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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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erblickte eine ganz normale Badezimmerwaage.
    »Hören Sie, ich habe ein bißchen zugenommen, aber -«
    »Ja, das geht dreiundsiebzig Prozent unserer Klienten so. Stellen Sie sich bitte auf die Waage.«
    Morrison gehorchte. Die Waage zeigte einhundertvierundsiebzig Pfund an.
    »Das war’s. Schön. Sie können wieder herunterkommen. Wie groß sind Sie, Mr. Morrison?«
    »Ein Meter achtzig.«
    »Moment, lassen Sie mich mal nachschauen.« Aus seiner Brusttasche zog er eine kleine, in Plastik eingeschweißte Karte.
    »Nun, das ist gar nicht so schlecht. Ich schreibe Ihnen ein Rezept für ein paar vom Gesetz her streng verbotene Abmagerungspillen aus. Gehen Sie sparsam damit um und beachten Sie die Gebrauchsvorschrift. Ihr erlaubtes Höchstgewicht werde ich festsetzen bei … mal sehen …« Er studierte noch einmal die Karte, »Einhundertzweiundachtzig Pfund. Wie klingt das? Heute haben wir den ersten Dezember, und am ersten jedes Monats erwarte ich Sie hier zur Gewichtskontrolle. Sollten Sie mal verhindert sein, macht das nichts, Sie müssen uns nur rechtzeitig vorher anrufen und Bescheid sagen.«
    »Und was passiert, wenn ich mehr wiege als einhundertzweiundachtzig Pfund?«
    Donatti lächelte. »Dann schicken wir jemand zu Ihnen nach Hause, der Ihrer Frau einen kleinen Finger abschneidet. Sie können durch diese Tür hinausgehen, Mr. Morrison. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.«
    Acht Monate später:
    In Dempseys Bar trifft Morrison wieder den alten Freund vom Studio Larkin. Morrison hat jetzt sein Wettkampfgewicht erreicht, wie Cindy stolz behauptet: einhundertsiebenundsech-zig Pfund. Er treibt dreimal die Woche Sport und sieht topfit aus. Verglichen mit ihm sieht sein Freund aus wie ein ausgewrungener Lappen.
    Freund: Gott, wie hast du es bloß geschafft, das Rauchen aufzugeben? Ich komme von dieser verdammten Gewohnheit einfach nicht los. Mit ungeheucheltem Abscheu drückt der Freund seine Zigarette aus und leert sein Whiskyglas mit einem Zug.
    Morrison sieht ihn nachdenklich an und holt dann eine kleine weiße Geschäftskarte aus seiner Brieftasche. Er legt sie auf den Tresen. Weißt du was, sagt er, diese Leute haben mein Leben von Grund auf geändert.
    Zwölf Monate später:
    Morrison bekommt mit der Post eine Rechnung zugestellt. Er liest:
     
    NONFUMO GES.
    237East46. Straße
    New York, N.Y. 10017
    1 Behandlung $ 2.500,00”
    Beratung (Victor Donatti) $2.500,00
    Stromverbrauch $ 0,50
    GESAMTSUMME (Bitte überweisen Sie diesen Betrag) $ 5.000,50

    Diese Schweine! schimpft er. Sie berechnen mir sogar den Strom, mit dem sie dich …
    Bezahl doch, rät Cindy und gibt ihm einen Kuß.
    Zwanzig Monate später:
    Durch Zufall treffen Morrison und seine Frau die McCanns im Helen-Hayes-Theater. Man stellt sich der Reihe nach vor.
    Jimmy sieht immer noch so gut aus, eher noch besser als damals vor fast zwei Jahren in der Flughafenbar. Seine Frau sieht Morrison zum ersten Mal. Ihre Schönheit kommt von innen heraus, wie es bei unscheinbaren Mädchen manchmal der Fall ist, wenn sie sehr glücklich sind.
    Morrison gibt ihr die Hand. Etwas an ihrem Griff kommt ihm merkwürdig vor, und es dauert ein paar Sekunden, bis ihm klar wird, woran es liegt. An der rechten Hand fehlt der kleine Finger. 

Ich weiß, was du brauchst
    »Ich weiß, was du brauchst.«
    Erschrocken blickte Elizabeth von ihrem Soziologiebuch hoch und sah einen schwer zu beschreibenden jungen Mann in einer grünen Drillichjacke. Einen Moment lang kam er ihr bekannt vor, so, als hätte sie ihn schon einmal irgendwo gesehen; das Gefühl ähnelte einem Dejà-vu. Doch gleich darauf war es wieder vorbei. Er war ungefähr so groß wie sie, mager und … zappelig. Ja, das war der richtige Ausdruck. Er rührte sich nicht, doch innerlich schien er zu zappeln. Man sah es nicht, man spürte es nur. Er hatte schwarzes, ungepflegtes Haar, trug eine dicke Hornbrille, die seine Augen vergrößerte, und die Gläser sahen schmutzig aus.
    Nein, sie war sich ganz sicher, daß sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte.
    »So«, gab sie zurück, »das möchte ich bezweifeln.«
    »Du brauchst jetzt ein Erdbeereis mit Sahne, stimmt’s?«
    Verblüfft blinzelte sie ihn an. Irgendwo in einem Hinterstübchen ihres Gehirns hatte sie tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, eine Pause zu machen und ein Eis essen zu gehen. Sie saß in einem der Leseräume auf der dritten Etage des Studentenhauses und lernte für eine Klausur. Sie hatte noch jede Menge Lehrstoff zu

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