit.
    »Kannst du darüber reden? Den Traum, meine ich.«
    »Ich könnte, aber ich werde nicht«, sagte er. »Jetzt nicht. Der Zeitpunkt ist nicht richtig.«
    Naomi dachte darüber nach, dann nickte sie. »Gut.«
    »Soviel kann ich dir sagen Dave hatte recht, als er sagte, daß Kinder die besten Opfer sind, und er hatte recht damit, als er sagte, daß sie sich in Wahrheit von Angst ernährt.«
    Sie hatten den Stadtrand erreicht. Einen Block weiter passierten sie die erste Kreuzung mit Ampel. Durch die Scheibe des Datsun gesehen, war die Ampel lediglich eine hellgrüne Schliere, die über ihnen in der Luft tanzte. Eine ebensolche Schliere tanzte auf der anderen Seite der glatten, nassen Haut des Asphalts.
    »Ich muß auf dem Weg zur Bibliothek noch eine Besorgung machen«, sagte Sam. »Das PigglyWiggly liegt doch auf dem Weg, oder nicht?«
    »Ja, aber wenn wir Dave um acht hinter der Bibliothek treffen wollen, haben wir echt nicht viel Zeit. Ob es uns paßt oder nicht, dies ist Wetter zum Langsamfahren.«
    »Ich weiß aber es dauert nicht lange.«
    »Was brauchst du?«
    »Ich bin nicht sicher«, sagte er, »aber wenn ich es sehe, weiß ich es.«
    Sie sah ihn an, und er war zum zweitenmal erstaunt über die füchsische, zierliche Eigenheit ihrer Schönheit und konnte nicht begreifen, warum diese ihm bis heute nie aufgefallen war.
    Nun, immerhin bist du mit ihr ausgegangen, oder? ETWAS mußt du demnach schon gesehen haben.
    Aber so war das nicht. Er war mit ihr ausgegangen, weil sie hübsch, vorzeigbar, ungebunden und etwa in seinem Alter war. Er hatte sich mit

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